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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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genommen werden. Verrate uns nicht. Ich spürte Veritas’ Erheiterung, aber auch seine Besorgnis. Deshalb gestattete ich mir ein Lächeln, dankte der Köchin für eine Pastete, die sie mir gutmütig aufdrängte, und verließ die Küche.
    Rußflocke stampfte unruhig in ihrer Box. Sie konnte kaum erwarten, dass es hinausging. Als ich ihr den Sattel auflegte, kam Burrich vorbei. Seinen dunklen Augen entging weder meine winterliche Lederbekleidung noch die verzierte Schwertscheide und der schön gearbeitete Griff des Schwertes. Er räusperte sich, sagte aber nichts. Es war mir nie klar geworden, wie genau Burrich über meine ›Arbeit‹ Bescheid wusste. Nur einmal, in den Bergen, hatte ich über meine Ausbildung in der Kunst des Mordens mit ihm gesprochen. Aber das war, bevor man ihm fast den Schädel zertrümmert hatte, weil er versucht hatte, mich zu beschützen. Als er sich davon erholt hatte, behauptete er, jede Erinnerung an den vorhergehenden Tag verloren zu haben. Doch manchmal kamen mir Zweifel. Vielleicht war es seine wohlüberlegte Art, ein Geheimnis als Geheimnis zu bewahren - dass selbst die Eingeweihten nicht darüber sprachen. »Sei vorsichtig«, meinte er schließlich bärbeißig. »Dass mir das alte Mädchen nicht zu Schaden kommt.«
    »Wir passen auf«, versprach ich und führte Rußflocke an ihm vorbei nach draußen.
    Immer noch war es erst früher Morgen, gerade hell genug, um guten Gewissens einen leichten, kurzen Galopp wagen zu können. Ich gewährte Rußflocke genügend Spielraum, damit sie etwas von ihrer überschüssigen Kraft abarbeiten konnte und warm wurde, ohne jedoch ins Schwitzen zu geraten. Die Wolkendecke war stellenweise aufgerissen. Frostumhüllte Bäume und die verharschten Schneewehen reflektierten unter der blassen Wintersonne ihr gleißendes Licht. Rußflockes Atem dampfte, wobei sie nach einiger Zeit willig in einen wiegenden Passgang fiel. Wir würden uns dem Bachbett auf einem Umweg nähern, ich wollte die gebahnten Wege nicht früher verlassen als nötig.
    Jede Sekunde spürte ich Veritas’ Anwesenheit, der stiller Teilhaber an meinen inneren Zwiegesprächen war. Er genoss die frische Morgenluft, Rußflockes Bewegungsfreudigkeit und die Jugend meines Körpers. Doch je weiter ich mich von der Burg entfernte, desto deutlicher wurde ich mir einer Veränderung bewusst. Von der anfänglich von ihm so starken und umfassenden Berührung hatte sich unser Verhältnis gelockert und wirkte in seiner Art wie ein gegenseitiges Sich-an-den-Händen-Halten. Ich fragte mich, ob meine Kraft auf Dauer ausreichen würde.
    Denk nicht darüber nach, tu es einfach. Selbst Atmen wird zu einer Anstrengung, wenn man das Ein und Aus von jedem Atemzug verfolgt. Ich blinzelte und merkte plötzlich, dass er sich mittlerweile in seinem Arbeitszimmer befand und seine üblichen Morgentätigkeiten verrichtete. Charim kam mit einem Anliegen, und ich vernahm ihr Gespräch wie das entfernte Summen eines Bienenschwarms.
    Von Nachtauge war nichts zu sehen. Ich bemühte mich, weder an ihn zu denken, noch nach ihm auszuschauen, eine anstrengende mentale Verleugnung, mindestens ebenso kräftezehrend, wie Veritas’ Bewusstsein an mich gebunden zu halten. Wie schnell es mir doch zur zweiten Natur geworden war, nach meinem Wolf zu spüren und ihn ansprechbar zu finden, so dass ich mich jetzt so verlassen fühlte und so unsicher, als fehlte mir das vertraute Messer am Gürtel. Nur Molly besaß die Macht, ihn völlig aus meinen Gedanken zu verdrängen, aber auch das bot mir keinen Trost. Veritas hatte mich für mein Verhalten in der vergangenen Nacht zwar nicht getadelt, doch ich wusste, er betrachtete es als nicht sehr ehrenhaft, und ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass ich ihm beipflichten würde, wenn ich mir die Zeit nähme, in Ruhe darüber nachzudenken. Da ich mich einer solchen Erkenntnis zurzeit nicht gewachsen fühlte, ließ ich meine Gedanken auch um dieses Thema einen Bogen machen.
    Ganz offenbar verwendete ich unverhältnismäßig viel geistige Anstrengung darauf, an möglichst wenig zu denken. Ich schüttelte energisch den Kopf und richtete meinen Blick in den Tag. Der Weg, dem ich folgte, wurde nur wenig benutzt. Er schlängelte sich durch das hügelige Hinterland, und die häufigsten Reisenden waren Ziegen und Schafe. Es war ein Gebiet kleiner, weit verstreuter Gehöfte, das von einfachen Landleuten bewohnt war.
    Der Weg wurde schmaler und führte wie durch einen Tunnel in das grüne Zwielicht

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