Five Stars - Gefaehrliche Versuchung
denn heißen? Ich bin nicht weggerannt, sondern Daniel Mattis hat uns eiskalt rausgeschmissen.«
König führte das Glas zum Mund und ließ mich nicht aus den Augen, als er trank. Erst nachdem er sich genüsslich die Lippen geleckt hatte, sagte er, dabei leicht den Kopf schüttelnd: »Das klang bei ihm aber anders. Er sagte mir vor einer halben Stunde am Telefon, dass er zwar das Team nach Hause geschickt hätte, aber selbstverständlich davon ausgegangen wäre, dass die Account Managerin vor Ort geblieben wäre, um die Scherben aufzukehren.« Er machte eine Pause und schaute in das Glas, als verberge sich in der hellbraunen Flüssigkeit ein Geheimnis. »Genau das waren seine Worte, Violetta.«
Ich war fassungslos. Hatte Daniel wirklich erwartet, dass ich auf Denis Island blieb und mich noch mehr von ihm demütigen ließ? Er hatte mir doch klipp und klar zu verstehen gegeben, dass die Kampagne ohne die prominenten Gäste in seinen Augen sinnlos war. Was sonst hätte ich also tun sollen, als mit den anderen abzureisen? Ich krallte meine Finger in die Armlehne des Sessels, um nicht zu explodieren. König merkte, dass ich mit den Tränen rang.
»Selbstverständlich werde ich versuchen, Mister Mattis umzustimmen. Eine Reputation auf dem Social-Media-Sektor stünde uns Königskindern ganz gut zu Gesicht.« Er lächelte, wie er es stets tat, wenn er den von ihm erfundenen Agenturnamen derart fließend in einen Satz einbauen konnte. »Wir könnten den Auftrag innerhalb kürzester Frist abarbeiten, die Vorarbeiten sind ja alle geleistet. Wenn wir ihm finanziell etwas entgegenkommen, wird Mattis sicher seinen Vorteil erkennen.«
Ich lockerte meinen Griff und versuchte, die Anspannung aus meinem Körper zu bekommen. König hatte Recht. Ich hatte so viel Arbeit in das Projekt gesteckt, dass es wahnsinnig wäre, nicht alles zu versuchen, um Daniel doch noch zu einer Umsetzung zu bewegen. Und wer weiß, wenn ich erst einmal auf den Seychellen wäre und ihn dort träfe ... . Die Atmosphäre auf Denis Island war für uns etwas besonderes. Allein der Gedanke daran, mit ihm in einem der Chalets zusammen zu sein, ließ meine Hände feucht werden. Ich würde ihm beweisen, dass ich ihn nicht nur im Bett befriedigen konnte, sondern auch etwas von meinem Job verstand. Wenn ich ihm erst einmal gezeigt hatte, dass ich keine Versagerin war .... .
König holte mich aus meinem Tagtraum. »Es tut mir leid, aber für Sie ist leider kein Platz mehr in unserem Team, Violetta. Aber das sehen Sie bestimmt selber so.«
Ich glaubte, mich verhört zu haben. Nein, ich sah das ganz und gar nicht so. Und was hieß hier überhaupt Team? Ein Haufen egoistischer, selbstverliebter Idioten waren sie. Der Name Königskinder sagte doch schon alles! Am liebsten hätte ich das König vor den Kopf geschleudert, aber ich drehte mich schweigend zur Seite und riss mich zusammen. Den Triumph, dass ich mich vor ihm gehen ließ, wollte ich ihm nicht auch noch gönnen.
»Es freut mich, dass Sie das so gefasst aufnehmen, Violetta. Ich habe Ihre Papiere im Personalbüro bereitlegen lassen, da Sie ja noch in der Probezeit sind, ist eine fristlose Kündigung jederzeit möglich.«
Was für ein alter Sack, dachte ich. Wie er da sitzt und genüsslich seinem alten, sauteueren Cognac schlürft, gab er den perfekten Ausbeuter ab. Als hätte er meine Gedanken gelesen, fügte er hinzu: »Aber wir sind ja gar nicht so. Ihr Gehalt bekommen Sie noch bis zum Monatsende.«
Neunzehn
Als ich vor der Wohnungstür stand, dachte ich einen Moment, ich sollte nicht hineingehen. Da drin war mein altes Leben und das hatte sich gerade in Luft aufgelöst. »Ha!«, lachte ich hämisch auf, vorgestern hätte ich meine Vergangenheit am liebsten komplett hinter mir gelassen, um mit Daniel in eine ungewisse Zukunft zu gehen und jetzt greinte ich hier rum, weil alle Kartenhäuser zusammenbrachen. Ich öffnete die Tür und ging schnurstracks ins Badezimmer. Ich brauchte eine Dusche nach dem Flug und der Abreibung in der Agentur. Viktor war nicht da, sonst hätte die Wohnung nicht so aufgeräumt ausgesehen. Seltsamerweise war ich traurig, dass er mich nicht erwartete, dann fiel mir ein, dass ich vier Tage früher heimkam, als geplant und er davon nichts wusste. Ich stellte mich vor das Waschbecken, um mich abzuschminken. Was für ein treffendes Bild. Ich konnte mir im wahrsten Sinn des Wortes alles abschminken, meine Karriere, meine Zukunft. Ich stand geschlagene zehn Minuten vor dem Spiegel
Weitere Kostenlose Bücher