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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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verhindern, dass er von dem Wolf und meiner Bruderschaft zu ihm erfuhr? Ich spürte zu Nachtauge hin. Unser Bund ist ein Geheimnis. Um es zu wahren, muss ich heute allein jagen. Verstehst du das?
    Nein. Es ist dumm und gefährlich. Ich werde da sein, aber du kannst dich darauf verlassen, dass ich unsichtbar bleibe und nicht zu entdecken bin.
    »Was hast du gerade eben getan?«, fragte plötzlich Veritas mit lauter Stimme. Doch der Ton seiner Frage war keinesfalls heftig, eher so wie die Reaktion, mit der ich vielleicht ein kleines Kind getadelt hätte, das ich beim Herumschnitzen an einer Holzvertäfelung erwischte. Ich fühlte mich zu keiner Antwort imstande. Wie gerne hätte ich mir alles von der Seele geredet, damit es einen gab, der mich kannte, der wusste, wer und was ich war.
    Ich weiß es, meldete sich Nachtauge.
    Er hatte Recht. Und ich durfte ihn nicht gefährden. »Auch Ihr müsst Vertrauen haben«, sagte ich zu meinem Kronprinz. Und als er zu mir aufsah und meine Forderung abwägte, fügte ich hinzu: »Seid Ihr dazu bereit?«
    »Ja.«
    Mit einem Wort lieferte er sich mir aus, auf Gedeih und Verderb; mit einem Wort bekundete er die feste Überzeugung, dass, was immer ich getan hatte, ihm nicht zum Schaden gereichen würde. Auf den ersten Blick mag man nichts Besonderes darin sehen, aber dass ein Kronprinz seinem eigenen Assassinen gestattete, Geheimnisse vor ihm zu haben, war ein unerhörter Vertrauensbeweis. Vor Jahren hatte sein Vater sich meine Loyalität erkauft um den Preis des Versprechens, für meine Ernährung, meine Kleidung, meine Behausung und nicht zuletzt meine Erziehung zu sorgen, was sich mit einer silbernen Anstecknadel an meinem Hemd versinnbildlichte. Veritas’ spontane Geste bedeutete mir plötzlich mehr als all das zusammen. Die Liebe, die ich immer für ihn empfunden hatte, spülte alle Bedenken hinweg. Wie konnte ich kein Vertrauen zu ihm haben?
    Er lächelte zurückhaltend. »Du verstehst dich darauf, von der Gabe Gebrauch zu machen, wenn du es willst.« Ohne eine weitere Vorankündigung drang er wieder in mein Bewusstsein ein. Solange seine Hand auf meinem Arm lag, erfolgte die Vereinigung der Gedanken ganz mühelos. Ich fühlte seine Neugier und das leichte Erschrecken, als er durch meine Augen sein Gesicht betrachtete. Ein Spiegel ist gnädiger. Ich bin gealtert.
    In Anbetracht der Umstände wäre es sinnlos gewesen, widersprechen zu wollen. Es war ein notwendiges Opfer, stimmte ich zu.
    Er ließ mich los. Einen Moment lang überschnitten sich die Bilder, ich sah ihn, ich sah mich selbst, aber dann wandte er sich ab, richtete mit Bedacht seinen Blick wieder auf den Horizont und schloss mich aus dieser Wahrnehmung aus. Nach dem Wegfall der körperlichen Berührung war diese geistige Zweisamkeit schwieriger zu bewältigen. Mit vorsichtigen Schritten verließ ich das Zimmer und ging die Treppe hinunter, als balancierte ich ein übervolles Weinglas auf einem Tablett. Genau. Und in beiden Fällen ist es leichter, wenn man nicht hinschaut und nicht so krampfhaft daran denkt. Bleibe ganz locker.
    Ich ging in die Küche hinunter, wo ich versuchte, mich zu benehmen wie immer, und ein herzhaftes Frühstück zu mir nahm. Veritas hatte Recht. Es war leichter, unseren Kontakt aufrecht zu erhalten, wenn ich mich nicht darauf konzentrierte. Als gerade niemand herschaute, schüttete ich einen Teller voll Ingwerplätzchen in meinen Proviantbeutel.
    »Gehst du auf die Jagd?«, erkundigte sich die Köchin. Ich nickte.
    »Nun, dann pass auf dich auf. Worauf hast du es abgesehen?«
    »Schwarzkittel«, improvisierte ich. »Nur um welche aufspüren, nicht um sie zu erlegen. Ich dachte, eine Eberjagd wäre eine schöne Abwechslung beim Winterfest.«
    »Für wen? Prinz Veritas? Den lockst du nicht aus der Burg, Schätzchen. Ein Stubenhocker ist er geworden, ein Eremit, und auch unser armer König Listenreich hat seit Wochen nicht mehr seine Gemächer verlassen, um in der Halle seine Mahlzeit einzunehmen. Ich weiß nicht, warum ich immer noch seine Leibspeisen zubereite, wenn das Tablett so unberührt wieder herunterkommt, wie ich es hinaufgeschickt habe. Nun, Prinz Edel, der würde sich vielleicht aufraffen, solange ihm nur nicht die Locken durcheinandergeraten.« Sämtliche Küchenmägde brachen in Gekicher aus, während mir das lose Mundwerk der Köchin das Blut ins Gesicht trieb. Ruhig. Sie wissen nicht, dass ich zugegen bin, Junge. Und nichts von dem, was sie zu dir sagen, soll ihnen von mir übel

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