Five Stars 02 - Wildes Verlangen
laute Prasseln der tropischen Regengüsse die Aufnahmen. In den nächsten Tagen brauchten wir gute, ausdrucksstarke Bilder von den verbliebenen Kandidaten und dazu benötigten wir vor allem eins: Sonne, Strand und Palmen. Charly und ich diskutierten uns die Köpfe heiß, wie wir das Problem lösen könnten. Ich schlug einen Segeltörn vor, aber Steve winkte ab. Erstens garantierte uns niemand, dass wir auf dem Meer besseres Wetter hätten, auch wenn die Meteorologen das behaupteten, und zweitens waren die Verhältnisse auf einem Boot für unsere Technik viel zu beengt.
Mit sanftem Druck massierte ich meine Schläfen, um den Kopfschmerz zu besiegen.
»Du kannst dich leider nicht ausruhen.« Ich sah Charlys Blick an, dass sie sich um mich sorgte. Kein Wunder, ich war heute Morgen beim Blick in den Spiegel selbst erschrocken. Der Stress in der Produktion und die Sorge um Daniel ließen mich keine Nacht durchschlafen. Meine Bemühungen, ihn ausfindig zu machen, waren allesamt gescheitert. Ich hatte mehr als ein Dutzend Hotels in Neuseeland angerufen, aber in keinem war er abgestiegen. Charly hatte die Idee, einen Reiseruf im neuseeländischen Rundfunk zu starten, ebenfalls ohne Ergebnis. Ich schrieb ihm Tag für Tag E-Mails und SMS, flehte ihn an, mir wenigstens ein Lebenszeichen zu geben. Ich könnte alles ertragen, schrieb ich, würde es sogar akzeptieren, wenn er mich verließe, aber er solle mir die Sorge nehmen, ihm wäre etwas passiert. Dieser Gedanke schlich sich nämlich in den letzten Tagen mehr und mehr in meinen Kopf. Es konnte doch einfach nicht sein, dass dieser gefühlvolle Mann mein Betteln ignorierte. Charly war meine große Stütze, ohne sie wäre ich vermutlich längst zusammengebrochen. Jetzt strich sie mir sanft über den Kopf.
»Du kannst dich leider nicht ausruhen, Violetta. Steve hat das ganze Team zu einer Krisensitzung zusammengerufen.«
Ich stöhnte auf, raffte aber trotzdem meine letzten Kräfte zusammen und stand auf.
Zehn Minuten später saßen wir in der Bar. Die meisten hatten längst einen Drink vor sich stehen, denn auch wenn es sich um eine dienstliche Besprechung handelte, heute gingen wir nicht auf Sendung und dann war Alkohol erlaubt.
»Du solltest auch was trinken«, sagte Charly und schaute mich fragend an.
»Etwas Starkes«, sagte ich und nippte kurze Zeit später an einem Whisky. Valerius würde das billige Zeug nicht anrühren, dachte ich und musste lächeln bei dem Gedanken an den Autor meiner liebsten Kinderbücher, den ich vor Monaten zufällig in einer Flughafenlounge getroffen und mit dem ich mich später noch einmal verabredet hatte. Fred Valerius, der Name nistete sich in meinem Kopf ein. Im Moment konnte ich ihn aber nicht weiterspinnen, denn Katja giftete vor sich hin.
»Ihr sitzt hier und feiert die tollen Quoten, dabei könnt ihr euch nichts dafür kaufen. Wenn wir das Niveau nicht halten, wird es keine zweite Staffel geben, das garantiere ich euch. Ihr wisst ja selber, was das heißt. Wie viele von euch werden danach auf der Straße stehen? Es gib ja kaum noch neue Produktionen.«
Das fröhliche Geplapper der Anwesenden erstarb und wich einem bleiernen Schweigen. Sie schaute sich triumphierend im Raum um und sah in ängstliche Gesichter. Sie hatte Recht, wenn Silberberg die Serie einstellte, müssten nicht wenige im Raum Hartz IV beantragen.
Katja richtete sich zu voller Größe auf. »Die Produktion ist auf einem schrecklich amateurhaften Niveau.«
Ich sah, wie Steve zusammenzuckte. Katja hatte es auch bemerkt, denn sie setzte sofort hinzu: »Das hat nichts mit Steve zu tun, sondern mit unserer genialen Agentur für Casting und Locations. Die fünf Sterne kann sie nur auf dem Jahrmarkt geschossen haben.« Das Gift spritzte aus ihrem Mund und ich duckte mich unwillkürlich. Alle Augen waren auf Steve gerichtet. Es war ein offenes Geheimnis, das er mit Katja schlief, weshalb alle erwarteten, dass er ins gleiche Horn stieß. Er aber überraschte uns alle.
»Halt den Mund, Katja. Wir haben unser kleines Flirthotel gemeinsam dahin gebracht, wo es heute ist: an die Spitze der Unterhaltungscharts. Das verdanken wir jedem einzelnen Mitglied des Teams.« Er machte eine Pause und schaute direkt Katja in die Augen. In diesem Moment spürte ich den Riss zwischen ihnen. Hatte sie Steve aus dem Bett geworfen, weil sie glaubte, ihn nicht mehr zu brauchen? »Violetta hat keine große Erfahrung, da macht man Fehler und wir sitzen jetzt hier im Regen. Die Kandidaten
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