FKK im Streichelzoo - Roman
seriösere Tätigkeit lieber, mit der ich das Schreiben finanzieren kann. Es ist ja nicht so, dass ich nicht schon so einiges versucht hätte.
Unschöne Erinnerungen an meine ersten Gehversuche im Nebenerwerb werden wach. Allein der Gedanke lässt mich innerlich zusammenfahren.
*
Ich habe alles Mögliche und Unmögliche getan, um mit wenig Aufwand möglichst viel Geld zu verdienen, einzig und allein mit dem Ziel, mir die Zeit zum Schreiben freizuschaufeln. Für Männer im besten Alter und mit einer hohen Frustrationstoleranz in Bezug auf das eigene Selbstwertgefühl gibt es da quasi unendliche Möglichkeiten.
Ich habe Spam-Mails verfasst, war Unterschenkelmodel für orthopädische Strümpfe, stahl probehalber bei ALDI undhüllte meinen Körper in diverse Walking-Act-Kostüme. Meine Berufung fand ich schließlich als sommersprossiges Plüschmaskottchen für die Turn- und Spielvereinigung Koblenz e.V. Aber als der Abstieg in die Regionalliga nicht mehr abzuwenden war, war auch meine Karriere bei der TuS vorbei.
Da kam das Angebot des Obstlieferanten gerade recht, der für eine Werbeaktion in Zusammenarbeit mit einem großen Südfruchtimporteur eine lebende Banane brauchte, die durch die Koblenzer Fußgängerzone lief und das Chiquita-Lied sang:
I’m chiquita banana and I’ve come to say
I came from little island down Equator Way.
Während ich den Song zum Besten gab, begleitete ich mich selbst auf einer Ukulele. Ich wurde geliebt von Kindern und Rentnern. Der Song war aber auch fantastisch. Noch heute kann ich jede einzelne Strophe im Schlaf:
When they are fleck’d with brown and have a golden hue
bananas taste the best and are the best for you.
Gut, ich war ein erwachsener Mann im Bananenkostüm. Dennoch nahm ich die Sache verdammt ernst. Um mich auf meine Rolle vorzubereiten, hatte ich sogar den Chiquita-Banana-Tanz der legendären Terry Twins einstudiert: Hüftschwung links, Hüftschwung rechts. Die Arme auf Brusthöhe zittern lassen, zwei Ausfallschritte nach hinten, Arme zittern lassen, zwei Ausfallschritte nach vorn, Hände in die Hüften stemmen, Brüste tanzen lassen, halbe Beckendrehung, und wieder von vorn. Das kriegte ich sogar mit Ukulele einigermaßen hin.
Ich war der perfekte Bananenbotschafter. Eigentlich kein schlechter Job mit guter Bezahlung. Schade nur, dass Koblenz noch nicht bereit war für derart ausgefallene Marketingaktionen.Das Ganze ging so lange gut, bis ich auf eine Gruppe Halbwüchsiger stieß, die es auf den Versuch ankommen lassen wollte, ob sich das Bananenkostüm auch schälen ließ.
Die Antwort war leider ja.
Und dummerweise wirkt sich die Passform eines überlebensgroßen Bananenkostüms eher ungünstig auf die Fluchtmöglichkeiten seines Trägers aus. Als ich schließlich mit den geschälten Überresten des Plüschbananenkostüms vor meinem Boss stand, hatten wir beide gleichermaßen die Nase voll. Ich stand also wieder ohne Job da.
Schließlich nahm mein Schicksal eine interessante Wendung, als ich die Stellenangebote der Mittwochausgabe der Rhein-Zeitung studierte. Wie eine Lichterscheinung kam es mir vor, als ich die Anzeige erblickte:
Traumjob zu vergeben! Renommierte Agentur sucht ausdrucksstarke Darstellerinnen und Darsteller jeglichen Alters für fantastische Filmaufnahmen. Gepflegtes Äußeres, Standfestigkeit und Ausdauer von Vorteil. Diskretion ist unser Geschäft.
»Die suchen Darsteller für einen Fantasy-Film«, schrie alles in mir auf. Fantastische Aufnahmen – da stand es, wortwörtlich! Das gesellschaftstaugliche Geschwisterchen der ungeliebten Science-Fiction. Warum nicht?
Natürlich hätten bei der Stellenanzeige alle Alarmsirenen aufheulen müssen, denn wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, dann ist es das mit großer Wahrscheinlichkeit auch. Doch selbst als ich das mit der Diskretion las, dachte ich wirklich, das bezöge sich maximal auf Rollenangebote für Berlin Tag und Nacht , Statistenjobs bei den Wollnys oder Scripted-Reality-Dramen vom Schlage Frauentausch. Ich konnte ja nicht ahnen, dass es noch schmutziger ging. Ich war ja so naiv.
Als Kontaktmöglichkeit war lediglich eine Telefonnummer angegeben, die ich bereits gewählt hatte, ehe ich den Anzeigentext zu Ende gelesen hatte. So lernte ich ihn kennen. Jean Karell. Meinen Agenten, der mich heute wie ein Stück Vieh durch tschechische Hinterhöfe treibt, um aus mir die männliche Gina Wild der Pornobranche zu machen.
Wäre ich doch nur bei der Banane geblieben.
4
Um die
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