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FJORD: Thriller (German Edition)

FJORD: Thriller (German Edition)

Titel: FJORD: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halvar Beck
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vorsichtig, das kann kein Zufall sein. Hier ist ein Teufel am Werk!«
    Die Paare fanden sich und vereinbarten mit Hetland, wer wo suchen würde. So durchforsteten die Bürger von Kongesanger ihr Dorf, schauten in jedes Haus, in jeden Keller, auf jeden Dachboden. Sie erinnerten sich an ihre Verstecke, als sie selbst noch Kinder gewesen waren. Dort, im Stall, die Falltür zum alten Eiskeller. Doch die war meterhoch mit Gerümpel verstellt. Unter den verkehrt herumstehenden Ruderbooten am Ufer. Nichts. Das alte Baumhaus im Schulgarten. Auch dort war sie nicht. Die alten Lagerhäuser, die teils nicht verschlossen waren. Die Boote im Hafen, sofern man sie betreten konnte. Keine Spur von dem Kind. 
    Sie dehnten die Suche weiter und weiter aus. Im angrenzenden Wald, auf den Wiesen, bis hin zu den versteckten Pfaden, die zu den Bergen führten und nur den Jägern bekannt waren. Die Rufe wurden weniger. Mittlerweile war es hell geworden. Aurora blieb unauffindbar, und die Grüppchen fanden sich nach und nach wieder vor der Brandruine ein, wo sie Tor Einar Bericht erstatteten. 
     
     

24
    Eine Gestalt schwankte auf sie zu. Der Mann grölte schon von weitem bekannte Namen. Sigrid. Aurora. Liv. Erik. Hetland. Bürgermeister. Polizei. Zunächst verstanden die Menschen sein Rufen nicht, doch da jeder hoffte, er käme mit Neuigkeiten über das vermisste Mädchen, wandten sie sich ihm zu. Es war Runar. 
    »Hast du sie gefunden?«, rief Bille Haugen, die ihm am nächsten stand.
    »Wen?« Der vom Alkohol der letzten Nacht verursachte Ausdruck in den Augen des hochgewachsenen, gut gebauten Mannes, der trotz seines herben Charmes viele Frauenherzen im Dorf und außerhalb gebrochen hatte, machte einem verständnislosen Blick Platz. Er hielt sich den Schädel, als würde er kräftige Kopfschmerzen haben.
    Bille schüttelte den Kopf und stemmte die Arme in die runden Hüften. Runar konnte sich kaum auf den Beinen halten. Die Fahne, die ihr entgegenwehte, verursachte Übelkeit. »Deine Tochter! Verdammt, Runar, deine Tochter wird vermisst! Und du treibst dich die ganze Nacht rum und lässt dich volllaufen! Ja, sag mal, schämst du dich denn gar nicht?« 
    »Au…Auro-ra?«, lallte er und hielt sich an ihrer Schulter fest, richtete sich ein wenig auf. »Ach was! Die ist doch mit ihrer Mutter bei den Sommers. Macht ein paar Tage Ferien!« Er grinste. 
    »Ach?«, wetterte die Fischersfrau. »Und was ist das da?« Sie zeigte auf das noch schwelende Gebäude. 
    »Hä?« Runar wandte den Blick auf das Haus. Es dauerte eine Weile, bis er verstand. »Oh, Scheiße …« Er packte die Frau und schüttelte sie heftig. »Wo ist mein Kind? Verdammt, wo ist mein Kind?«
    Nils Haugen, als Mitglied der Feuerwehr mit der Brandaufsicht betraut, eilte zu seiner Frau und riss Runar von dieser weg. »Nimm die Hände weg, du Lump! Wag es ja nicht, meine Frau anzufassen!«
    »Ich will wissen, wo mein Kind ist!«, brüllte Runar und hielt sich an den zwar kleineren, aber deutlich stämmigeren Mann. 
    »Willst du dich prügeln, ja?«, fragte der Fischer und schob die Ärmel seiner Jacke hoch. »Na fein! Dann trau dich mal! Komm schon! Schlag mich! Oder kannst nur Frauen und Kinder schlagen?«
    Runar holte zum Schlag aus, torkelte zwei Schritte nach hinten und stolperte über den Löschschlauch. Hart prallte er auf den Boden. Der Sturz schien ihn ernüchtert zu haben. Er fasste sich an den schmerzenden Schädel. Endlich begriff er die Tragweite der Situation. »Wir müssen sie suchen!«
    »Das tun wir schon seit dem frühen Morgen, du Esel!« Haugen reichte ihm die Hand und zog ihn auf die Füße. »Und jetzt steck deinen Kopf unters kalte Wasser und dann hilf uns, verdammt noch mal!«
     
     

25
    Am Nachmittag musste Erik einsehen, dass die Backstube nicht zu retten war. Mit viel Glück konnten sie vielleicht noch die Grundmauern verwenden. Aber sein Leben, seine Arbeit, Vaters Lebenswerk, alles war zerstört. Er konnte nichts mehr tun. 
    Seine kleine Nichte wurde seit einigen Stunden vermisst, vermutlich sogar entführt. Oder hat Jan sich das nur ausgedacht? Eines war klar: Niemand hatte sie bisher gefunden. Alles konnte passiert sein. Sie konnte sich irgendwo verkrochen haben. Vielleicht in einem Haus, doch bisher hatte niemand eine Spur von ihr finden können. Sie hatten das Dorf abgesucht, alle Plätze, die ihnen nur einfielen. Jedes kleine Loch, in dem ein Kind Platz gehabt hätte, jeder Verschlag, jede Hecke, jeden Stall, jeden Schuppen.

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