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Flachskopf

Flachskopf

Titel: Flachskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Claes
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französisch.«
    »Freilich, es kommt in dem Soldatenlied vor: Vivat die Libertee...«
    »Nee, libertü... tü..., das heißt Buttermilch .« Flachskopf betrachtete Dabbe mit einem ungläubigen Blick.
    »Es ist wirklich wahr... einer, der in Wallonien arbeitet, hat es gesagt .«
    »Es kann sein, aber er kann dir auch etwas weisgemacht haben... Hat das nun eine Ähnlichkeit mit Buttermilch ?«
    »Tut-mem-schoos ist auch französisch, und das heißt: mir kanns egal sein !«
    »Dabbe, du hast ein großes Loch in deiner Hose .«
    »Wo?«
    »Da... gerade an der Naht.«
    »Dann muß ich morgen meine Sonntagshose anziehen... mein Hemd guckt doch wohl nicht ?«
    Pause... Dabbe wühlt mit dem Finger im Loch herum, das zusehends größer wird.
    »Ist nächsten Sonntag Viktoriusprozession ?«
    »Ja, und ich darf den heiligen Antonius tragen helfen .«
    »Und ich darf wieder Chorknabe sein .«
    »Wohl wieder mit so einer roten Mönchskutte !« sagte Flachskopf, der voriges Jahr auf Locke eifersüchtig gewesen war.
    »Dann kommt mein Pate, und dann bekomme ich einen Groschen .«
    »Einen Groschen... ist auch der Mühe wert... Willst du zweie von mir ?« fragte Flachskopf protzig, ohne aufzusehen.
    »Woher willst du zwei Groschen haben ?«
    »Hier... sieh... das sind sogar vier! ...«, und er zeigte die vier Nickelstücke auf der offenen Hand.
    »Woher hast du die, Flachskopf ?«
    »Zu Hause in meiner Sparbüchse habe ich mehr als fünf Franken .«
    Flachskopf hatte sich wieder auf den Rücken gelegt; denn er war ein wenig rot geworden. Aber durch das Suchen nach den Geldstücken guckten plötzlich zwei Zigarren aus der offenstehenden Tasche hervor. Locke hatte es bemerkt, stieß Dabbe leise am Arm und zeigte heimlich auf die zwei Zigarren. Dabbe nickte mit großen, begierigen Augen. Locke schob sich auf dem Gras ein wenig näher, streckte die Hand aus und ergriff die beiden Zigarren. Flachskopf hatte aber etwas gemerkt, schlug die Hand auf seine Tasche, sprang auf...
    »Verdammich! Meine Zigarren! ... Her damit, du Rotznase !« und er stürzte sich auf Locke, der sich nicht rechtzeitig hatte erheben können und jetzt die geraubte Beute in der Hand zerquetschte.
    »Dreckiger Dieb«, rief Flachskopf und gab ihm einen Fußtritt gegen die Beine. Aber Dabbe schlug ihm von hinten plötzlich die Arme um die Schultern und warf ihn auf den Rücken.
    »Ihr Bettnässer! Diebe! ... Max! Max! Max! ... Faß an !«
    Daran hatten sie nicht gedacht. Max kam mit wütendem Knurren herangesprungen und faßte Dabbe am Hosenboden.
    »Au-au-au !« schrie dieser, aber der Hund zerrte ein paarmal heftig hin und her und hatte plötzlich den ganzen Hinterteil von Dabbes Hose im Maul. Dabbe heulte fürchterlich und lief eiligst davon; der Hemdzipfel flatterte durch das Loch hinterher.
    »Hier! Max... hier! ... kusch dich !« rief Flachskopf dem Hund zu, der durch den in seinen Augen wirklich belanglosen Lappen noch mehr in Zorn geriet und von neuem auf Dabbe losgehen wollte.
    »Hier, sag ich! ... Das kommt davon, he! ... wenn du jemand so hinterrücks angreifen willst!«
    Eigentlich war Flachskopf auch ein wenig überrascht von der gefährlichen Wendung, die der Fall genommen hatte. Was sollte noch daraus werden?
    »Warte, mei-mein Lieber, bi-bis morgen! ...« schluchzte Dabbe aus einer gewissen Entfernung und ging, eine Hand an den Augen und die andere auf dem Hemdzipfel, zu Locke, der aus Angst vor Max ein Stück weit weggelaufen war. Zusammen schritten sie auf die Landstraße zu, ohne sich umzusehen, und Flachskopf sah noch lange den weißen Fleck unter Dabbes Rücken.

    Er warf sich wieder ins Gras und war schlecht gelaunt. Der Nachmittag war zum Teufel! ... Was konnte er allein anfangen! Er holte die übriggebliebenen Zigarren aus der Tasche, zwei waren zerbrochen. Verdammte Schufte! Er steckte sich eine an, löschte sie aber gleich wieder mit Speichel aus; sie schmeckte ihm nicht. Max bekam einen Fußtritt.
    Lange Zeit dachte er über all diese unangenehmen Dinge nach. Endlich erhob er sich und wollte nun einfach auch nach Hause gehen. Er machte einen großen Umweg am Strauchfeld vorbei, gefolgt von Max, der wild und bellend den auffliegenden Lerchen nachjagte und jedes Elend vergessen zu haben schien. Am Schilfgraben blieb Flachskopf noch fast eine Stunde am Rande des Baches sitzen, mit den Füßen im Wasser.
    Endlich kam er nach Hause. Als er eintrat, war seine Mutter mit dem Abendessen beschäftigt. Es fing an, dunkel zu werden. Hinter dem Hause

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