FKK im Streichelzoo - Roman
Königin nicht zu enttäuschen, verlagert das Honigbienenmännchen seine gesamte Körperflüssigkeit in den Penis. Nach dem Orgasmus knallt es gewaltig: Die Drohne explodiert.
Mit der Zeitungsanzeige in der Hand stand ich am nächsten Tag vor einem trostlosen grauen Hochhaus aus den frühen Jahren der Nachkriegszeit, wie sie in Koblenz zu Hunderten als stumme Mahnmale stehen.
Ein Mahnmal. Hätte ich doch damals schon die Zeichen richtig gedeutet …
Aber nichts da. Voller Euphorie stürmte ich durch das Treppenhaus des dreizehnstöckigen Plattenbaus und kam im obersten Stockwerk keuchend und japsend vor einer unscheinbaren Holztür zum Stehen. Neben der Tür war ein messingbeschlagenes Schild, vollgetatscht mit Fingerabdrücken, an der speckigen Wand angebracht. Darauf stand: Cockbuster Casting Agency.
Hier war ich richtig.
Eine Türklingel gab es nicht. Dafür einen Indianer, der mir nach meinem Klopfen breit grinsend die Tür öffnete und sich mit belegter Stimme als Jean Karell vorstellte.
Vermutlich müssen Agenten so aussehen, dachte ich und folgte ihm in die Agentur, in der es derart schummrig-dämmrig war, dass sich meine Augen erst einmal an das bedeutungsschwangere Zwielicht gewöhnen mussten. Auch das Atmen kam mehr und mehr einer sportlich anspruchsvollen Betätigung gleich, da irgendetwas Schweres die Luft schwängerte. Im Hintergrund erkannte ich auf der Fensterbank den Verursacher der trüben Atmosphäre, die man mit einem Messer hätte schneiden können: eine glimmende Räucherkerzen-Armada. Um die bösen Geister zu vertreiben, wie mir der Vorstadt-Indianer erklärte.
Mittlerweile weiß ich, dass das nichts als Humbug, fauler Zauber und Aberglaube ist. Ansonsten hätte sich Jean im gleichen Moment in Luft auflösen müssen.
Durch den Nebel hindurch registrierte ich seine eigentümliche Kleidung. Bislang kannte ich Agenten nur aus dem Fernsehen. Meist waren es fiese Gestalten von zweifelhaftem Ruf mit einem merkwürdigen Klamottengeschmack, schlechten Zähnen, schmierigem Haar und einer viel zu überspannten Gestik, der stets etwas Unseriöses anhaftete.
All das traf natürlich auch auf Jean Karell zu.
Er trug ein zu großes Fransenhemd aus Wildleder mit nicht minder wilden Kokopelli-Motiven. In Silber eingelassener türkisfarbener Schmuck bedeckte sämtliche Finger, Ohren, Handgelenke und den Hals.
Es gab eine Zeit, da fand ich dieses Auftreten noch sympathisch.
Ich war so ein Idiot.
Heute ist mir klar, dass sein extravagantes Äußeres nur der Ablenkung dient. So bekam ich zunächst gar nicht mit, dass die Agentur lediglich aus einem kleinen Vorzimmer ohne Vorzimmerdame und einem sich anschließenden winzigen Büro mit nur einem Agenten bestand. Dennoch sprach Jean Karell unablässig in der Wir-Form. Das tut er noch heute.
Es ist ein Wir, dass nicht mich – seinen einzigen Klienten – einbezieht oder seine imaginären Kollegen. Das Wir beansprucht sein Ego meist voll und ganz für sich allein und fülltes lückenlos aus. Spricht Jean von wir, meint er immer nur sich, allerdings nur, wenn es um gute Dinge geht. Ausdrücklich mich meint er, wenn es um nicht so gute Dinge geht. Zum Beispiel, wenn wir nach Tschechien fahren müssen, um unsere Karriere in Schwung zu kriegen. Das ist das auf mich bezogene Wir.
Geht es aber um höhere Agenturvergütungen bei Abschluss von Neuverträgen, profitieren stets wir davon – also er. Gerne kommt das ichbezogene Wir auch eingebettet im nachfolgenden Satz daher: »Wir können da gar nichts für.«
Das weiß ich heute. Damals aber dachte ich, dass er wirklich all seine zahlreichen Kollegen mitzählte und Jean lediglich die Spitze eines Agentur-Imperiums darstellte. Eines schrägen, zweifellos. Aber Imperium ist schließlich Imperium. Da wollte ich mich nicht an Kleinigkeiten festhalten und auf seinem bizarren Klamottengeschmack herumreiten, der ihm auch als traumfängerwedelnder Panflötenspieler in der Fußgängerzone gut zu Gesicht gestanden hätte. Zwei Jahre sind seitdem vergangen. Seit vierundzwanzig demütigenden Monaten lasse ich mich nun für ihn knechten.
Ich erinnere mich noch genau an unser erstes verheißungsvolles Gespräch. Mit schwitzigen Händen saß ich vor seinem imposanten Mahagonischreibtisch, auf dem sich nichts weiter befand als eine Klangschale, ein aufgeklappter Schreibblock und eine halb leer gefutterte Tüte Erdnussflips, von denen er mir nichts anbot.
»Ich suche junge, unverbrauchte Talente«, sagte er. »Für den
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