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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Es war einst Els Gebot, erklärte sie. Ich hätte mich taub gestellt, hätte sie sich nicht über den Tisch gebeugt und lächelnd gefragt: »Hast du von diesem Brauch gewusst, Bastard?«
    Ich warf einen Blick zu Herzog Brawndy am Kopf der Tafel, doch er war in ein lebhaftes Gespräch mit seiner ältesten Tochter vertieft und schaute nicht in meine Richtung. »Ich glaube, er ist so alt wie der Brauch der Höflichkeit eines Gastes gegenüber den anderen am Tisch des Gastgebers«, antwortete ich so gelassen, wie es mir möglich war. Ich war ein Köder. Brawndy hatte mich ihr als Köder gegenübergesetzt. Noch nie war ich derart offenkundig als Schachfigur missbraucht worden. Ich wappnete mich und versuchte, persönliche Gefühle außer Acht zu lassen. Wenigstens war ich nicht unvorbereitet.
    »Mancher könnte auf den Gedanken kommen zu sagen, es wäre ein Beweis für die Minderwertigkeit des Geschlechts der Weitseher, dass dein Vater unkeusch sein hochzeitliches Lager bestiegen hat. Ich würde mich selbstverständlich nicht in dieser Weise über meines Königs Familie äußern. Doch sag mir - wie haben ihre Verwandten die Hurerei deiner Mutter aufgefasst?«
    Ich lächelte liebenswürdig, denn plötzlich hatte ich weit weniger Skrupel wegen meines Vorhabens. »Ich habe kaum eine Erinnerung an meine Mutter oder ihre Verwandten«, antwortete ich leichthin, »doch ich kann mir vorstellen, dass sie dachten wie ich. Besser eine Hure oder der Spross einer Hure sein, als seinen König zu verraten.«
    Mit dem Weinglas in der Hand wandte ich mich wieder Zelerita zu. Ihre dunklen Augen weiteten sich vor Schrecken und ihr Atem stockte, als sich plötzlich Viragos Gürtelmesser wenige Zentimeter vor meinem Ellenbogen in die Platte der herzoglichen Festtafel bohrte. Ich hatte damit gerechnet, hob ruhig den Kopf und schaute Virago ins Gesicht. Sie stand vor ihrem zurückgeschobenen Stuhl, ihre Augen funkelten, ihre Nasenflügel bebten. Mit den zornroten Wangen sah sie noch schöner aus.
    Ich schlug einen sanften Ton an. »Sagt mir, Ihr lehrt die Alten Bräuche, nicht wahr? Und dann haltet Ihr Euch nicht an das Gesetz, das verbietet, in einem Hause Blut zu vergießen, in dem Ihr zu Gast seid?«
    »Ist denn ein Tropfen deines Blutes geflossen?«, antwortete sie mit einer Gegenfrage.
    »Genauso wenig wie deines. Ich will nicht, dass man dem Herzog nachsagen kann, er habe zugelassen, dass seine Gäste sich über seinem Brot erschlagen. Oder gilt Euch die Achtung vor dem Herzog so wenig wie Euer Treueschwur gegenüber dem König?«
    »Ich habe deinem schwachen Weitseher-König keine Treue geschworen«, zischte sie.
    Füßescharren und Stühlerücken auf beiden Seiten des Tisches. Teils fand man offenbar, das ginge zu weit, teils wollte man einfach besser sehen können, was geschah. Einige Gäste wenigstens waren gekommen, um Zeuge zu sein, wie sie mich unter dem Dach des Herzogs herausforderte. Der ganze Vorfall war so sorgfältig geplant wie ein Kriegszug. Wusste sie, wie sorgfältig auch ich geplant hatte? Wusste sie etwas von dem kleinen Päckchen in meinem Ärmelaufschlag? Ich fixierte sie mit meinem Blick, während ich sprach. »Ich habe von Euch gehört. Jene, die Ihr zur Rebellion verführen wollt, wären besser beraten, nach Bocksburg zu gehen. Kronprinz Veritas hat einen Ruf ausgesandt an alle, die mit Waffen umzugehen verstehen, dass sie kommen sollen, um seine Kriegsschiffe zu bemannen und unter seinem Banner wider die Outislander zu streiten, die unser aller Feinde sind. Das, glaube ich, wäre ein weit besserer Prüfstein für die Fähigkeiten eines Kriegers, ein weit ehrenhafteres Ansinnen, als sich gegen Führer zu wenden, denen man die Treue geschworen hat, oder bei Vollmond auf den Klippen das Blut eines Bullen zu vergießen, wenn dasselbe Fleisch dazu dienen könnte, die Not unserer Landsleute zu lindern, die von den Roten Korsaren heimgesucht wurden.«
    Ich hatte mich in eine Begeisterung hineingeredet, denn ich glaubte an das, was ich sagte. Viragos Miene verriet Erstaunen darüber, wie viel ich von ihrem Treiben wusste. Ich beugte mich weiter vor, über ihren Teller und Becher, bis ich ihr aus nächster Nähe ins Gesicht sah. »Sagt mir, Tapferste der Tapferen, habt Ihr je die Waffe gegen einen anderen als einen Landsmann erhoben? Gegen Rote Korsaren? Nein? - Das dachte ich mir. Um wie viel einfacher, einen Gastgeber zu beleidigen oder eines Nachbarn Sohn zu verstümmeln, als einem Feind gegenüberzutreten, der gekommen

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