Five Stars 02 - Wildes Verlangen
viel Hoffnung, Violetta. Neuseeland ist zwar nicht riesig, aber wenn jemand verschwinden will, ist es geradezu ideal,. Die Leute hier halten nicht viel von Kontrollen. Ich werde trotzdem ein paar Kontakte spielen lassen, vielleicht … .«
Meinen Jubelschrei, mit dem ich seinen Satz unterbrach, kommentierte er mit einem grollenden Lachen und fünf Minuten später stand ich laut pfeifend unter der Dusche.
Kaum hatte ich mich halbewegs abgetrocknete, läutete das Handy schon wieder. Das ging aber schnell, dachte ich freudig und nahm ab. Statt der warmen Stimme von Valerius, antwortete ein scheinbar sehr alter Mann mit einer brüchigen, leicht ins Falsett fallenden Stimme.
»Guten Tag, mein Name ist Bernheim, Sie hatten mich um einen Rückruf gebeten.«
Der große Bernheim, einer der wichtigsten Bankiers des letzten Jahrhunderts, rief mich an. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte ich vor Aufregung keinen Ton herausgebracht, jetzt sah ich nur die Chance, etwas über Daniel zu erfahren. Ich erzählte ihm in Kurzform und selbstverständlich ohne pikante Details von unserem Treffen in seiner Villa in Ubud und seinem anschießenden Verschwinden.
Bernheim schnaubte leise. »Schön, dass sich mein alter Freund mal wieder an den Platz erinnert hat, der ihm und auch mir immer so viel bedeutete.«
Er legte eine lange Pause ein, fast glaubte ich, die Verbindung wäre unterbrochen, doch die dann folgenden Worte zogen mir fast den Boden unter den Füßen weg. »Ich mache mir große Sorgen um Daniel. Es geht ihm nicht gut, aber er schweigt sich selbst mir gegenüber aus. Wenn Sie etwas erfahren, lassen Sie es mich bitte wissen.«
Ich versprach es und legte auf. Sekunden später überschwemmten Tränen meine Augen. Schluchzend ließ ich mich aufs Bett fallen. Jeder Hoffnungsschimmer, Daniel zu finden und endlich eine Erklärung zu bekommen, wurde augenblicklich zerstört. Wenn er selbst seinen alten Freund im Unklaren ließ, musste er verzweifelt sein. Anscheinend hatte er sich von der ganzen Welt zurückgezogen, lebte in einem Schneckenhaus, das niemand kennen sollte. Ich konnte mir nur einen Grund vorstellen: Daniel war die Unabhängigkeit in Person, er wollte niemals von einem anderen Menschen abhängig sein oder ihm zur Last fallen. Wir hatten einmal darüber gesprochen, wie wir uns unser Leben im Alter vorstellten. Als ich auf das Thema Pflegebedürftigkeit zu sprechen kam, wurde er schweigsam. Erst als ich sagte, dass ich mir wünschte, in der Geborgenheit von Freunden und der Familie alt zu werden und zu sterben, sagte er: »Wie kannst du das sagen? Wie kannst du von jemandem verlangen, dass er dich freiwillig durch Siechtum und Sterben begleitet? Lieber zahle ich für professionelle Hilfe.«
Damals war ich schockiert und wechselte schnell das Thema. Heute lief mir beim Gedanken daran, ein kalter Schauer über den Rücken. Hatte er seine Ankündigung wahrgemacht? Ging es ihm so schlecht, dass er sich nur noch mit Menschen umgeben wollte, die er für seine Dienste bezahlte?
Schon wieder klingelte das Telefon. Steve fragte wütend, wo ich bliebe. Alle hatten sich längst zum letzten Kandidatenbriefing versammelt und warteten nur noch auf mich. Für einen Augenblick überlegte ich, alles hinzuwerfen und nach Neuseeland zu fliegen. Stattdessen atmete ich tief durch und sagte matt: »Ich bin in fünf Minuten bei euch.«
Dreizehn
Jonas hätte beinahe die Fassung verloren, als er erfuhr, dass er die kommende Nacht nicht alleine, sondern mit Kim in einem Zimmer verbringen würde, die spöttisch »das wird ein Spaß« rief, woraufhin Marvin diabolisch lachte, eine Emotionsäußerung, die ich ihm kaum zugetraut hätte. Laura blieb äußerlich völlig ruhig, nur das leichte Zittern ihres rechten Fußes deutete an, wie aufgeregt sie war. Nachdem Steve den Ablauf dieser finalen Aktion einschließlich der Tatsache, dass die Türen der Schlafzimmer geschlossen bleiben würden, erläutert hatte, blieben uns noch zwei Stunden. Wie Boxtrainer, die sich kurz vor einem Kampf noch einmal mit ihren Schützlingen zurückzogen, um die Strategie für den Fight zu besprechen, saß ich mit Laura, Jonas und Charly im Wohnzimmer meiner Villa, während Katja sich um Kim und Marvin kümmerte. Jonas lümmelte sich auf meinem Sofa herum, anscheinend hatte er die Fassung wiedergewonnen. »Okay, was soll ich tun? Über sie herfallen?«
Ich beobachtete Laura, die bei dieser flapsigen Bemerkung tief einatmete und dabei ihre Unterlippe zwischen die
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