Five Stars - Gefaehrliche Versuchung
ich einen alten Waschlappen verschluckt. Ich leckte mir die Lippen.
»Durst?«, fragte Maik und reichte mir eine halb ausgetrunkene Mineralwasserflasche. Ich überwand mich und trank sie in einem Zug leer. Jetzt noch die Landung überstehen und dann einen starken Kaffee. Ich versuchte an meinem Nebenmann vorbei einen Blick aus dem Fenster zu erhaschen. Nichts als blauer Himmel und Wolken.
Eine halbe Stunde später stand ich in der Ankunftshalle des Flughafens von Viktoria, der angeblich kleinsten Hauptstadt der Welt. Der Airport machte diesem Attribut alle Ehre. Positiv formuliert war er überschaubar, dafür aber umso lauter. Die Luft war unangenehm stickig. Zum Glück war ich Maik los, der seinen Urlaub auf der Hauptinsel verbringen würde. Unser Anschlussflug nach Denis Island ging in anderthalb Stunden. Als erstes suchte ich die Waschräume auf und versuchte, mich einigermaßen herzurichten. Eine Dusche wäre das Richtige gewesen, aber für den Moment musste eine Handvoll eiskaltes Wasser ins Gesicht und ein Mundspray reichen. Ich ärgerte mich, nicht eines der Sommerkleider in das Handgepäck gepackt zu haben und die Tropenhitze in Jeans und Sweatshirt aushalten zu müssen.
Als ich zurück in die Flughafenhalle kam, sah ich Katja an einem Tisch des einzigen Cafés, mit einem Kellner die Bestellung diskutierend. Sie hatte sich umgezogen, trug einen senffarbenen, kurzen Rock und eine weite Leinenbluse, hatte die Beine übereinandergeschlagen und wippte mit dem Fuß, auf dem locker eine atemberaubende Sandale baumelte, von deren Preis ich sicherlich einen Monat hätte leben können. Sie sah aus wie aus dem Ei gepellt, strahlend und frisch. Businessclass eben. Ich wollte mich gerade in eine andere Ecke der Halle verdrücken, als sie mich sah und herbeiwinkte. Ich trottete so langsam ich konnte zu ihr, zum einen, um Zeit zu gewinnen, vor allem aber, um nicht noch mehr ins Schwitzen zu geraten.
»Setz dich!«, kommandierte mich Katja auf den freien Stuhl an ihrem Tisch. »Hast du die Präsentation überarbeitet?«
Ach du heilige Scheiße. Wie war das noch mal? Ich versuchte mich an unser Gespräch vor dem Abflug zu erinnern, mir fiel aber nur Fred Valerius ein. Vermutlich zauberte diese Erinnerung ein Lächeln auf mein Gesicht, denn Katja fauchte mich an. »Was grinst du so? Hast du die Charts nun überarbeitet oder nicht?«
Ich schluckte und nickte tapfer. Da war doch mein verwegener Plan, jetzt blieb mir gar nichts anderes übrig, als ihn in die Tat umzusetzen. »Ja klar, ich schicke sie dir gleich als E-Mail«.
Ich griff in meine Tasche und öffnete das Notebook. Während ich wartete, dass mein Rechner sich in das W-LAN des Flughafens einwählte, brachte der Kellner einen Eiskaffee für Katja und ich bestellte einen Mokka. Doppelt. Endlich war die Verbindung hergestellt. Ich suchte auf der Festplatte die alte Präsentation. Zum Glück dachte ich daran, sie umzubenennen und mit dem heutigen Datum zu versehen, ehe ich sie Katja schickte.
Der Blick in meinen E-Mail-Eingang enttäuschte mich. Keine Nachricht von Viktor. War er sauer auf mich? Aber warum? Wir hatten uns wirklich in eine Sackgasse manövriert. Irgendwie wurden wir mit dem Druck nicht mehr fertig. Ich musste dringend eine bezahlte Stelle finden und er sein Examen machen, anstatt mit seinen Kumpels im Probenraum rumzuhängen und vom Rockstarleben zu träumen. Wenn wir diese elende Geldnot nicht endlich hinter uns ließen, zerstörte sie am Ende unsere Liebe. Na ja, zumindest das bisschen, das noch da war. Ich seufzte und Katja schaute mich mit gehobenen Augenbrauen an. »Müde?« Zum Glück deutete sie es falsch und ich nickte. »Na ja, ist ja nicht so angenehm da hinten auf den billigen Plätzen.« Sie lachte und der Zynismus perlte aus jeder ihrer Poren. Am liebsten wäre ich aufgesprungen, aber in diesem Moment brachte der Kellner meinen Kaffee, den ich gierig herunterstürzte. Der Ober blieb neben mir stehen, anscheinend erwartete er, dass ich die Rechnung sofort beglich. Da Katja keine Anstalten machte, das zu übernehmen, obwohl sie über ein prall gefülltes Spesenkonto verfügte, griff ich nach dem Kassenbon. 150 Seychelles Rupee standen dort zu Buche. Wie war noch mal der Kurs? Ich überschlug es und schaute den Kellner zweifelnd an, der mich aber nur freundlich anlächelte. Zehn Euro für diese lauwarme, dünne Brühe? Ich legte meine Kreditkarte auf das Tellerchen und hoffte, dass sie noch nicht gesperrt war. Als er sie mir kurze
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