Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
Blick war so schmerzerfüllt, als hätte Veritas sie zurückgestoßen.
»Er ermahnte mich ausdrücklich, jeden Gebrauch der Gabe zu unterlassen. Ich... war bei Molly und Burrich gewesen.« Ich gab es nur ungern zu. Was ich dort gesehen hatte, ging nur mich an. »Veritas kam und brachte mich woandershin und warnte mich, unsere Feinde könnten sie durch meinen Leichtsinn finden und sie töten. Ich glaube, das ist auch der Grund, weshalb er mich seine Umgebung nicht sehen ließ. Weil er fürchtete, andere könnten unbemerkt davon mitbekommen.«
»Fürchtet er, dass man auch nach ihm sucht?«, fragte Kettricken verwundert.
»So scheint es. Obwohl ich nichts von ihrer Anwesenheit gespürt habe, ist er offenbar überzeugt, dass sie alles daransetzen, ihn aufzuspüren, entweder durch die Kraft der Gabe oder durch Verfolger.«
»Weshalb sollte Edel sich diese Mühe machen, wenn alle Welt Veritas für tot hält?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Vielleicht um ein für allemal sicherzustellen, dass Veritas niemals wiederkehrt, um ihn als Vatermörder und Thronräuber brandzumarken und ihn samt seiner Anhänger des Hochverrats anzuklagen. Ich ahne, dass mein König vieles vor mir verbirgt. Er warnte mich, die Macht des Zirkels sei vielfältig und groß.«
»Und mein Gemahl ist ihnen nicht gewachsen?«, fragte Kettricken mit der Ungläubigkeit eines Kindes.
»Ihm steht eine ungeheure Macht zur Verfügung, Majestät. Doch er muss seinen ganzen Willen aufbieten, um sie auch zu beherrschen.«
»Einbildung! Die Macht beherrschen zu wollen ist schiere Einbildung«, murmelte Krähe düster vor sich hin. »Eine Falle, um den Unvorsichtigen zu täuschen.«
»König Veritas ist nicht unvorsichtig!«, wies Kettricken sie zurecht.
»Nein, selbstverständlich nicht«, griff ich beschwichtigend ein. »Und ich wollte Euch mit meinen Worten nur begreiflich machen, dass das, was er tut, weit über mein Verständnis hinausgeht. Mir bleibt nur übrig, ihm blind zu vertrauen und seinem Befehl Folge zu leisten.«
»Also, ihn zu suchen.« Kettricken seufzte auf. »Ich wünschte, wir könnten sofort und augenblicklich aufbrechen. Aber in diesen Sturm würde sich nur einer hinauswagen, der seines Lebens überdrüssig ist.«
»Solange wir hier sind, schwebt Fitz in großer Gefahr«, verkündete Krähe. Aller Augen richteten sich auf sie.
»Was bringt dich zu dieser Vermutung?«, fragte Kettricken.
Die alte Frau zögerte. »Jeder kann das sehen. Sobald man sich von ihm abwendet oder nicht mehr mit ihm spricht, schweifen seine Gedanken ab, und seine Augen werden leer. Nachts kann er nicht schlafen, ohne dass die Gabe über ihn kommt. Ganz offensichtlich ist es der schädliche Einfluss der Straße.«
»Für mich ist es nicht so offensichtlich, dass die Straße schuld sein soll. Vielleicht hat er immer noch leichtes Fieber von seiner Verwundung her, oder...«
»Nein.« Ich wagte es, meiner Königin ins Wort zu fallen. »Es ist die Straße. Ich habe kein Fieber, und ich fühle mich erst so merkwürdig, seit wir darauf unterwegs sind.«
»Woran liegt das?«
»Ich verstehe es selbst nicht. Ich kann nur annehmen, dass man sich auf irgendeine Weise der Gabe bedient hat, um diese Straße anzulegen. Sie ist so schnurgerade und gleichmäßig eben wie keine andere Straße, die ich je gesehen habe. Obwohl sie augenscheinlich kaum benutzt wird, haben sich darauf keine Pflanzen oder Baumsprösslinge ausgebreitet. Man sieht keine Wildfährten. Und erinnert ihr euch an den einzelnen Baum, an dem wir gestern vorbeigekommen sind? Am Stumpf und an den oberen Zweigen war noch keine Spur von Moder zu entdecken, aber der Teil des Stammes, der quer über der Straße lag, hatte sich fast völlig aufgelöst. Irgendeine Macht bewahrt die Straße vor Verunreinigung und Verfall. Und ich glaube, was immer das auch für eine Macht ist, sie ist mit der Gabe verwandt.«
Kettricken überlegte einen Augenblick. »Was sollen wir also tun?«
Ich zuckte die Schultern. »Nichts. Vorläufig jedenfalls. Das Zelt steht gut hier. Es bei diesem Wetter ab- und wieder aufzubauen, wäre dumm. Ich muss eben auf der Hut sein und darf mich nicht einlullen lassen. Und morgen oder wann immer der Wind nachlässt, werde ich nicht auf, sondern neben der Straße gehen.«
»Das wird nicht viel helfen«, brummte Krähe.
»Vielleicht nicht. Aber da diese Straße unser Führer zu Veritas ist, sollten wir ihr folgen. Veritas hat es überlebt, und er war allein.« Die Bruchstücke seiner
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