Five Stars - Gefaehrliche Versuchung
Teil zu belegen. Weißt du eigentlich, was uns jeder Tag hier kostet?«
Ich musste mich am Rezeptionstresen festhalten, denn plötzlich schien der Boden unter mir zu schwanken. Tat sich da etwa eine Erdspalte auf, in der ich verschwinden konnte - das wäre zumindest das Beste gewesen. Hatte ich vor ein paar Minuten einen Lachanfall nur mühsam unterdrücken können, schossen mir jetzt die Tränen in die Augen. Durch deren Schleier schaute ich Daniel an. Er fixierte mich. Was war da in seinem Blick? Wut? Ärger? Beides vermutlich. Dazu Unverständnis über meine Naivität. Liebe suchte ich jedenfalls vergebens. Ich schniefte einmal laut und rannte den Weg Richtung Strand. Ohne den Blick auf den Ozean zu werfen, der sich wie jeden Tag in seiner unendlichen Schönheit vor der Insel ausbreitete, rannte ich in mein Chalet und warf mich aufs Bett. Ich hatte alles in den Sand gesetzt. Dieser Job war meine große Chance gewesen und ich hatte ihn krachend vor die Wand gefahren. Ein Heulkrampf, wie ich ihn noch nie erlebt hatte, schüttelte meinen Körper durch. Ich fror und verkroch mich unter der Decke. Kalter Schweiß klebte auf meiner Haut.
Charly kam vorbei und versuchte mich zu trösten. »Das wird schon wieder, du wirst sehen.« Ich hielt mir die Ohren zu. Am liebsten hätte ich ihr gesagt, sie solle sich zum Teufel scheren, aber ich hielt den Mund, sagte die ganze Zeit, die sie an meinem Bett saß, kein Wort. Sie ermahnte mich, zu essen und zu trinken. »Das Amphetamin muss aus deinem Körper«, sagte sie, aber ich hatte weder Hunger noch Durst. Meine Gedanken rasten, kreisten um König, den Hampelmann, Katja, die falsche Schlange und Daniel. Immer wieder Daniel und sein wütender Blick. Jemand klopfte, draußen war es bereits dunkel. Daniel öffnete die Tür, ohne dass ich ihn hereingebeten hätte. »Wir müssen reden.«
Ich zog die Beine an, bis ich in Embryonalstellung unter der Decke lag. Ohne aufzusehen, sagte ich: »Was gibt es denn da zu reden?«
»Violetta ...«, seine Stimme klang nicht anklagend, sondern mitleidig, was mich noch mehr schmerzte.
»Lass mich in Ruhe. Ich habe eine Tablette genommen und will endlich schlafen.«
Leise schloss er die Tür. Von außen.
Achtzehn
»Verdammt, Violetta! Wie konnten Sie es nur soweit kommen lassen!«
König fluchte normalerweise nie, aber sein puterroter Kopf zeigte deutlich, wie aufgeregt und wütend er war. Aber was konnte ich ihm antworten und was sollte das überhaupt heißen? Vorsichtig und in möglichst sachlichem Ton konterte ich. »Ich habe es zu gar nichts kommen lassen, sondern man hat mir ... .« König unterbrach mich und fuchtelte dabei mit den Händen in der Luft herum.
»Kommen Sie mir nicht mit irgendwelchen Ausreden, Violetta. Alle Entscheidungen in der Agentur werden nach klaren Kriterien getroffen. Wir haben hier einen riesigen Apparat zu unterhalten, da haben die größeren Etats immer Vorrang, das sollten Sie inzwischen wissen.«
Er machte es mir nicht leicht, ruhig zu bleiben und nicht aus der Haut zu fahren. »Was heißt hier größere Etats? Die Kampagne für Denis Island war doch nur der Anfang. Five Stars betreut noch ein Dutzend andere Hotels, für die wir die Onlinekommunikation hätten übernehmen können. Wenn man das zusammenrechnet, kommt eine erkleckliche Summe zusammen.«
König war an das Sideboard getreten, in dem sich eine wohlsortierte Bar befand. Seine Trinkfestigkeit war legendär und es ging das Gerücht, die Königskinder hätten so manchen Auftrag nur deshalb ergattert, weil der Chef sich die Auftraggeber gefügig getrunken hatte. Er holte eine Flasche Cognac heraus und hielt sie fragend in die Höhe. »Sie auch einen Schluck?« Ich schüttelte den Kopf, Alkohol war keine Lösung und außerdem war das Amphetamin immer noch nicht ganz aus meinem Körper geschwemmt. Während des Rückfluges hatte ich trotz Businessclass kein Auge zudrücken können. Ganz sicher lag das nicht nur an der Chemie, sondern vor allem am Liebeskummer, der mich kräftig durchschüttelte. Was für ein herrlich altmodisches Wort für diesen Schmerz, der so real war, dass sich mein Körper zusammenkrümmte. König goss sich großzügig ein, trank einen Schluck und setzte sich in den Sessel mir gegenüber.
»Das sind doch nur Seifenblasen, Violetta, und die zerplatzen ziemlich schnell. Ambra Moda ist dagegen etwas Reelles. Aber das Schlimmste ist ohnehin, dass sie einfach abgehauen sind.«
Ich richtete mich kerzengerade auf. »Was soll das
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