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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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trug sie eine in allen Regenbogenfarben gestrickte Mütze, die aber nicht verhindert hatte, dass der Wind mit ihren langen flachsgelben Haaren sein Spiel trieb, es zurückwehte und in wirren Strähnen über ihre Schultern ausbreitete. Sie saß hoch und nach vorn heraus im Sattel, nach Art der Bergvölker, und ihr Pferd Federleicht schien zu glauben, sie solle tänzeln als nur einherzuschreiten. Die silbernen Glöckchen am Zaumzeug der kastanienbraunen Stute klingelten in der klaren Morgenluft wie Eiszapfen.
    Durch ihre Erscheinung hob sie sich von ihren Hofdamen in den unförmigen Röcken und Um hängen ab, doch nicht als eine ihrem Stand entsprechend in kostbare Stoffe gehüllte und mit Juwelen geschmückte Edelfrau, sondern fast wie ein Falke in einem Schwarm von Singvögeln. Mich erinnerte sie an eine fremdländische Kriegerin aus nordischen Regionen oder an eine Abenteuerin aus einer alten Sage. Ob es klug war, dass sie sich so vor ihren Untertanen zeigte?
    Prinz Edel ritt neben Kettricken. Sie schienen sich gut zu unterhalten, denn man hörte sie lachen. Als ich näher kam, ließ ich Rußflocke langsamer gehen. Kettricken sah zu mir, lächelte und hätte haltgemacht, um mich zu begrüßen, doch Prinz Edel nickte nur frostig und ermunterte sein Pferd, in fortgesetzten Trab zu fallen. Kettrickens Stute wollte nicht zurückbleiben und folgte trotz der kurz genommenen Zügel. Einen ebenso kühlen Gruß erhielt ich von dem Gefolge, das hinter der Königin und dem Prinzen einherritt. Ich hielt an, um den Pulk vorbeizulassen, dann setzte ich mit einem unguten Gefühl den Weg nach Bocksburg fort. Ich musste an Kettricken denken, wie verändert sie gewesen war; eine solche Lebendigkeit wie die von der frischen Luft rosig gefärbten Wangen und dem so herzlich vergnügten Lächeln, wie sie es Edel geschenkt hatte, hatte ich noch selten bei ihr gesehen. Sollte sie wirklich so gutgläubig sein, ihm zu vertrauen?
    Der Gedanke ließ mir keine Ruhe, während ich Rußflocke absattelte und trockenrieb. Als ich mich bückte, um nach ihren Hufen zu sehen, spürte ich, wie Burrich mich über die Trennwand hinweg beobachtete. »Wie lange geht das schon?«, fragte ich.
    Er wusste, worauf ich anspielte.
    »Ein paar Tage, nachdem du weggeritten warst, fing es an. Er brachte sie mit hierher und machte ihr schöne Worte. Es sei eine Schande, dass die Königin oben in der Burg wie eingesperrt säße, schließlich hätte sie in ihrer Heimat ein freies, abwechslungsreiches Leben geführt. Nun habe er sich von ihr über reden lassen, ihr Reitunterricht nach unserer Art zu geben. Dann befahl er mir, Federleicht den Sattel aufzulegen, den Veritas für seine Königin angefertigt hat, und fort waren sie. Nun, was sollte ich tun oder sagen?«, verteidigte er sich heftig, als ich mich zu ihm wandte und ihn fragend ansah. »Du hast es selber vor einiger Zeit gesagt, wir sind Vasallen des Königs. Und Edel ist ein Prinz aus dem Geschlecht der Weitseher. Und selbst wenn ich gegen meinen Schwur gehandelt und ihm den Gehorsam verweigert hätte, da stand meine Kronprinzessin und wartete darauf, dass man ihr zum Aus ritt ein gesatteltes Ross vorführte.«
    Meine beschwichtigende Handbewegung mahnte Burrich daran, dass seine Worte fast an Hochverrat grenzten. Er trat zu mir in die Box und kraulte Rußflocke hinter dem Ohr.
    »Du konntest nicht anders handeln«, gab ich zu. »Aber ich zerbreche mir den Kopf, was seine wirkliche Absicht sein mag. Und weshalb sie ihn in ihrer Nähe duldet.«
    »Seine Absicht? Vielleicht will er sich nur bei ihr einschmeicheln. Es ist kein Geheimnis, dass sie oben in der Burg verkümmert. Oh, sie ist zu allen freundlich und beklagt sich nicht, doch ihr mangelt an Talent, sich zu verstellen, und man sieht es ihr an, dass sie nicht glücklich ist.«
    »Mag sein.« Dann hob ich ruckartig den Kopf, nicht anders als ein Hund, der seinen Herrn pfeifen hört. »Ich muss gehen. Kronprinz Veritas …« Ich verlor kein weiteres Wort darüber. Burrich musste nicht wissen, dass ich mittels der Gabe gerufen worden war. Ich warf mir die Satteltasche mit der sorgfältig angefertigten Kopie der Schriftrolle über die Schulter und schlug den Weg zu den herrschaftlichen Gemächern ein.
    Ohne erst die Kleider zu wechseln oder mich auch nur am Herdfeuer in der Küche aufzuwärmen, stieg ich so fort die Treppe zu Veritas’ Kartenzimmer hinauf. Die Tür stand einen Spalt offen. Ich klopfte nur einmal und trat ein. Veritas beugte sich über eine

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