Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
falschen Unterton, denn seine Stimme verriet zu viel Resignation. Burrich schaute mich beunruhigt an. Leise fragte er: »Was fehlt meinem König?«
Ich schüttelte den Kopf, er solle still sein, und versuchte ihn dazu zu bewegen, dass er sich hinsetzte.
»Ich stehe vor meinem König, bis er mir Befiehlt, mich zu setzen«, sagte er steif.
»Du bist verletzt. Er wird es verstehen.«
»Er ist mein König. So viel verstehe ich.«
Sollte er seinen Willen haben. Wir warteten und warteten, bis der Narr endlich wieder aus dem Schlafgemach des Königs zurückkehrte. »Es geht ihm nicht gut«, versuchte er uns vorzubereiten. »Ich hatte Mühe, ihm begreiflich zu machen, wer gekommen ist, doch er sagt, er will Euch empfangen. Kommt.«
Ich führte Burrich, der sich wieder auf mich stützen wollte, in das stickige Halbdunkel des königlichen Schlafgemachs. Als ich kurz zur Seite blickte, sah ich, wie er angewidert die Nase rümpfte. Beißender Qualm waberte in der Luft, der von mehreren kleinen Räuchergefäßen aufstieg. Der Narr hatte die Bettvorhänge zurückgezogen und klopfte und schüttelte die Kissen hinter Listenreichs Rücken, bis dieser ihn mit einer schwachen Handbewegung zur Seite winkte.
Ich betrachtete unseren Monarchen und fragte mich, wie ich so blind für die Anzeichen der Krankheit hatte sein können. Sie waren kaum zu übersehen. Die Auszehrung des Körpers, der säuerliche Schweißgeruch, die ungesunde Gelbfärbung seiner Augen - wenigstens das hätte mir auffallen müssen. Der besorgte Ausdruck in Burrichs Gesicht verriet mir, wie wenig Ähnlichkeit dieser ausgemergelte Greis im Bett mit jenem König Listenreich hatte, an den er sich erinnerte. Doch er überwand seine Bestürzung sogleich und streckte sich in Habt-Acht-Stellung.
»Mein König, ich bin gekommen, um Bericht zu erstatten«, sagte er ebenso förmlich.
Listenreich zwinkerte schwerfällig. »Bericht erstatten«, murmelte er undeutlich. Ich war nicht sicher, ob es eine Aufforderung sein sollte oder ob er nur die Worte wiederholte. Burrich nahm es als Aufforderung. Er war so gründlich und präzise, wie er es immer von mir verlangt hatte. Ich stand neben ihm, und er stützte sich auf meine Schulter, während er von der Winterreise mit Prinz Veritas auf dem Weg ins Bergreich erzählte.
Er beschönigte nichts. Die Reise war da nach voller Mühsalen gewesen. Trotz der Boten, die vor dem Aufbruch der Expedition vorweggeschickt worden waren, erfuhren sie unterwegs kaum Gastfreundschaft und Hilfe. Die Adligen, deren Herrensitze auf ihrem Weg lagen, behaupteten, nicht vom Kommen des Prinzen unterrichtet worden zu sein. In vielen Fällen wurden sie nur von Dienstboten empfangen, und die Bewirtung war nicht anders, als man sie jedem gewöhnlichen Reisenden hätte angedeihen lassen. Verpflegung und frische Reittiere zum Wechseln, die sie an verabredeten Plätzen vorzufinden hofften, wurden ihnen nicht bereitgestellt. Die Pferde hatten also mehr gelitten als die Menschen, denn die Wege und das Wetter waren erbarmungslos schlecht gewesen.
Ich konnte fühlen, wie ihn beim Sprechen immer wieder ein heftiges Zittern erfasste. Der Mann war dem völligen Zusammenbruch nahe. Doch jedes Mal von neuem holte er tief Atem, schöpfte aus irgendeiner geheimnisvollen Quelle neue Kraft zur Rede und fuhr fort.
Sein Stimme schwankte nur wenig, als er berichtete, wie sie in den Ebenen von Farrow aus dem Hinterhalt von Straßenräubern angegriffen wurden, gerade als sie nach jeder Meile schon damit gerechnet hatten, den Blauen See in der Ferne auftauchen zu sehen. Die Straßenräuber hätten dabei gekämpft wie Soldaten, fuhr Burrich weiter fort, woraus er aber keine eigenen Schlussfolgerungen zog. Zwar trugen sie keine herzoglichen Farben, doch waren sie für Diebsgesindel auffallend gut gekleidet und bewaffnet. Und zudem war es ganz offensichtlich Veritas, auf den sie es abgesehen hatten. Und noch eins war auffällig: Als zwei der Packtiere sich losrissen und auf und davon gingen, unternahm keiner der Angreifer den Versuch, sie einzufangen. Echte Banditen zogen es gewöhnlich vor, auf dem Weg des geringsten Widerstands zu ihrer Beute zu kommen. Veritas’ Männern war es schließlich gelungen, ihre Reihen zur Verteidigung wieder zu schließen. Danach leisteten sie so verbissen Gegenwehr, bis die Angreifer schließlich einsehen mussten, dass Veritas’ Garde entschlossen war, bis zum Letzten für ihren Prinzen zu kämpfen. Ihr Aufgabe und Flucht war so plötzlich,
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