Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarrett
Vom Netzwerk:
angerührt war. Und in diesem Moment wusste er mit Sicherheit, dass er ihr Bett nicht geteilt hatte, wie immer er auch in ihr Haus gekommen sein mochte.
    „Gottlob kam sein Tod plötzlich und unerwartet. Es war ein Schlaganfall. Eben hätte es nicht verdient, lange zu leiden. Der Arzt sagte, ein jüngerer Mann hätte es vielleicht überlebt, doch Eben wäre im Dezember dreiundfünfzig geworden.“
    Um sich ihre Erregung nicht ansehen zu lassen, erhob sie sich rasch, ging zum Herd und legte ein Holzscheit nach. Der damals aus Newport herbeigeholte Arzt, einer der Herren, die so gern unverzollten Brandy tranken, hatte die Geschichte über Ebens Tod erfunden und verbreitet. Niemand hatte sie angezweifelt, doch Demaris litt noch immer, wenn sie sie wiederholen musste.
    Nun, zumindest ist der Mann glücklich gestorben, dachte Jonathan. „Wenn ich also Eurem Gatten nicht danken kann, darf ich es dann wenigstens bei Euch versuchen, Mistress ...?“ „Allyn. Demaris Allyn“, antwortete sie unwillkürlich und
    wünschte sogleich, sie hätte es nicht getan. Sie benötigte weder seinen Dank noch sein Mitgefühl. „Wenn es Euch nun gut genug geht, um an höfliche Danksagungen zu denken, erinnert Ihr Euch vielleicht auch wieder daran, wer Ihr seid?“, fragte sie ziemlich schroff.
    Jonathan schüttelte den Kopf und sah ihre ärgerlich zusammengezogenen Brauen. Hätte er die Frau doch nur nicht mit ihrem Nachtkleid geneckt! Doch wie hätte er ahnen sollen, dass sie frisch verwitwet und dazu noch eine Quäkerin war? Letzte Nacht hatte sie sich jedenfalls nicht so verhalten, und vermutlich war sie gerade deshalb heute Morgen so kratzbürstig. „Mistress Allyn, ich beabsichtige nicht, hier länger zu bleiben, als es unbedingt... “
    „Nennt mich bitte nicht, Mistress“, unterbrach sie ihn unfreundlich. „Ruth und die anderen tun es, weil mein Gatte darauf bestand. Ich hingegen halte es für falschen Stolz, sich mittels eines Titels über andere Menschen zu erheben."
    Jonathan brachte sich in eine sitzende Position, ohne sein Bein dabei zu bewegen. Großer Gott, er hatte sich noch niemals durch übermäßigen Respekt bei einer Frau unbeliebt gemacht! „Wäre es zu stolz und überheblich, Demaris“, fragte er mit übertriebener Höflichkeit, „wenn ich mich höchst bescheiden erkundigen würde, ob es hier ein Frühstück gibt?“
    Ihren Vornamen von seinen Lippen zu hören war noch schlimmer, als mit „Mistress“ angeredet zu werden, und noch wesentlich schlimmer war die Art, wie er die Bettdecke bis zu seinem Schoß hinuntergleiten ließ, sodass seine breite Brust völlig nackt war, wenn man von dem krausen schwarzen Haar darauf absah.
    Sein mangelndes Gefühl für Schicklichkeit regte sie noch mehr auf, und diesmal beherrschte sie sich nicht. Sie hoffte, wenn sie böse genug auf ihn war, würde sie vielleicht nicht mehr seine breiten Schultern und sein etwas schiefes Lächeln bemerken.
    Wortlos nahm sie sein gewaschenes Hemd vom Haken an der Tür, warf es ihm zu und wandte ihm den Rücken, bevor er ihr danken konnte. Sie musste unbedingt eine Hose für den Mann auftreiben, denn seine eigene war nicht mehr zu reparieren. Ebens Hosen kamen nicht in Betracht, denn er war ein ziemlich kleiner und fülliger Mann gewesen. Sie nahm sich vor, Ruth um eine von Calebs Hosen zu bitten.
    „Ich habe Euch eine klare, kräftigende Hühnerbrühe zubereitet. Die wird fürs Erste zum Frühstück genügen müssen.“ „Hühnerbrühe!“ Jonathan schnitt eine Grimasse und zog sich das Hemd über den Kopf. Dahin waren alle seine schönen Träume von brutzelndem Speck und Pfannkuchen! „Hühnerbrühe ist genauso kräftig wie die alte Henne, die dafür gestorben ist“, bemerkt er unfreundlich.
    „Ihr könnt natürlich auch Bohnen und Maisbrot haben. Das hatte ich fürs Abendessen vorgesehen. Macht mich jedoch nicht dafür verantwortlich, wenn dann Euer Fieber zurückkehrt.“ Wütend holte Demaris die Steingutschüssel aus dem Schrank und füllte daraus kalte Bohnen in eine Holzschale.
    „Was wollt Ihr eigentlich?“, fragte Jonathan, den seine Geduld jetzt ebenfalls verlassen hatte. „Nichts würde Euch doch glücklicher machen, als wenn ich hier vor Eurem Herd tot umfiele. “
    Demaris schnappte nach Luft. „Ihr seid das undankbarste Geschöpf auf Erden! Wie kommt Ihr überhaupt dazu, so mit mir zu reden?“
    „Ich rede, und Ihr hört zu, überheilige Schwester!“, erklärte er so laut, dass sie es gar nicht hätte überhören

Weitere Kostenlose Bücher