FJORD: Thriller (German Edition)
zur Bar und ließ sich vom Barmann Papier und Stift geben. Zurück am Tisch bot er Nielson und Dahl mit einer Handbewegung Platz an. »Zuerst die Formalitäten …«
Nielson setzte sich und zwang Odin Dahl auf den anderen Stuhl. Der hielt den Blick gesenkt, sprach kein Wort und wirkte mehr als schuldbewusst. Nielson stellte die Tasche, in der die gestohlenen Lebensmittel waren, auf den Tisch. Magnus blickte erst auf die Tasche, dann auffordernd zu Nielson. Der verstand und stellte sie auf den Boden. Magnus schüttelte den Kopf und schrieb die Namen der Anwesenden auf.
Kaum hatte er die ersten Worte geschrieben, polterte die nächste Person in den Raum: Die Bankierswitwe Erika Nolte. Auch sie sah sich um und eilte auf Magnus zu, kaum dass sie ihn erkannt hatte. Er stöhnte innerlich auf.
»Bürgermeister! Magnus! Ich muss mit dir reden! Jetzt! Sofort!« Schnaufend hielt sie inne und rang nach Luft. So aufgebracht hatte er das Klatschweib lange nicht erlebt.
»Das muss noch einen Moment warten, Erika«, meinte Magnus und zwang sich zu einem Lächeln. Im Moment war ihm nach allem anderen zumute. Warum konnte man ihn in seiner Trauer nicht alleine lassen? Auch zeigte der Schnaps mehr Wirkung, als für seine Amtsgeschäfte zuträglich war. Und gesundheitlich fühlte er sich überhaupt nicht gut. Das Herz schmerzte nicht nur vor Trauer. »Erst muss ich Nielsons Anzeige aufnehmen.«
Neugierig kam die Witwe näher und erkannte Odin Dahl. »Ach? Was hat der denn wieder angestellt? Hat man ihn endlich mal erwischt, ja?«
Magnus schaute von seinen Notizen auf. »Wieso endlich mal?«
Erikas Gestik ließ deutlich erkennen, was sie von Odin Dahl hielt. »Na, dieser Person kann man doch nicht vertrauen! Seit er wieder in Kongesanger ist, fühle ich mich in meinen eigenen vier Wänden nicht mehr sicher. Ein Künstler! Ha! So einer weiß doch nicht mal, was Kunst ist! Hat doch nur seine Drogen im Hirn. Und meine Ahnung hat mich wohl auch nicht getrogen.« Sie zeigte mit dem Finger auf Odin. »Der steckt bestimmt mit dem Bäcker unter einer Decke.«
Alle drei Männer starrten die Frau verwundert an. Im wörtlichen Sinn stimmte diese Aussage absolut – Odin wohnte schließlich bei Erik –, doch was wollte sie damit andeuten?
Nielson schüttelte den Kopf. »Der Ruf Eriks ist untadelig. Sowohl als Mensch, als auch als Nachbar und Geschäftsmann.«
»So? Meinst du? Na, da hab ich aber ganz andere Informationen für dich. Und nachdem ich unseren Polizisten nicht angetroffen habe – dem ich in dieser Sache auch keine Objektivität zutraue«, sie wandte sich an Magnus, »komme ich mit meinen Informationen zu dir.«
»Und die wären?«, fragte Magnus.
»Nun«, druckste die Witwe plötzlich herum, »es fällt mir nicht leicht, dir das zu sagen – und ich möchte dir zuerst mein Bedauern zum Tod deiner Tochter aussprechen, aber …« Erneut zögerte sie. Vielleicht wollte sie auch nur die ungeteilte Aufmerksamkeit der Anwesenden. »Wusstest du, dass deine Tochter schwanger war?«
»Schwanger?«, wiederholte Magnus heiser. Ein dicker Kloß schob sich seine Kehle hoch. Sein Kind soll schwanger gewesen sein? Warum hatte Liv ihm das nicht erzählt? Hetland war ein guter Mann und Magnus und Gunhild recht glücklich über die frische Beziehung der beiden. Wenn Liv eine Familie gründen wollte, dann hatte sie einen ehrbaren Mann gefunden.
»Und weiß es der Vater?«, fragte Nielson.
»Vermutlich. Deshalb hat er sie ja umgebracht!«, warf die Witwe die Information beifallheischend in den Raum.
»Hetland hat Liv umgebracht?«, fragte Nielson ungläubig nach.
Sie schüttelte unwillig den Kopf. »Das habe ich nicht gesagt. Aber ich habe gehört, dass Erik Sommer was mit Liv hatte.«
Zum ersten Mal zeigte Odin eine Reaktion. Er sprang von seinem Stuhl und baute sich vor der Witwe auf, die vor seinem finsteren Blick erschrocken zurückwich.
»Das ist eine Lüge!«, stieß Odin aus, »Erik hatte ganz sicher nichts mit Liv!«
»Und … und woher willst du das denn wissen?« Erika Nolte tastete hinter sich und fühlte die Wand, an die sie sich haltsuchend lehnte.
»Weil …«, Odin drehte sich flüchtig zu Magnus um, wandte sich dann wieder der Witwe zu, »weil ich Erik besser kenne als du und die anderen verdammten Klatschtanten!«
Betroffen legte sie die flache Hand auf ihr Brustbein. »Oder hast du sie umgebracht?«, flüsterte die Witwe. Einen Moment lang überlegte sie angestrengt. »Magnus! Ich hab’s … lasst
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