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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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vorläufig war die Rurisk so grün wie wir. Wenn wir mit dem Schiff hinausfuhren, fühlte ich mich an einen unerfahrenen Reiter erinnert, der sein Glück mit einem gerade erst eingerittenen Pferd versuchte. Das Schiff scheute und bockte förmlich und knickte zwischen den Wellen fast ein; aber dann, als wir allmählich aufeinander eingespielt waren, richtete es sich auf und schnitt wie ein geöltes Messer durch das Wasser.
    Es war Veritas’ Wunsch, dass ich mich gründlich in dieser neuen Welt einlebte. Ich erhielt zusammen mit dem Rest der Besatzung eine Schlafstatt im Lagerhaus. Ich lernte, mich unauffällig zu verhalten, doch stets war ich auf dem Sprung, um einen Befehl auszuführen. Der Kapitän stammte aus den Sechs Provinzen, aber der Maat war ein Outislander; von ihm lernten wir, mit dem Schiff umzugehen und das Beste aus ihm herauszuholen. Es gehörten noch zwei Outislander zur Mannschaft, und wenn wir nicht gedrillt wurden, klar Schiff machten oder schliefen, steckten sie die Köpfe zusammen und unterhielten sich leise. Ich wunderte mich, dass sie nicht merkten, wie sie damit das Misstrauen der anderen schürten. Meine Pritsche war nicht weit von ihnen entfernt, und oft, wenn ich mich hingelegt hatte, um zu schlafen, spürte ich Veritas’ Drängen, auf halb laut gesprochene, mir unverständliche Worte zu lauschen. Ich tat es und wusste, dass er mehr mit den erlauschten Worten anfangen konnte als ich. Nach einiger Zeit merkte ich, dass es darin Ähnlichkeiten mit unserer Sprache gab; bei genauem Hinhören verstand ich dann sogar einiges von dem, was gesagt wurde. Mit keinem Wort war bei ihren Gesprächen von Verrat oder Meuterei die Rede. Sie trauerten um die von den eigenen Landsleuten entfremdeten Angehörigen und schworen blutige Rache. Es bestand kein großer Unterschied zwischen ihnen und ihren Kameraden aus den Sechs Provinzen. Fast jeder an Bord hatte jemanden durch die Pest der Entfremdung verloren. Schuldbewusst fragte ich mich, wie viele dieser verlorenen Seelen ich in das Vergessen des Todes geschickt hatte. Der Gedanke schuf eine unsichtbare Mauer zwischen mir und meinen zukünftigen Kampfgefährten.
    Trotz der wütenden Winterstürme fuhren wir fast jeden Tag hinaus aufs Meer. Wir trugen Scheingefechte aus, übten den Umgang mit den Enterhaken oder die Technik des Rammens. Wir lernten auch, einen Sprung so einzuschätzen, dass man statt im Wasser wirklich an Bord des anderen Schiffes landete. Unser Kapitän gab sich die größte Mühe zu erklären, welche Vorteile wir ausspielen konnten. Der Feind hatte eine lange Reise hinter sich, wochenlang unter kärglichen Bedingungen zusammengepfercht und an Bord der Schiffe den Unbilden der Witterung preisgegeben. Wir hingegen hatten den Heimathafen als Rückzugsgebiet, konnten jeden Tag frisch ausgeruht beginnen und wurden ständig gut verpflegt. Die räumlichen Beschränkungen und die Begrenzte Menge Proviant, die mitgeführt werden konnte, bedingten überdies, dass bei unserem Gegner jeder Ruderer zugleich Kämpfer war, während wir es uns erlauben konnten, zusätzliche Bewaffnete an Bord zu haben, die mit Pfeil und Bogen die Schlacht eröffneten oder feindliche Schiffe enterten, ohne dass ein Mann von den Rudern abgezogen werden musste. Mehrfach sah ich den Maat bei diesen Worten den Kopf schütteln. Im Vertrauen teilte er seinen Freunden mit, dass es die gerade die harten Entbehrungen einer Ausfahrt waren, die eine Mannschaft wild entschlossen und kämpferisch machten. Wie konnten verweichlichte, wohlgenährte Bauern hoffen, gegen von Wind und Wetter und den Gefahren des Meeres gestählte Korsaren zu bestehen?
    Alle zehn Tage hatte ich einen Tag für mich, und diese freie Zeit verbrachte ich in der Burg. Das war allerdings keine Erholung. Ich meldete mich bei König Listenreich, berichtete ihm von meinen Erfahrungen an Bord der Rurisk und freute mich an dem Interesse, das bei solchen Gelegenheiten in seinen Augen aufblitzte. Es schien ihm besser zu gehen, doch er war bei weitem noch nicht der willensstarke König, an den ich mich aus meiner Kindheit und Jugend erinnerte. Philia und Lacey hatten ebenfalls Anspruch auf einen Besuch, nicht zu vergessen Kettricken. Ein oder zwei Stunden für Nachtauge, ein verstohlener Besuch in Mollys Kammer und dann ein Abschied mit tausend Entschuldigungen, um wieder in meinem Zimmer zu sein, wenn Chade mich rief. Am nächsten Morgen dann in aller Frühe kurz bei Veritas vorsprechen, der mit einer Berührung unseren

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