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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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anderen, den wir beide von Herzen verabscheuen. Mir scheint, wir sollten keinerlei Mühe haben, am selben Strang zu ziehen, solange wir gegen ein- und denselben in gemeinsamer Abneigung verbunden sind. Gib zu, dass du kaum Zeit hattest, einen Blick auf die Schriftrollen zu werfen, und ich werde dich nebenbei daran erinnern, dass die Zeit, die du nicht gehabt hast, verlorene Zeit für uns alle ist. Diese Aufgabe kann nicht warten, bis du dich ihr zu widmen beliebst.«
    Seine Argumente waren nicht von der Hand zu weisen. Er trat plötzlich dicht an mich heran. Es war immer schwer, ihm in die Augen zu sehen, und noch schwerer, darin zu lesen, aber die Linie seines Mundes verriet seine Verzweiflung. »Ich biete dir ein Geschäft an, einen Tauschhandel, der einzigartig ist. Ein nur mir bekanntes Geheimnis gegen die Erlaubnis, in den Schriften nach der Lösung eines Rätsels zu forschen, die möglicherweise nicht einmal darin zu finden ist.«
    »Was ist das für ein Geheimnis?«, fragte ich widerwillig nach. »Mein Geheimnis.« Halb zur Seite gewendet starrte er auf einen Punkt an der Mauer. »Das Geheimnis des Narren. Woher kommt er und was führt ihn her?« Er streifte mich mit einem Seitenblick und wartete schweigend.
    Die ungestillte Neugierde ungezählter Jahre erwachte schlagartig in mir. »Ein freiwilliges Geschenk?«, fragte ich.
    »Nein. Nur im Tausch, wie schon gesagt.«
    Ich überlegte. Dann: »Wir sehen uns später. Schließ die Tür, wenn du gehst.« Damit verließ ich ihn.
    In den Fluren eilte bereits das Gesinde geschäftig hin und her. Der Narr hatte mich sträflich lange aufgehalten. Trotz meiner steifen Knochen versuchte ich mich zu beeilen. So nahm ich auf den Treppen zu Veritas’ Turmgemach zwei Stufen auf einmal, klopfte an und trat ein.
    Dort begrüßte mich Burrich mit einem Stirnrunzeln. Die wenigen Möbel des Turmzimmers waren bis auf Veritas’ Lehnstuhl an eine Wand geschoben worden. Darauf hatte er bereits Platz genommen und wandte mir langsam den Kopf zu. Sein Blick ging durch mich hindurch - er war noch nicht aus der Ferne zurückgekehrt. Seine Züge, sein Mund wirkten schlaff, seine Augen abwesend - und dies war schmerzlich mit anzusehen, wenn man wusste, was es Bedeutete. Der Gabenhunger nagte an ihm, und ich fürchtete, was er mich lehren wollte, würde der Sucht zusätzlich Nahrung geben und sie verstärken. Und doch, war es zu ändern? Ich hatte gestern etwas gelernt, was nicht angenehm war, aber wichtig. Auch wenn ich nicht König war, nie König sein würde, ich trug mit an der Verantwortung für das Volk der Sechs Provinzen, und ich war gewillt, alles Menschenmögliche zu tun, um die Roten Korsaren von unserer Küste zu vertreiben. Ich konnte nachempfinden, was Veritas veranlasste, sich ohne Rücksicht auf die eigene Person zu verausgaben.
    »Ich bitte um Vergebung, dass ich so spät komme, ich wurde aufgehalten. Aber jetzt können wir anfangen.«
    »Wie fühlst du dich?« Burrich stellte die Frage in einem Ton, als wäre er ernsthaft an einer genaueren Auskunft interessiert.
    Der Blick, mit dem er mich musterte, war nach wie vor streng, aber auch forschend.
    »Ein wenig steif. Beim Treppensteigen bin ich etwas warm geworden. Ich bin noch nicht ganz erholt von gestern, aber sonst geht es mir gut.«
    Stille Genugtuung stahl sich auf sein vergnügtes Gesicht. »Kein krampfartiges Zittern, FitzChivalric? Keine Sehstörungen oder Schwindelanfälle?«
    Ich überlegte einen Moment. »Nein.«
    »Verdammt!« Burrich lachte laut auf. »Eine gehörige Tracht Prügel war also offenbar die richtige Medizin für dich. Ich werde daran denken, wenn du wieder einmal einen Medikus brauchst.«
    Während der folgenden Stunde schien er entschlossen zu sein, die neue Heilmethode in der Praxis zu erproben. Die Axtklingen waren zwar stumpf, denn er hatte sie für diese erste Lektion mit Lumpen umwickelt, aber das schützte nicht vor blauen Flecken. Und um ehrlich zu sein - die meisten handelte ich mir durch mein eigenes Ungeschick ein. Burrich war an dem Tag keinesfalls darauf aus, Schläge anzubringen, sondern wollte mich lehren, die ganze Waffe zum Einsatz zu bringen und nicht nur das Blatt. Veritas in meinem Bewusstsein zu halten, das bereitete keine Mühe, da er sich im selben Raum befand wie wir. Er übte sich in Schweigen, äußerte weder Ratschläge noch Kritik oder Warnungen, sondern begnügte sich mit seiner Zuschauerrolle. Burrich erklärte mir, die Axt wäre keine elegante Waffe, aber beim

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