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Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarrett
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können. „Ich habe Euch nicht gebeten, hierhergebracht zu werden. Und erst recht habe ich nicht darum gebeten, Euch verpflichtet zu sein. Ich bin es leid, dass Ihr wie eine gottverdammte Kindermagd um mich herumflattert. Ich kann mich ja nicht einmal anständig bei Euch bedanken, ohne dass Ihr sofort eine Eurer höllischen Predigten loslasst!“
    Er drückte sich das Kinn auf die Brust und starrte Demaris unter seinen grimmig zusammengezogenen schwarzen Brauen hervor an. „Und falls Eure ganze Zanksucht daher kommt, weil Ihr mich gestern Nacht geküsst habt - nun Mistress, das hat mir weniger als ein Staubkorn bedeutet, und Ihr solltet es tunlichst auch so sehen.“
    Hier meldete sich allerdings sein Gewissen. Demaris zu küssen war etwas ganz Außergewöhnliches gewesen, doch wenn sie seine Absolution brauchte, um wieder umgänglicher zu werden, dann sollte sie sie haben. „Weniger als ein
    verdammtes Staubkorn!“, wiederholte er mit Nachdruck.
    „Ihr wisst ganz genau, dass nicht ich Euch geküsst habe! “, rief sie beleidigt.
    „Ihr mich oder ich Euch, das ist ja wohl kein großer Unterschied, oder?“ Er zuckte lässig die Schultern. „Und noch etwas, Demaris. Da Ihr mich jetzt so verdammt unschicklich findet - habt Ihr Euch an mir sattgesehen, als ich es nicht merkte?“
    „Also ... Oh!“ Ihr fehlten einfach die Worte. Sie griff sich ein Messer und ließ ihre Wut an dem dicken Brotlaib aus. Wie kam der Mann dazu, sich über sie lustig zu machen? Wie konnte er es wagen, ihr zu unterstellen, sie hätte ihn betrachtet - beäugt! -, während er bewusstlos war? Und wieso bedeutete ihm der Kuss weniger als ein Staubkorn?
    Sie schob die reichlich zerfetzten Brotscheiben auf die Bohnen, steckte einen Löffel hinein, marschierte mit der Holzschale quer durch die Küche und drückte sie Jonathan in die Hände.
    „Wenn Ihr Euch auch noch mit einer heißen Mahlzeit vergiften wollt, dann müsst Ihr bis Sonnenuntergang warten“, teilte sie ihm mit, als er zweifelnd die kalten Bohnen betrachtete. „Ich pflege den Ersten Tag mit Meditation zu verbringen, und nicht mit Küchendienst.“ Hocherhobenen Kopfes kehrte sie zu ihrem Stuhl und dem Alten Testament zurück.
    Sie hatte angenommen, ihrem unfreiwilligen Gast würde schon beim Anblick der kalten Bohnen der Appetit vergehen. Allerdings hatte sie nicht mit der Fähigkeit eines Seemanns gerechnet, der fast alles kalt hinunterbekam, wenn die See rau und das Kochen unmöglich war. Und so löffelte Jonathan auch sofort unverdrossen los.
    Demaris’ Bohnengericht mundete ihm sogar kalt noch wesentlich besser, als er es für möglich gehalten hatte, und er seufzte zufrieden, als sich der Geschmack auf seiner Zunge entfaltete. Süßsaures Pökelfleisch, Thymian und Pfeffer. Er war zu hungrig, um alle Gewürze zu ergründen, also aß er rasch und tunkte zum Schluss mit dem Maisbrot die letzten Soßenreste auf.
    Starrköpfige Frau, dachte er nachsichtig, weil das gute Essen ihn besänftigt hatte. Kein Wunder, dass ihr Ehemann an Schlaganfall gestorben ist.
    Immer wieder las Demaris denselben Absatz, ohne die Worte aufzunehmen. Dafür hörte sie Jonathans zufriedenes Seufzen und das Kratzen des Zinnlöffels in der Holzschale. Sie schaute erst auf, als sie die leere Schüssel, von einem deftigen Fluch gefolgt, auf den Boden fallen hörte. Als Demaris Jonathans Blässe sowie den Schweiß auf seiner Stirn sah und beobachtete, wie er wieder in die Kissen sank, erstarb der Tadel, der ihr auf der Zunge lag.
    „Anscheinend reicht eine anständige Mahlzeit, um aus mir einen ungeschickten Tölpel zu machen“, meinte er und lächelte schwach. Wenn er so weitermachte, würde er noch wochenlang hier Gast sein müssen. Verlegen wischte er sich die Brotkrumen aus dem Bart, wobei seine Hand heftig zitterte. „Außerdem möchte ich lieber gar nicht wissen, wie ich mit dieser Wolle im Gesicht aussehe.“
    „Wenn Ihr möchtet, hole ich Ebens Rasierzeug“, bot Demaris leise an, während sie das Essgeschirr aufhob. Sie konnte unmöglich böse mit dem Mann bleiben, wenn es ihm so schlecht ging. Hätte sie ihm nur nicht so früh so viel zu essen gegeben.
    Bedauernd schüttelte er den Kopf und zeigte ihr seine zitternden Hände. „Falls ich heute ein Rasiermesser in die Nähe meiner Kehle brächte, würdet Ihr mich schneller als erwartet los sein.“
    „Ich werde das übernehmen.“ Sie hängte einen kleinen Wasserkessel über das Feuer und lief dann die Treppe hinauf, um Handtuch, Seife

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