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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Lippen schaute er mich an. »Eines Königs Geheimnisse gehören nur dem König«, beschied er mich nach einer Minute unbehaglichen Schweigens. »Ich habe nicht das Recht, sie weiterzugeben, selbst wenn ich überzeugt wäre, dass sie bei dem Empfänger gut aufgehoben sind. Doch wenn du nur deinen Verstand benutzen würdest, wie ich es dich gelehrt habe, könntest du dir all deine Fragen selbst beantworten.«
    Ich drehte mich zur Seite und stocherte im Feuer hinter mir. »Chade, ich bin so müde. Zu müde für Ratespiele. Kannst du mir nicht einfach sagen, was ich wissen möchte?«
    »Natürlich könnte ich das, nur käme ich dadurch in Konflikt mit dem Versprechen, das ich meinem König gegeben habe. Was ich tue, ist schlimm genug.«
    »Du flüchtest dich in Haarspaltereien!«
    »Mag sein, aber das ist meine Sache«, antwortete er liebenswürdig.
    Seine Gelassenheit reizte mich. Ich schüttelte heftig den Kopf und beschloss, das Thema zu wechseln, bevor wir uns noch tatsächlich entzweiten. »Weshalb hast du mich heute Nacht gerufen?«, fragte ich knapp.
    Ein Schatten huschte über sein gelassenes Gesicht. »Vielleicht nur deiner Gesellschaft wegen. Vielleicht nur, um zu verhindern, dass du etwas Unvernünftiges tust, das nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Ich bin mir bewusst, dass vieles von dem, was zurzeit in Bocksburg geschieht, dich zutiefst beunruhigt. Sei versichert, ich teile deine Befürchtungen. Doch vorläufig bleibt uns nichts anderes übrig, als auf dem vorgezeichneten Weg weiterzugehen. Vertrauensvoll. Du glaubst doch bestimmt, dass Veritas vor dem Frühling zurückkehrt und die Zügel wieder in die Hand nimmt.«
    »Ich weiß nicht«, gestand ich widerwillig. »Meiner Meinung nach ist seine Reise ein sinnloses Unterfangen. Er hätte hierbleiben und mit seinem ursprünglichen Plan weitermachen sollen. Bis er wiederkommt, hat Edel womöglich sein halbes Königreich verschachert oder den Wölfen zum Fraß vorgeworfen.«
    Chade blickte mich mit hoch gezogenen Augenbrauen an. »Sein Königreich ist immer noch seines Vaters Königreich, erinnerst du dich? Vielleicht traut Listenreich ihm zu, es vor Schaden zu bewahren.«
    »Ich glaube nicht, dass König Listenreich auch nur imstande ist, sich selbst vor Schaden zu bewahren. Hast du ihn kürzlich gesehen?«
    Chades Lippen wurden schmal. »Ja. Ich sehe ihn, wenn kein anderer ihn sieht. Glaub mir, er ist nicht der altersschwache Tattergreis, für den du ihn zu halten scheinst.«
    Ich bewegte langsam den Kopf von einer Seite zur anderen. »Wenn du ihn heute Abend gesehen hättest, Chade, würdest du meine Sorge teilen.«
    »Weshalb bist du so überzeugt, dass ich ihn nicht gesehen habe?« Chade wurde ärgerlich. Ich schien heute Abend mit einem Fluch behaftet zu sein, immer das Falsche zu sagen. Wahrscheinlich war es besser, erst ein mal zu schweigen. Ich nahm einen Schluck Wein und schaute ins Feuer.
    »Sind die Gerüchte über die Nahen Inseln wahr?«, erkundigte ich mich schließlich, als es mir erschien, als sei der böse Geist zwischen uns aus der Atmosphäre gewichen.
    Chade seufzte und rieb sich die Augen. »Wie alle Gerüchte enthält auch dieses ein Körnchen Wahrheit. Es könnte stimmen, dass die Korsaren sich dort einen Stützpunkt geschaffen haben. Genaues wissen wir nicht. Keinesfalls haben wir ihnen die Nahen Inseln völlig überlassen. Mit einer solchen Basis in der Nähe unserer Küste könnten sie ihre Raubzüge sommers wie winters fortführen, wie du schon bemerkt hast.«
    »Prinz Edel scheint zu glauben, dass wir uns von ihnen loskaufen könnten. Dass vielleicht diese Inseln und ein Stück von Bearns alles sind, worauf sie es abgesehen haben.« Es war nicht ganz einfach, doch ich bemühte mich, in meinem Ton nicht an klingen zu lassen, was ich von Edel und seinen Vermutungen hielt.
    »Viele Menschen hoffen, wenn sie etwas sagen, dass es auch wirklich so ist«, meinte Chade ausdruckslos. »Selbst, wenn sie es weit besser wissen müssten.«
    »Was glaubst du, was die Korsaren wollen?«
    Er starrte an mir vorbei in die Flammen. »Das ist eine wirklich interessante Frage. Was können die Korsaren nur wollen? Das ist die Art, wie unser Verstand arbeitet, Fitz. Wir denken, sie greifen uns an, weil sie etwas von uns haben wollen. Aber wenn es so wäre, hätten sie da nicht längst ihre Bedingungen gestellt? Sie wissen, dass sie uns wehtun. Sie müssen sich ausrechnen können, dass wir ihre Forderungen wenigstens in Erwägung ziehen würden.

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