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Fix und forty: Roman (German Edition)

Fix und forty: Roman (German Edition)

Titel: Fix und forty: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rhoda Janzen
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lauter, Holzkopf!« Er hielt solche Anreden für besonders geistreich und witzig.
    »Ich muss erst meine Mutter fragen. Wegen dem Tanzen«, sagte ich und versuchte, dies als einen völlig logischen Einwand für eine Achtklässlerin klingen zu lassen.
    »Herrgottchen noch mal«, sagte Mr. Handwerker. »Na gut. Dann tu das eben.«
    Und ich tat es. Die Antwort war ein nachdrücklicher, spitz formulierter Brief meiner Mutter, in dem sie Mr. Handwerker erklärte, warum Mary Janzens Tochter NIEMALS an einem öffentlichen Tanzspektakel teilnehmen würde, selbst wenn im Grand Canyon Tausende von Steinen herumlagen, die kategorisiert werden müssten. Mennoniten tanzten nicht. Punkt. Tanzen war bei den Mennoniten aus zwei Gründen strikt verboten. Der erste Grund war, dass Tanzen zu Sex führte. Und das, liebe Leserinnen und Leser, war dokumentiert. Um 1860 hatte eine Bewegung namens »Die fröhliche Richtung« – eine Bande abtrünniger charismatischer Mennoniten – angefangen, die Freude am heiligen Geiste durch Tanz auszudrücken. Während dieser fröhlichen Gottesdiensttänze wurde der Gang, der die Seite der Männer von der Seite der Frauen trennte, überschritten. Jungen fingen an, allzu fröhlich mit Mädchen zu tanzen. Körperteile wurden befühlt! Berichte wurden geschrieben! Tagebücher wurden entdeckt! Jugendliche wurden bestraft!
    Der zweite Grund, weshalb es in der ukrainischen mennonitischen Kirche tabu war zu tanzen, wurzelte in einer ungeschriebenen Regel, derzufolge Mennoniten in Würde wirtschaften und sich anschließend an ihrem Ertrag erfreuen sollten. Das war für sie das Schöne an der Arbeit: Es gab immer einen messbaren Ertrag. Dagegen konnte man tanzen, bis die Kühe heimkamen, und hätte nie irgendeinen Ertrag davon. Genau dieses faule, träge Feiern war das Problem der russischen Bauern. Wenn Müßiggang aller Laster Anfang war, dann war das Tanzen der Sitzsack, auf dem der Teufel sich fläzte und sich ins Fäustchen lachte.
    In der Mittelstufe konnte ich noch nicht wissen, dass zwanzig Jahre später die neue Generation jugendlicher Mennoniten zu einer etwas zeitversetzten Erkenntnis gelangen würde. Wie alle Erkenntnisse der Mennoniten war diese für Außenstehende keinesfalls neu. Doch sie war neu für die Mennoniten. Ein paar der Jüngeren kamen nämlich auf den Gedanken, dass Tanzen vielleicht gar nicht so lasterhaft war. Um jedoch einem neuen Hobby zur Akzeptanz zu verhelfen, musste man bei den Mennoniten sorgfältig Argumente dafür liefern, dass es in Gottes Sinn war. Und so fand die »liturgische Bewegung« Eingang in manche mennonitische Kirchen. Immer in Anführungszeichen gesetzt, bestand die »liturgische Bewegung« aus drei Sonntagsschullehrerinnen in schlecht sitzenden weißen Röcken, die synchronisierte Bewegungen ausführten. Gemeinsam traten diese tapferen Frauen nach links, nach rechts, dann hoben sie einen Arm wie einen Elefantenrüssel und zeigten zum Himmel. Leider verursachte die »liturgische Bewegung« bei älteren Mennoniten Gallenprobleme. Sie hat sich nicht weiter durchgesetzt.
    Hätten Sie mir in der achten Klasse gesagt, dass eines Tages drei Damen in weißen Röcken vor der Kanzel tanzen würden, hätte ich Ihnen aus lauter Freude die Kekse Ihrer Wahl gebacken, solange keine Rosinen hineingehörten. In der achten Klasse war ich derart aufs Tanzen versessen, dass ich mir selbst den Hustle beizubringen versuchte. Doch vergebens. Ich hatte weder Zugang zur Schrittfolge noch zur Musik. In der Schule hörte ich während der Pausen im Gang Fetzen aus dem Radio: FREAKAZOIDS, REPORT TO THE DANCEFLOOR! Wie gerne wäre ich dem Aufruf gefolgt! Aber ich wusste nicht wie. Das Einzige, was ich wusste, war, dass meine Leidenschaft fürs Tanzen möglicherweise für immer erlöschen würde, wenn ich mich mit Glenn dem Knirps vor der ganzen Schule lächerlich machen müsste. Doch davor rettete mich am Ende ebenjenes Verbot, unter dem ich zuvor so gelitten hatte. Als meine Mutter mir in ihrem Brief die Teilnahme an der Talentshow untersagte, war ich dankbar, Mennonitin zu sein. Es war ein bisschen so wie das Stockholmsyndrom – als hätte ich mich in meinen eigenen Kidnapper verliebt.
    Mr Handwerker ließ sich nicht abschrecken und zwang stattdessen meine Freundin Bettina Hurrey zum Tanz mit dem Knirps. Bettina und ich waren beide ungewöhnlich groß für unser Alter. Hätte ich getanzt, wäre der Auftritt aufgrund meiner spargeligen Magerkeit witzig gewesen. Ich hätte ausgesehen wie

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