Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
würde ich ihm selbstverständlich nicht sagen.« Ich grinste sie an.
»Du bist unerträglich!«
»Ja. Und ich friere. Bitte, lass mich hinein, und sei es nur, da mit ich mich aufwärmen kann.«
Sie gab mir keine wörtliche Erlaubnis, trat dann aber doch vom Fenster zurück. Ich sprang leichtfüßig ins Zimmer, ohne den aufzuckenden Schmerz in meinem Arm zu beachten, und schloss und verriegelte daraufhin die Läden. Dann ging ich zum Kamin und warf mehr Holz ins Feuer, um die Kälte aus dem Raum zu vertreiben. Als die Flammen hochzüngelten, rieb ich mir da rüber die Hände. Molly sagte kein Wort. Kerzengerade stand sie da und hielt die Arme vor der Brust verschränkt. Ich sah zu ihr hin und lächelte.
Sie verzog keine Miene. »Du solltest gehen.«
Ich fühlte, wie mein eigenes Lächeln aus dem Gesicht verschwand. »Molly, bitte rede mit mir. Das letzte Mal, als wir mit einander gesprochen haben … ich dachte, wir hätten uns verstanden. Seither aber schweigst du beharrlich, du wendest dich ab … Ich weiß nicht, was sich verändert hat. Ich weiß nicht, was zwischen uns getreten ist.«
»Die Wirklichkeit.« Plötzlich sah sie sehr zerbrechlich aus. »Die Wirklichkeit ist zwischen uns getreten. FitzChivalric (wie fremd der Name von ihren Lippen klang), ich habe Zeit gehabt, nachzudenken. Wärst du vor einer Woche oder vor einem Monat wie jetzt zu mir gekommen, dann hätte ich mich von deinem frechen Lächeln erobern lassen.« Sie selbst gestattete sich den Schatten eines wehmütigen Lächelns. Als erinnerte sie sich an einen lange zurückliegenden Sommertag mit dem aus gelassenen Spiel eines Kindes, das nun im Grabe lag. »Aber du kamst nicht. Du hast getan, was recht und schicklich war, und so dumm es sich anhört, ich fühlte mich dadurch verletzt. Ich sagte mir, wenn deine Liebe wirklich so groß wäre, wie du mir geschworen hattest, würde dich nichts, weder Mauern noch Anstand oder Hofetikette, davon abhalten können, mich zu sehen. Die Nacht, als du kamst, als wir … doch auch das änderte nichts, denn du kamst nicht wieder.«
»Aber nur deinetwegen nicht, um deinen guten Ruf …«, entgegnete ich ihr verzweifelt.
»Lass mich ausreden. Ich habe dir gesagt, es war dumm. Aber Gefühle sind nicht immer klug. Gefühle sind einfach da. Dass du mich liebst, ist nicht klug; dass ich deine Liebe erwiderte, war ebenfalls nicht klug. Ich habe das erkannt. Und ich habe eingesehen, dass die Gefühle sich dem Verstand unterordnen müssen.« Sie seufzte. »Ich war so zornig, als dein Onkel das erste Mal mit mir redete. So wütend. Er brachte mich so weit, dass ich felsenfest entschlossen war hierzubleiben, trotz all der Dinge, die zwischen uns standen. Aber ich bin nicht aus Stein. Und selbst wenn, auch Stein wird von dem steten Tropfen der Vernunft ausgehöhlt.«
»Mein Onkel? Der Prinz?« Ich konnte diese Hinterlist kaum glauben.
Sie nickte langsam. »Er wollte, dass sein Besuch geheim bleiben sollte. Was würde es nützen, sagte er, wenn du davon erführest. Er müsse im Interesse seiner Familie handeln, und ich solle versuchen, dafür Verständnis aufzubringen. Ich tat es, aber in mir bäumte sich alles auf. Erst mit der Zeit brachte er mich zu der Einsicht, dass es auch für mich das Beste war, vernünftig zu sein.« Sie wischte sich mit dem Hand rücken über die Wange. Tatsächlich, sie weinte. Lautlos, denn während sie redete, liefen nur die Tränen.
Ich ging zu ihr hin und nahm sie behutsam in die Arme, so als wäre sie ein Schmetterling, den man fürchten musste zu zerdrücken. Anstatt der erwarteten Gegenwehr neigte sie ihren Kopf zu mir nach vorne. Mit der Stirn an meiner Schulter sprach sie weiter: »Noch ein paar Monate, und ich habe so viel Geld, dass ich wieder auf eigenen Füßen stehen kann. Noch nicht mit einem eigenen Geschäft, aber ich will mir irgendwo eine Kammer und eine Arbeit suchen. Und an fangen, für einen Laden zu sparen. Das sind meine Zukunftspläne. Prinzessin Philia ist herzensgut, und in Lacey habe ich eine wirkliche Freundin gefunden, aber ich bin nicht gerne eine Dienstmagd. Und ich werde es nicht länger sein als unbedingt nötig.« Sie schwieg und verharrte regungslos in meiner Umarmung. Ich konnte fühlen, dass sie wie vor Erschöpfung zitterte.
»Was hat mein Onkel zu dir gesagt?«, erkundigte ich mich vorsichtig.
»Oh.« Sie schluckte und bewegte ihr Gesicht an meiner Schulter hin und her. (Ich glaube, sie wischte ihre Tränen in mein Hemd). »Was man erwarten
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