Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
Gartens noch im Gedächtnis geblieben ist.«
»Würdet Ihr das tun?« Kettricken griff nach ihren Händen, und das Lächeln, mit dem sie ihr dankte, war wie ein Geschenk.
»Es wäre mir eine Freude.«
Diese Worte schienen für alle ein Signal zu sein, das Turmdach zu verlassen. Ich machte den Schluss. Als ich die Tür hinter mir zugezogen hatte, wartete ich einen Moment, um meinen Augen Zeit zu geben, sich an die Dunkelheit im Turm zu gewöhnen. Unter mir sah ich die Flammen von Kerzen um die Treppengemäuer wandern - gepriesen der Page, der daran gedacht hatte, sie zu besorgen. Langsam stieg ich Stufe um Stufe hinunter, während mein ganzer Arm, von der Biss wunde in der Halsbeuge bis zu dem Schnitt von der Schwert klinge, unheilverkündend pochte. Ich dachte daran, wie glücklich Kettricken war, und gönnte es ihr von Herzen, trotz meines schlechten Gewissens. Veritas war erleichtert gewesen, als ich vorschlug, Kettricken den Garten zu überlassen, aber die Geste hatte für ihn nicht die gleiche Bedeutung wie für Kettricken. Sie würde sich auf dieses Vorhaben stürzen, als baute sie einen Schrein für ihre Liebe. Veritas hingegen erinnerte sich wahrscheinlich schon morgen nicht mehr daran, ihr dieses Geschenk gemacht zu haben. Als ich die Treppen hinabstieg beschlich mich in dieser Sache ein genauso törichtes wie verräterisches Gefühl.
Mir war nicht nach Gesellschaft zumute, deshalb mied ich die Halle und ging zum Abendessen in die Wachstube neben der Küche. Dort saßen Burrich und Flink vor ihren Tellern. Als sie mich zu sich winkten, konnte ich nicht ablehnen, doch kaum hatte ich mich hingesetzt, war ich so gut wie vergessen. Nicht, dass sie mich aus ihrer Unterhaltung ausgeschlossen hätten, aber sie sprachen von einem Leben, an dem ich keinen Anteil mehr hatte. Die Vielfalt all dessen, was in den Ställen und Geräteschuppen vor sich ging, war für mich inzwischen beinahe ein Buch mit sieben Siegeln. Burrich und Flink wussten natürlich, wovon die redeten, und erörterten die Probleme mit dem fachmännischen Selbstbewusstsein ihres Wissens. Immer häufiger ertappte ich mich dabei, wie ich zu ihren Worten nickte, aber selbst nichts zu sagen hatte. Sie kamen gut miteinander aus. Burrich sprach zu Flink nicht von oben herab, aber Flink verhehlte nicht seinen Respekt vor einem Mann, den er sichtlich als überlegen anerkannte. Flink hatte in kürzester Zeit sehr viel von Burrich gelernt. Im zurückliegenden Herbst hatte er Bocksburg als einfacher Stallbursche verlassen, jetzt sprach er kundig von den Falken und Hunden und stellte fundierte Fragen bezüglich Burrichs Zuchtauswahl bei den Pferden. Ich war noch nicht mit dem Essen fertig, als sie aufstanden, um zu gehen. Sie wünschten mir einen guten Abend, und während sie aus der Tür gingen, waren sie immer noch in ihr Gespräch vertieft.
Ich blieb nicht etwa allein in der Wachstube zurück. Um mich herum wurde weiter gegessen, getrunken und geredet. Das Stimmengewirr, das Klappern der Löffel in den Schüsseln, der dumpfe Aufschlag, als jemand einen Keil vom Käserad schnitt, all das war wie Musik. Es roch nach Essen und Menschen, nach dem Holzfeuer, verschüttetem Ale und dem brodelnden Eintopf. Ich hätte mich zufrieden fühlen müssen, nicht ruhelos. Auch nicht niedergeschlagen. Oder einsam.
Bruder?
Ich komme. Warte auf mich am alten Schweinekoben.
Nachtauge schien weit von der Burg entfernt gejagt zu haben. Ich traf zuerst am verabredeten Platz ein, stand in der Dunkelheit und wartete auf ihn. In meinem Beutel hatte ich einen Topf Salbe, zu meinen Füßen lag ein Sack voller Knochen. Der Schnee wirbelte um mich herum und erschien mir wie ein endloser Tanz von Winterfunken. Meine Blicke bohrten sich in das Dunkel der Nacht. Ich spürte ihn und seine Nähe, dennoch gelang es ihm, überraschend hervorzuspringen und mich zu überrumpeln. Dabei war er recht gnädig mit mir und Beließ es bei einem Zwicken und Schütteln meines unverletzten Handgelenks. Im Innern der Kate zündete ich eine Kerze an und untersuchte seine Schulter. Trotz meiner Müdigkeit am Abend zuvor und meiner eigenen Schmerzen hatte ich gute Arbeit geleistet, wie ich mit Befriedigung feststellte. Um die Verletzung herum hatte ich das Fell bis auf die Haut abgeschoren und den Einstich mit Schnee gesäubert. Es hatte sich eine dicke, dunkle Schorfkruste gebildet. Ich konnte sehen, dass die Wunde heute wieder geblutet hatte, aber nicht viel. Zur Sicherheit trug ich eine großzügige
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