Five Stars - Gefaehrliche Versuchung
wobei das nicht das Schlimmste war. Wirklich Angst machte mir das Design der Maschine, dass eindeutig auf die fünfziger Jahre hindeutete. Ich stieg die klapprige Treppe hinauf. In der Kabine traf mich fast der Schlag. Die mit verschossenem, blau geblümtem Stoff bezogenen Sitze hatten schon wesentlich bessere Zeiten gesehen. Je drei von ihnen verteilten sich auf sechs Reihen. Meine Bordkarte wies mir einen der einzelnen Sitze links zu, rechts vom Gang befand sich eine Zweierreihe. Ich zwängte mich auf meinen Platz und starrte auf das Sitzgestänge vor mir, das deutliche Rostspuren aufwies. Es dauerte keine Minute und die Kabinentür wurde geschlossen. Durch die offene Cockpittür lächelte uns ein viel zu jung aussehender Flugkapitän zu. Er grinste mich an, was ich als Ablenkungsversuch vom Zustand des Flugzeuges und der Unerfahrenheit des Personals deutete. Eine Sicherheitseinweisung gab es nur in Gestalt des Hinweises, dass sich Schwimmwesten unter den Sitzen befänden. Während das Flugzeug zur Startbahn rollte, krallte ich mich an meinem Sitz fest. Plötzlich tauchte Daniel Mattis, der zwei Reihen hinter mir saß, neben mir auf und ließ sich in den Nachbarsitz fallen. »Sie fliegen das erste Mal mit so einer Maschine?«
Ich nickte stumm.
»Keine Angst. Die Twin Otter ist das Arbeitstier der Lüfte, seit fünfzig Jahren unermüdlich im Einsatz und so sicher, wie kaum ein anderes Fabrikat. Sie sollten es genießen.«
Er deutete auf das große, ovale Fenster. Ich blickte genau in dem Moment vorsichtig zur Seite, als die Maschine abhob. Ein paar Sekunden später sah ich unter mir das tiefblaue Meer, aus dem einige Felsen wie Nadeln hervorragten. Mattis öffnete seinen Sicherheitsgurt und beugte sich zu mir herüber. »Machen Sie es sich doch bequem.« Er drückte die Lehne des Sitzes vor mir nach vorne, sodass ich die Beine ausstrecken konnte. Als er mein Erstaunen bemerkte, lachte er jungenhaft. »In diesen Flugzeugen reist man wie auf einem fliegenden Teppich. Wunderbar, oder?« Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, seinen Duft aufzusaugen, um zu antworten. Männerstimmen wie Daniels konnten mich um den Verstand bringen, wenn sie aber noch so rochen wie er, musste ich um Fassung ringen. Er hatte ein Parfüm oder Deo benutzt, das leicht nach Sandelholz und Limetten roch. Dazu kam eine kaum wahrnehmbare Note von frischem Schweiß. Ich schloss die Augen und lehnte mich zurück, was er als Zeichen dafür deutete, dass seine Bemühungen um meine Bequemlichkeit Wirkung zeigten.
»Schlafen sollten Sie allerdings nicht. Dafür ist die Szenerie, die unter uns vorbeizieht, zu spektakulär.«
Er hatte recht. Die Farben des Meeres changierten in allen erdenklichen Blautönen. Das Sonnenlicht brach sich in Millionen kleinster Sprenkel und zauberte ein glitzerndes Band auf das spiegelglatte Wasser. Hin und wieder tauchten winzige Inseln auf, teils kahl und bizarr, teils grün und lieblich. Ich hätte diesem Schauspiel ewig zuschauen können, aber bereits nach einer halben Stunde landeten wir auf Denis Island.
Hätte ich gewusst, was man hier Flugplatz nannte, wäre ich niemals in diese Maschine gestiegen. Das Wort Landebahn suggeriert etwas völlig Falsches. Es handelte sich um einen sich quer über die Insel ziehenden Streifen kurz gemähten Rasens, lins und rechts gesäumt von Palmen. Rumpelnd setzte das Flugzeug auf und holperte über die Piste. Kurz vor Ende des Grasstreifens kam es zum Stehen und fuhr an den Rand. Ich sah kein Gebäude, nur einen reetgedeckten, kleinen Pavillon, vor dem einige Golf Carts parkten. Ich kletterte mit weichen Knien die Gangway hinunter. Daniel reichte mir galant die Hand, was Katja, die vor mir ausgestiegen war, mit einem eiskalten Blick beobachtete, dessen Hintergrund ich nicht zu deuten vermochte. Irgendetwas zwischen Spott und Eifersucht.
Die Passagiere wurden in die Golf Carts verfrachtet und nach zwei Minuten erreichten wir eine offene, von einem auf Bambussäulen ruhenden Dach geschützte Halle, zu der mehrere Stufen hinaufführten. Oben erwartete uns ein Spalier von Hotelmitarbeiterinnen, die uns heiße Tücher und kühle Drinks servierten. Ich nahm einen alkoholfreien Cocktail, Hochprozentiges hatte ich in den vergangenen vierundzwanzig Stunden genug getrunken. Der Drink schmeckte köstlich und ich wollte Daniel fragen, um welche Früchte es sich handelte, aber er war verschwunden. Samira klopfte gegen einen kleinen Gong und stellte sich als Assistentin des Hoteldirektors
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