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Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarrett
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mir doch, weshalb habt Ihr Euch mit einem Messer in der Hand -meinem Messer - hier im Dunkeln versteckt wie die böse Sünde persönlich?“
    Er lachte rau. „Männer mit Schusswunden müssen sich davor hüten, dass ihre Feinde zu ihnen zurückkehren, um das Vorhaben zu vollenden. Dachtet Ihr wirklich, ich würde nicht unter Eurem hübschen Verband nachschauen? Das war das Werk einer Pistole, und die Narbe wird mich bis in mein Grab begleiten. Wer war der Täter, Demaris?“
    „Ich sagte es Euch doch bereits! Ihr wart verletzt, als ich Euch am Strand ... “
    „Demaris! “ Er sprach ihren Namen wie eine Warnung, wie eine Drohung aus.
    „Ich kann Euch nicht mehr sagen, Jonathan, weil ich nicht mehr weiß! “ Sie war den Tränen nahe, und ihre Stimme bebte vor Furcht und Zorn. „Vielleicht seid Ihr tatsächlich ein Pirat, wie die anderen behaupten. Möglicherweise bringt Ihr mich um, weil ich Euch erzürnt habe. Dennoch kann ich Euch nichts erzählen, das ich nicht weiß. Weshalb glaubt Ihr mir denn nur-nicht?“
    Er glaubte ihr ja, denn plötzlich sah er vor sich das entsetzte Gesicht eines Seemanns in dem Moment, als diesem
    sein, Jonathans, Entermesser in die Brust drang. Er erinnerte sich an die Schreie der Sterbenden ringsum, er sah eine Schaluppe, einen schmucken Kauffahrer, steuerlos treiben, und er sah sich selbst in einem Rock so rot wie das Blut auf dem Deck um sich herum, sah, wie er versuchte, den leeren Platz des Kapitäns am Steuer einzunehmen.
    Er schloss die Augen, um wieder zu vergessen, woran er sich doch so dringend hatte erinnern wollen. Ein Pirat! Ein Schurke, der gnadenlos und gewissenlos andere Seeleute überfiel und ausraubte! Kein Wunder, dass kein Mannschaftsmitglied, kein Bruder und keine Schwester nach ihm gesucht hatte. Welchen anständigen Menschen würde es kümmern, was aus einem Verbrecher wie ihm wurde?
    Demaris Allyn. Sie war die einzige anständige Person, die es kümmerte. Und wie behandelte er sie dafür?
    Er stöhnte und warf das Messer fort. Es rutschte über den nackten Fußboden. Jonathan wollte um ihre Vergebung flehen, wollte das Gesicht an ihren weichen Brüsten bergen und glauben, dass die Güte, die sie ihm zeigte, mehr zählte als das Böse, das er aus sich selbst gemacht hatte. Er wollte sie noch einmal seinen Namen aussprechen hören, wollte noch einmal ihre Lippen auf seinen fühlen und vergessen, vergessen.
    Er rollte von ihr herunter, lag auf dem Rücken und starrte in die Dunkelheit. Er hörte Demaris aufstehen und zum Herd gehen. Ihre Röcke streiften dabei sein Handgelenk. Sie stocherte in den glühenden Holzkohleresten, damit sie aufflammten, und fügte dann neue Scheite hinzu. Danach beschäftigte sie sich laut klappernd mit Töpfen und Kesseln.
    Langsam zog sich Jonathan in die Höhe, wobei er sich erst an einer robusten Bank und dann an der Wand festhielt. Sein verletztes Bein protestierte, doch der Schmerz war wenigstens etwas Echtes, etwas Wirkliches, eine Tatsache.
    „Das Abendessen für Euch wird gleich fertig sein“, bemerkte Demaris. „Es ist natürlich nichts Besonderes, doch Ihr ... “
    „Ich habe keinen Hunger. Wer weiß noch, dass ich hier bin, Demaris?“
    Sie hielt in ihrer Arbeit inne, wandte ihm indessen weiterhin den Rücken zu. „Nur meine Pächter, Daniel und Seth
    Reed, sowie die Turners, sonst niemand.“
    „Also noch etwas, wofür ich Euch Dank schulde.“ Er sah den Feuerschein über ihren Rücken und die Hüften spielen. Goldene Haarsträhnen waren unter der Haube hervorgerutscht, die jetzt so entzückend schief auf ihrem Kopf saß. „Ich weiß, ich habe Euch genug Unannehmlichkeiten verursacht, doch ich verschwinde, sobald ich kann. Darauf habt Ihr mein Wort, was immer das auch wert sein mag.“
    Jetzt drehte sie sich zu ihm um. „Ihr schuldet mir gar nichts, Jonathan. Ihr mögt gehen oder bleiben, ganz wie es Euch beliebt.“ Sie schluckte und blickte bekümmert drein. „Es war ein Fehler von mir, Euch beim Heimkommen nicht laut zu rufen, doch als ich sah, dass das Haus dunkel war, habe ich mich gefürchtet. “
    „Vor mir, meine Liebe?“ Er lächelte müde. „Gott weiß, dass Ihr dazu auch allen Grund habt. “
    „Ich hätte nie äußern dürfen, dass Ihr möglicherweise ein Pirat seid“, sagte sie heftig. „Daniel behauptete es als Erster, was natürlich eine dem Rum entsprungene Fantasie war. Und Ruth hat es auch gesagt, doch sie nimmt ohnehin von jedem Menschen das Schlechteste an. Ich selbst habe es jedoch

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