Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
war wie ein Mann, aber doppelt so schnell. Die meisten Hiebe fuhren nur hinter ihm in die Erde. Wie ein Blitz war er vorbei und verschwand wieder in dem dichten Wald. Männer schauten sich aufgebracht nach allen Seiten um und fragten sich, aus welcher Richtung er das nächste Mal auftauchen würde.
Doch selbst im hitzigsten Waffengang war ich mir der Hoffnungslosigkeit dessen bewusst, was wir taten. Edel war der Sieger. Auch wenn ich jeden Mann hier tötete, Will eingeschlossen, Edel war der Sieger. Genaugenommen hatte er bereits gesiegt. Und hatte ich das nicht schon immer gewusst? Hatte ich nicht von Anfang an gewusst, dass Edel dazu bestimmt war zu herrschen?
Ich tat einen plötzlichen Schritt nach vorn, trennte einem Mann den Arm am Ellbogen ab und nutzte den Schwung, um die Spitze quer über das Gesicht eines anderen zu führen. Der Sturz dieser beiden behinderte die anderen, was mir eine kleine Bresche in der Umzingelung eröffnete. Ich trat in die Lücke, sammelte meine Gabe und griff nach Wills heimtückischem Fühler in meinem Bewusstsein. Plötzlich zuckte ein Schwert über meine linke Schulter. Ich wirbelte herum, kreuzte die Klinge des Angreifers und befahl meinem Körper hier weiterzukämpfen, während meine Sinne dem Fühler zu seinem Ursprung folgten. Als ich mich in Wills Bewusstsein eingenistet hatte, fand ich Edel, der in ihn eingewunden war wie ein Bohrwurm im Herzen eines Rehs. Will hätte sich nicht von ihm befreien können, selbst wenn er fähig dazu gewesen wäre, es zu wollen. Mir kam es vor, als wäre nicht mehr genug von Will übrig, um überhaupt noch einen eigenen Gedanken zu fassen. Will war ein Körper, ein Gefäß aus Fleisch und Blut, das eine bestimmte Menge an Gabe enthielt, Gabe für Edel, um sich ihrer zu bedienen. Ohne den Zirkel, der ihn unterstützt hatte, war Will keine so bemerkenswerte Waffe mehr. Er war jetzt weniger wertvoll - und nur noch ein Werkzeug, das man benutzen und danach erbarmungslos wegwerfen konnte.
Ich konnte allerdings nicht in beide Richtungen zugleich kämpfen - Wills Einflüsterungen abwehren und daneben über meinen Körper gebieten. Kurz nacheinander handelte ich mir zwei Wunden ein, an der linken Wade und am rechten Unterarm. Ich konnte ihnen nicht mehr lange standhalten. Nachtauge war nirgends zu sehen. Er wenigstens hatte die Chance, mit dem Leben davonzukommen. Rette dich, Nachtauge. Es ist vorbei .
Es fängt erst an!, widersprach er mir sogleich. Er fuhr durch mich hindurch wie ein Hitzestrahl. Aus irgendeinem anderen Teil des Lagers vernahm ich einen von Wills Stimme ausgestoßenen Schrei. Irgendwo dort zerfetzte gerade ein Wolf mit der Alten Macht Wills Körper. Ich konnte spüren, wie Edel versuchte, sich von Wills Bewusstsein zu lösen. Ich packte sie beide um so fester. Bleib hier und stell dich mir, Edel!
Da streifte eine Schwertspitze meine Hüfte. Ich zuckte zurück und stolperte gegen Stein, auf dem ich einen blutigen Handabdruck hinterließ, als ich mich abstützte. Es war die Skulptur von Realders Drache, so weit war der Kampf bereits gewandert. Ich nahm ihn dankbar als Rückendeckung und schaute meinen Angreifern entgegen.
Nachtauge und Will rangen noch miteinander. Offenbar hatte Edel aus den Folterungen solcher mit der Alten Macht einiges gelernt. Er war dem Wolf nicht mehr so hilflos ausgeliefert wie früher. Zwar konnte er ihn nicht mit der Gabe schlagen, doch er hüllte ihn in erstickende Schwaden aus Todesfurcht. Plötzlich dröhnte mir Nachtauges Herzschlag in den Ohren. Ich öffnete mich noch einmal der Gabe, erneuerte meine Kräfte und tat, was ich nie zuvor getan hatte: Ich stärkte Nachtauge mit der Gabe. Für dich, mein Bruder . Nachtauge stemmte sich Kraft der Gabe gegen Will und löste sich für einen kurzen Augenblick von ihm. Dabei nutzte Will die Gelegenheit zur Flucht. Zu gerne hätte ich ihn gleich verfolgt, doch hinter mir spürte ich plötzlich eine Regung der Alten Macht in Realders Drachen. Der blutige Abdruck meiner Hand auf seinen Schuppen begann zu qualmen und verdampfte. Der Drache bewegte sich. Er erwachte. Und er war hungrig.
Da fegte ein plötzlicher Sturmwind durch das stille Herz des Waldes, er war begleitet von dem Bersten und Krachen von Holz und einem stiebenden Wirbel abgerissener Blätter. Die Drachenreiterin landete mit ihrem Drachen wie ein aus der Luft herabgefallener Stein auf der kleinen Lichtung rings um den schwarzen Pfeiler. Ihr peitschender Schweif fegte die in der Nähe stehenden
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