Fix und forty: Roman (German Edition)
Monique musste ich irgendwann aufgeben. Für meine Mutter sah es so aus, als würde aus den versprochenen Ferngesprächen mit ihren Enkelkindern nun doch nichts werden. Aber sie fand sich schnell damit ab.
»Macht nichts«, sagte sie. »Außerdem wäre Si sowieso nicht rangegangen, wenn ich ihn auf dem Handy angerufen hätte.« Meine Mutter sagt solche Dinge, als wären sie sonnenklar.
»Dad würde ein klingelndes Handy in seiner Hosentasche einfach ignorieren?«
»Na ja, er glaubt nicht so recht an Handys«, erklärte meine Mutter. Anscheinend war für meinen Vater der Glaube an Handys eine individuelle Entscheidung – eine zutiefst persönliche Sache, ähnlich wie der Glaube an die Reinkarnation. Jesus und Handys in sein Herz zu schließen, war offensichtlich etwas, wozu er nicht bereit war.
Deswegen standen meine Mutter und ich vier Tage vor Weihnachten bei Circuit City in der Schlange. Vor und hinter uns hielten enttäuschte Kunden ihre Beanstandungen umklammert, nur meine Mutter war wie immer bestens gelaunt. Ohne auf die vollkommen Fremden zu achten, die weniger als zwanzig Zentimeter von uns entfernt standen, sagte sie plötzlich aus heiterem Himmel: »Falls es in deiner Gegend keine alleinstehenden Männer gibt, mit denen du mal ausgehen könntest, wüsste ich jemanden für dich.«
»Wen?«
»Deinen Vetter Waldemar. Waldemar unterrichtet an der Uni in Nova Scotia«, sagte sie vollkommen ernst. »Und er hat ein Haus am Strand.«
Bedächtig holte ich Luft. »Aber Wally ist mein Cousin ersten Grades «, sagte ich. »Das ist sowohl Inzest als auch verboten.«
Meine Mutter dachte kurz darüber nach. »Na ja«, sagte sie dann. »Ich denke, das dürfte kein Problem sein, jetzt wo du sowieso keine Kinder mehr bekommen kannst. Vielleicht könnt ihr adoptieren.«
Die Vorstellung, mit meinem Vetter Wally Hand in Hand in einem Adoptionsbüro zu sitzen und gespannt auf Neuigkeiten zu warten, überforderte mich.
»Waldemar wäre ein toller Vater«, setzte meine Mutter nach. »Du solltest ihn mal mit seinen Nichten und Neffen sehen.«
Die Idee war so an den Haaren herbeigezogen, dass ich keine Ahnung hatte, was ich darauf antworten könnte. Sollte ich mit der Tatsache anfangen, dass ich mich als postmenopausale Mittvierzigerin längst mit meinem Schicksal abgefunden hatte, kinderlos zu bleiben, da ich sowieso nie vorgehabt hatte, Mutter zu werden? Oder auf ihre charmante Missachtung der Landesgesetze eingehen, welche die Eheschließung zwischen Cousin und Cousine ersten Grades verbieten? Sollte ich eine Erklärung von ihr verlangen, warum sie sich ausgerechnet auf Vetter Wally, einen Dozenten der Buchhaltung, verstieg, wo es so viele andere Vettern gab, mit denen ich mir sogar etwas zu sagen hatte? Oder wie wäre es mit dem Hinweis, dass ich mir meine Verabredungen eigentlich lieber selbst aussuchte, vielen Dank?
Ich beschloss, es mit dem letzten Argument zu versuchen. Ich konnte ihr genauso gut hier und jetzt erzählen, dass ich mich schon ein paarmal mit einem anderen Mann getroffen hatte, obwohl mein Ehemann mich erst kürzlich wegen Bob des Kerls von Gay.com verlassen hatte. Ich wusste, der Neue würde nicht zur Liebe meines Lebens avancieren, aber er war süß.
Meine Freundin Carla, die mir erlaubte, ihren echten Namen zu nennen, solange ich sie als grazile Rothaarige beschrieb, hatte angeboten, für fünf Dollar mein Liebesleben zu managen. »Was ist dir bei einem Mann wichtig?«, fragte sie und zückte ein kleines Notizbuch.
»Hmmm«, sagte ich nachdenklich. »Er muss lieb sein. Und einigermaßen belesen. Und nach höherem Bewusstsein streben … reflektierend, offen sein. Kein Zyniker oder grimmiger Atheist. Er muss Humor haben. Das ist ganz wichtig. Und er sollte groß sein. Gerne angestellt in einem Beruf, der ihn erfüllt. Und …«
»Ganz ruhig, Brauner«, unterbrach mich Carla. »Ich gebe dir jetzt mal einen Rat umsonst. Bist du bereit? Wie wär’s, wenn wir die Messlatte tiefer legen ? Wie wär’s, wenn wir uns fürs Erste nach einem umsehen, der hetero ist?«
Der Mann, mit dem ich mich ein paarmal getroffen hatte, war vielleicht nicht unbedingt Mr. Right, aber er war Mr. Straight.
Mom war enttäuscht, als sie von ihm erfuhr, aber sie nahm es gewohnt stoisch. »Was macht dieser Kerl so?«
Ich war emotional noch zu gebeutelt, um höflich zu schwindeln. »Eigentlich nichts. Er ist eine Art entspannter Kiffer. Geht im Schlafanzug einkaufen.«
»Oh«, sagte meine mennonitische Mutter. Dann
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