Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
mein Zimmer«, sagte ich zu ihm.
»Nein. Das will ich nicht!« Er hörte sich trotzig an wie ein krankes Kind.
»Nur für kurze Zeit. Bis du dich erholt hast.« Er wehrte sich nicht, als ich ihn die Stufen hinaufbugsierte, was ich als ein Zeichen da für nahm, wie schwach er war. Während ich die Tür aufriegelte, lehnte er an der Wand, dann ließ er sich von mir ins Zimmer helfen. Ich versuchte, ihn zu über reden, sich aufs Bett zu legen, doch er bestand auf dem Lehnstuhl beim Kamin. Sobald er sich niedergelassen hatte, legte er den Kopf zurück und schloss die Augen. An dem entspannten Gesicht ließen sich erschreckend deutlich die Strapazen der vergangenen Tage ablesen. Seine Knochen zeichneten sich deutlich von dem ausgehungerten Körper ab und seine Haut war nicht etwa bleich, sondern ganz grau.
Er hob den Kopf und schaute sich im Zimmer um, als wäre er zum ersten Mal hier. »Fitz? Hast du etwas Anständiges zu trinken hier oben?«
Ich wusste, er sprach nicht von Tee. »Branntwein?« »Doch wohl nicht diesen billigen Fusel, mit dem du dich vergiftest? Dann trinke ich lieber Pferdesalbe.«
Ich versuchte einen Scherz: »Fordere es nicht heraus - damit kann ich dir vielleicht wirklich dienen.«
Er reagierte nicht. Als hätte er mich gar nicht gehört.
Ich legte frisches Holz aufs Feuer und dachte stirnrunzelnd an meinen kaum noch nennenswerten Bestand an Kräutern. Das meiste hatte ich dem Narren mit gegeben. »Burrich, ich gehe hinunter, um dir etwas zu essen zu holen und noch ein paar andere Dinge. In Ordnung?«
Keine Antwort. Er war im Sitzen eingeschlafen. Ich trat zu ihm hin. Man brauchte nicht erst seine Stirn zu berühren, um sein hohes Fieber zu bemerken. Ich fragte mich, was dieses Mal mit seinem Bein passiert sein mochte. Eine frische Wunde genau an der Stelle einer alten und nie richtig auskurierten Verletzung. Daran würde er geraume Zeit laborieren, das stand fest. Ich beeilte mich, meine Besorgungen zu erledigen.
In der Küche unterbrach ich Sarah beim Puddingkochen und erzählte ihr von dem verletzten und kranken Burrich auf meinem Zimmer. Ich log und behauptete, er wäre völlig ausgehungert, und ob ein Junge nicht etwas zu essen und zwei Eimer sauberes, heißes Wasser nach oben bringen könne. Sofort gab sie den Rührlöffel an eine Magd weiter und begann, mit Tabletts, Teekannen und Besteck zu klappern. Sehr bald würde ich genug zu essen haben, um in meinem Zimmer ein kleines Bankett zu veranstalten.
Anschließend lief ich zum Stall hinüber, um Flink Bescheid zu geben, dass Burrich oben in meinem Zimmer war und vorläufig auch dort bleiben würde. Dann erklomm ich die Stiege zu Burrichs Kammer, weil ich dort die Kräuter und Wurzeln holen wollte, die ich brauchte. Als ich die Tür aufmachte, schlug mir Eiseskälte entgegen. Feuchtigkeit war in die Kammer gezogen, weshalb die Luft schal und abgestanden roch. Ich nahm mir vor, jemanden danach zu schicken, hier ein Feuer zu machen und einen Vorrat an Holz, Wasser und Kerzen heraufzubringen. Burrich hatte damit gerechnet, den ganzen Winter fort zu sein, und wie es für ihn typisch war, hatte er seine Unterkunft peinlichst sauber und aufgeräumt hinterlassen. Ich fand einige Töpfe mit Salbe, aber keine getrockneten Kräuter. Entweder hatte er sie mitgenommen oder vor seiner Abreise weggegeben.
Ich stand in der Mitte des Raums und schaute mich um. Seit Monaten war ich nicht mehr hier gewesen. Kindheitserinnerungen wurden wach: die vielen Stunden vor diesem Kamin, als ich mit dem Ausbessern oder Einfetten von Zaumzeug beschäftigt war. Dann der Schlafplatz mit einer Matte hier vor dem Kaminfeuer. Nosy, der erste Hund, dem ich mich je verschwistert hatte. Burrich hatte ihn später weggeschafft, damit ich nicht in Versuchung geriet, von der alten Macht Gebrauch zu machen. Ich schüttelte den Kopf bei der Flut der widerstreitenden Gefühle, drehte mich um und ging.
Die nächste Tür, an die ich klopfte, war die von Philia. Lacey öffnete, und ein Blick in mein Gesicht genügte ihr, um zu fragen: »Was ist geschehen?«
»Burrich ist wieder da. Er ist oben in meinem Zimmer. Verletzt. Ich habe nicht mehr viel an Heilkräutern …«
»Hast du nach dem Medikus geschickt?«
Ich zögerte. »Burrich will immer, dass alles nach seinem Kopf geht.«
»Das kann man wohl sagen.« Es war Philia, die das Wohngemach betrat. »Was hat der Verrückte sich nun wieder angetan? Ist Prinz Veritas wohlauf?«
»Der Prinz und sein Gefolge wurden angegriffen.
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