FKK im Streichelzoo - Roman
Welt meinen Filmtod, in dem ich mich wie ein elektrisierender Aal im Todeskampf winde und dabei Unmengen von Kunstsperma verschleudere, immer und immer wieder betrachten.
… zwei …
Dabei klang das Drehbuch sehr vielversprechend. Beim Casting war die Rede davon, dass ich einen unheilbar kranken Mann spielen sollte, der an etwas litt, das das Skript Spermophilie nannte. Dabei handelte es sich laut Regisseur um ein ähnliches Krankheitsbild wie bei der Hämophilie. Und hätte ich nur ein bisschen besser bei Grey’s Anatomy aufgepasst, hätte ich vielleicht gewusst, dass dies das Fremdwort für die Bluterkrankheit war. Allerdings ging es hier nicht um unstoppbare Blutungen …
… drei …
Ursprünglich war Spermophilia als persiflierende Anklage an die kränkelnde Erotikbranche gedacht. Zumindest hatte ich das so interpretiert. Zuerst meinte ich, das große Los gezogen zu haben, eine Rolle mit Dialog und tiefgründiger Handlung spielen zu dürfen. Beides sehr untypisch für die Filmrollen, die mir sonst angeboten wurden. Mehr noch, ich durfte sogar Kleidung tragen. Einen schicken weißen Anzug mit schwarzem Hemd und eine cremefarbene schmale Seidenkrawatte. Die Farbe des Anzugs sollte die Reinheit meines Charakters und natürlich das Krankheitsbild symbolisieren. Ein grandioser Einfall.
… vier …
»Weißt du was?«, unterbricht Rüdiger wispernd meinen meditativen Countdown. Er schafft es tatsächlich, noch ein Stück näher an mich heranzurutschen. Als er seinen Arm hebt, um ihn sich verschwörerisch vor den Mund zu halten, steigt von irgendwoher der Geruch von Zwiebeln auf.
… fünf …
Er flüstert mir ins Ohr: »Ich hab auch schon mal mit dem Gedanken gespielt, in solchen Filmen mitzumachen.«
Das ist der Zeitpunkt, an dem ich das mit dem Zen-Mönch sein lasse. Ich weiß, dass das kommen musste. So kommt es immer. Dennoch kann ich nicht verhindern, dass mir ein herablassendes »Ach was« entgleitet. Ich hoffe inständig, dass er nicht den unkontrollierten Klang der Verachtung heraushört. Aber eigentlich tun sie das nie.
»Jau«, macht er. »Muss doch ’n echter Traumjob sein.« Er setzt einen verklärten Blick auf. »Sex immer und überall, mit den unglaublichsten Frauen. Hübsch und gut gebaut und zu allem bereit. Und jede Menge Kohle kann man dabei auch noch verdienen, stimmt doch, nä?« Er versetzt mir einen gut gemeinten Rempler in die Rippen. Mir bleibt kurz der Atem weg.
»Na ja«, keuche ich ausweichend.
»Wenn man’s richtig anstellt, bestimmt!«
Leider hat mir bislang noch niemand verraten, wie man es denn nun richtig anstellt, und so sage ich: »Weißt du, Rüdiger, man sollte sich da nicht allzu großen Illusionen hingeben. Die Zeiten, in denen man sich als Erotikdarsteller eine goldene Nase verdienen konnte, sind seit dem Internet und dem immer größer werdenden Angebot an Amateurpornos vorbei.«
Das ist nett formuliert. Tatsächlich bin ich mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem ich felsenfest davon überzeugt bin, dass das Einzige, was es in diesem Business noch zu holen gibt, zweitklassige Jobs mit drittklassiger Bezahlung sind, mal ganz abgesehen von exotischen Geschlechtskrankheiten, von denen noch nicht einmal das Robert-Koch-Institut je gehört hat. Die Goldgräberstimmung in der Szene ist abgeklungen. Dafür erwarten den Pornodarsteller von morgen soziale Randgruppenakzeptanz und Hartz-IV-würdige Gehaltsschecks. In welcher Welt leben wir eigentlich?
Und überhaupt, was zum Teufel habe ich auf der dunklenSeite der Macht zu suchen, auf der es zwar Kekse gibt, aber keine Riester-Renten-Zukunft? Wenn ich ehrlich bin, sollte ich mir endlich eingestehen, dass ich seit beachtlicher Zeit auf dem sozialen Abstellgleis herumlungere und neidisch auf das viel grüner wirkende Gras auf der anderen Seite glotze.
Dabei habe ich doch nie davon geträumt, Pornodarsteller zu werden. Natürlich stehe ich auf Sex und hatte nie ein Problem damit, mich in meiner ganzen Pracht vor laufender Kamera zu zeigen. Warum auch, ich muss mich nicht verstecken. Ich bin tageslichttauglich, gut gebaut und habe halbwegs volles Haar. Zugegebenermaßen ist meine Stirn vielleicht ein kleines bisschen zu hoch. Und natürlich glaubt mir auch kein Mensch, wenn ich sage, dass ich in die Branche reingerutscht bin – im Gegenteil, es sorgt meistens für ziemlich schlechte Altherrenwitze, manchmal sogar von Frauen. Bei denen ich ohnehin keinen besonders guten Schlag habe.
Deshalb wäre mir eine
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