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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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richtigen Einsatz sehr brauchbar. Am Ende der Übungsstunde versäumte er nicht, mich darauf hinzuweisen, dass er aus Rücksicht auf meine Verletzungen sanft mit mir umgesprungen wäre. Als Veritas uns entließ, gingen wir zusammen die Treppe hinunter, und das um einiges langsamer, als ich sie hinaufgesprungen war.
    »Morgen früh sei pünktlich.« Mit dieser Ermahnung Burrichs trennten wir uns vor der Küchentür; er kehrte zu den Stallungen zurück, mein knurrender Magen verlangte vor weiteren Taten erst einmal ein Frühstück. Mein Hunger war so groß wie seit Tagen nicht mehr und über meinen Wolfshunger wunderte ich mich selbst über mein plötzliches Wohlbefinden. Anders als Burrich glaubte ich jedoch nicht, dass ich über die Vorfälle der letzten Zeit von den Nachwirkungen der schlimmen Verletzungen aus dem Bergreich kuriert war. Molly, dachte ich bei mir selbst, hatte mit einer einzigen Berührung geheilt, was Kräuter, Salben und Tinkturen nicht zu bessern vermochten. Plötzlich lag der helle Tag schier endlos vor mir und maß sich in Stunden, die sich zäh dahinschleppten, bis die Dämmerung und der gnädige Abend uns erlaubten, wieder zusammen zu sein.
    Entschlossen verbannte ich Molly aus meinen Gedanken und nahm mir vor, mich tagsüber ganz meinen Pflichten zu widmen, von denen mir dann auch auf einen Schlag ein ganzes Dutzend in den Sinn kam. Ich hatte Philia vernachlässigt. Ich hatte Kettricken meine Unterstützung bei der Planung und Anlage ihres Gartens versprochen. Auch Bruder Nachtauge war ich eine Erklärung schuldig, nicht zuletzt König Listenreich meine Aufwartung. Ich versuchte, die einzelnen Punkte nach Wichtigkeit zu ordnen. Hartnäckig hielt sich Molly an der Spitze der Agenda.
    Schweren Herzens setze ich sie an das Ende meiner Liste und entschied mich, mit König Listenreich einen ersten Schritt zu tun. So stellte ich mein Geschirr zusammen und trug es in die Küche zurück. Dort ging es hoch her. Einen Moment war ich erstaunt, bis mir der Grund für das bunte Treiben einfiel - der heutige Abend war der erste Abend des Winterfestes. Die alte und langgediente Köchin Sarah schaute vom Brotkneten auf und winkte mich zu sich. Ich trat an den Tisch und bewunderte, wie ich es schon als Kind getan hatte, ihre geschickten Finger, die eine Handvoll Teig nach der anderen zu Brötchen formten und zum Aufgehen des Teiges in eine Reihe legten. Ihre Arme waren bis zu den Ellenbogen mit Mehl bestäubt, auch die Wange hatte etwas abbekommen. Das Getöse und Getriebe in dem großen Raum schuf seltsamerweise einen besonderen Raum der Zurückgezogenheit. Sarah sprach leise, und ich musste mich anstrengen, um sie durch das Klappern und Stimmengewirr verstehen zu können.
    »Ich wollte dir nur sagen« - sie faltete und walkte einen neuen Batzen Teig -, »dass ich weiß, wann jemand dummes Zeug redet. Und ich sage es demjenigen auch, wenn er hier in meiner Küche damit anfangen will. Im Wäschehof können sie meinetwegen tratschen, so viel sie wollen, und in der Spinnstube können sie meinetwegen genauso viele Märchen zusammenfabulieren, aber ich dulde nicht, dass man hier in meiner Küche schlecht über dich redet.« Sie schaute mich mit ihren wachen schwarzen Augen an, und mit der Ahnung der Bedeutung ihrer Worte schwankte mir der Boden unter meinen Füßen. Es wurde geredet? Über Molly und mich?
    »Du hast an meinem Tisch gegessen und, als du noch klein warst, oft genug neben mir gestanden und in einem Topf gerührt, während wir uns etwas erzählt haben. Ich denke, ich kenne dich womöglich besser als die meisten. Und wenn sie sagen, du kämpfst wie ein Raubtier, weil du mehr Tier als Mensch seist, dann ist das bösartiges Geschwätz. Die Leichen waren übel zugerichtet, das ist wahr, aber ich habe weitaus Schlimmeres gesehen, wenn Menschen im Zorn aneinandergeraten sind. Als Sal Flatfishs Tochter vergewaltigt wurde, hat sie den Unhold mit ihren eigenen Händen und mit ihrem Fischmesser in Stücke geschnitten, mitten auf dem Marktplatz, schnippschnapp, wie sonst Köder für ihre Angelschnur. Was du getan hast, war nichts anderes.«
    Mein Herz setzte für einen Schlag aus. ›Mehr Tier als Mensch‹ … Es war noch nicht so lange her oder so weit entfernt, dass Menschen, die man verdächtigte, über die Macht zu gebieten, lebendigen Leibes verbrannt wurden. »Ich danke dir«, sagte ich mit angestrengt ruhiger Stimme und war nicht allzuweit von der Wahrheit entfernt, als ich hinzufügte: »Es war nicht

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