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FJORD: Thriller (German Edition)

FJORD: Thriller (German Edition)

Titel: FJORD: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halvar Beck
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Ziemlich sicher hatte er sich beim unkontrollierten Fall auf den Boden die Vene aufgerissen. Dort, wo er sich die Injektion gesetzt hatte, war ein großes Hämatom entstanden. In Zeitlupe bewegte er einen Körperteil nach dem anderen, um sich auf das Bevorstehende vorzubereiten. Er musste sich aufrichten, auch, weil der Harndrang nicht mehr auszuhalten war.
    Dieses Pochen in seinem Kopf machte ihn wahnsinnig.
    Alles schmerzte. Besonders seine linke Gesichtshälfte, das Genick, die Knie- und Fußgelenke. Es schien, als hätte er eine Ewigkeit hier gelegen, ohne sich einen Millimeter bewegt zu haben. Wie viel Zeit war vergangen? Welcher Tag war heute?
    Odin brauchte eine Ewigkeit, um sich aufzusetzen. Sein Herz schien verrückt zu spielen, so laut, wie es hämmerte. Immer wieder ließ es einen Schlag aus. Das war bestimmt der schlimmste Kater, den er je gehabt hatte. Langsam kamen die Erinnerungen zurück. Livs Tod. Das Feuer. Die Flucht. 
    Ein weiterer Schuss würde die Schmerzen lindern , sprach eine innere Stimme. Das Verlangen hatte sich erneut eingestellt. Doch er wusste, dass er nicht unendlich so weitermachen konnte. Trotz aller Trostlosigkeit, die ihn umgab, wollte er nicht sterben. Er hatte niemals ernsthafte Absichten gehabt, seinem Leben ein Ende zu setzen. Wiedergeburt, Paradies oder ewiges Nichts waren keine Alternativen. Er wollte die Hoffnung nicht aufgeben, dass sich das Schicksal die besten Tage für seine Zukunft aufgespart hatte.
    Er hatte Hunger.
    Odin stand langsam auf, erleichterte sich, schlurfte zum Schrank und schaute nach seinen Essensvorräten. Sie waren so gut wie aufgebraucht. Also musste er noch einmal zurück ins Dorf und welche holen. Das würde ihn viel Überwindung kosten. Er würde auffallen, so lädiert, wie er aussah. Jede Bewegung tat ihm weh. Das Pochen in seinem Kopf raubte ihm jeden klaren Gedanken. Geld hatte er keines bei sich. Wenn Ann Christin ihn zum Einkaufen schickte, ließ sie, wie alle im Dorf, anschreiben und zahlte einmal monatlich die Rechnung. Sie würde seine Einkäufe auf ihrer Abrechnung sehen, aber das war ihm egal. Er glaubte kaum, dass sie sich in der derzeitigen Situation wirklich Gedanken darum machen würde.
    Odin ging zur Tür, öffnete sie einen Spalt weit, sah sich um und verließ das Gebäude. Seine Knie schlotterten, als würden sie jeden Moment nachgeben. Der rechte Knöchel schien vom langen Liegen besonders beeinträchtigt zu sein. Immer wieder knackte ein Gelenk. Den linken Arm konnte er kaum beugen. Er war froh, keinen Spiegel zu besitzen, in dem er sich hätte betrachten können. Auf Nebenwegen ging er zurück ins Dorf. Das Hämmern im Kopf wurde leiser und verstummte schließlich. Die Bewegungen wurden runder und er kam immer schneller vorwärts.
    Das ganze Dorf schien auf den Beinen zu sein. Er konnte sich nicht erklären, warum – sonst war Kongesanger ja ein verschlafenes Nest, gerade um diese Jahreszeit, wenn der Winter vor der Tür stand. Gut, die Bäckerei war abgebrannt, aber war das ein Grund, wie auf einem Ameisenhaufen durch die Gegend zu wuseln? Gegenüber vom Lebensmittelgeschäft standen ein paar Frauen und unterhielten sich. Odin interessierten ihre Gespräche nicht, nur wie er ungesehen an ihnen vorbei in den Laden kommen würde. Doch wohl oder übel wurde seine Aufmerksamkeit auf das Gespräch gelenkt. 
    »… und dann sagte sie, der Bäcker hat sein Haus selbst angesteckt, um von dem Mord abzulenken«, erzählte eine Frau hinter vorgehaltener Hand. Odin kannte sie ebenso wenig wie die anderen. Ihm hatte nie etwas daran gelegen, die Leute näher kennenzulernen. Bis auf wenige Ausnahmen. Meist weil es sich nicht vermeiden ließ.
    »Was? Nein, das glaube ich nicht!«, erwiderte eine andere.
    »Doch!«, erzählte die erste weiter. »Er soll sie geschwängert haben.«
    »Wann hat sie dir das erzählt?«
    »Hab ich gesagt, sie hat es mir erzählt?«, fragte die andere pikiert. »Ich sagte, ich habe es gehört. Sie hat auch mit ihrem Freund gestritten, dem jungen Polizisten. Sie hat es ihm wohl gesagt.«
    »Der ist ganz schön eifersüchtig«, wusste eine andere zu berichten. »Die sollen sich schon öfter gestritten haben, obwohl sie erst seit einem Monat oder so ein Paar waren.«
    »Muss wohl was Ernstes mit den beiden gewesen sein, ich meine, für Livs Verhältnisse«, sagte die andere schulterzuckend.
    »Hört endlich mit diesem unsäglichen Getratsche auf!«, schimpfte die rundliche Frau, worauf sich eine lebhafte Diskussion

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