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Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarrett
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wie Ihr von Euch als Piraten sprecht, wenn auch nur im Scherz. Ich glaube nicht, dass Ihr ein Pirat seid, und ich wünschte nur, ich hätte Euch mit meinem dummen Gerede nicht belastet. Ich wünschte wirklich ... “
    „Gebt jetzt Ruhe, gute Frau.“ Jonathan legte einen Finger erst über seine, dann über ihre Lippen. „Ich sagte Euch doch bereits gestern Abend, dass es schon gut sei. Es ist vollkommen ohne Belang.“
    Seinen Finger auf ihren Lippen zu fühlen, erschreckte sie, und sie zog rasch den Kopf zurück. Jonathan lächelte sein etwas schiefes Lächeln. Er hatte sie nicht berühren wollen, wirklich nicht, doch sie war ja eine solche Versuchung!
    „Es ist ein zu strahlender Morgen, um ihn mit einem finsteren Gesicht und Reue zu verderben“, meinte er scheinbar unbekümmert. „Ich verspreche, ich rede nicht mehr von Piraten, doch das nächste Mal, Scheherezade, denkt an die Wahrheit, die hinter Euren Äußerungen liegen mag.“
    Er ließ eine der Goldmünzen in ihre Schürze fallen. „Wenn einer von Euren Leuten nach Newport fährt, sagt ihm, er möge mir einen weniger auffälligen Rock besorgen. Ich will nicht gleich aus zehn Meilen Entfernung erkannt werden. Einen Filzhut und ein oder zwei Hemden ebenfalls. Und dann noch Tabak, wenn möglich,Virginia.“
    Demaris schaute auf die Münze hinunter, die das strenge Profil von König William und Königin Mary zeigte. „Bedeutet das, Ihr werdet heute noch nicht fortgehen?“, fragte sie ganz leise.
    „Ich werde gehen, wenn ich dazu in der Lage bin oder wenn Ihr mich hinauswerft, und beides scheint heute noch nicht der Fall zu sein.“
    Er warf ihr einen Seitenblick zu, und wieder erschien dieses schiefe Lächeln auf seinem Gesicht. „Außerdem haben die Schindeln auf Eurem Stall ziemlich unter dem Winter gelitten, und wenn Ihr die Zäune um Euren Gemüsegarten nicht repariert, werden sich sämtliche Rehe und Kaninchen eingeladen fühlen, sobald das erste Grün sprießt.“
    Demaris hatte das unbestimmte Gefühl, dass er sie neckte, ohne es zu merken. „Caleb wird sich gleich nach der Frühjahrsaussaat um das Dach kümmern, und was die Zäune betrifft - auf Aquidneck gibt es schon seit fünfundsiebzig Jahren keine Rehe und keine Kaninchen mehr. Auf einer Insel braucht man sich nur ein einziges Mal der Plage zu entledigen, und damit hat es sich dann. Nur weshalb interessieren Euch meine Dachschindeln und meine Gartenzäune?“
    „Ach Demaris, ich hatte gehofft, mich in Eure geschätzten Dienste begeben zu dürfen, doch anscheinend habt Ihr keinen Platz für mich. “
    „Ihr?“, fragte sie verächtlich. „Was wisst Ihr denn von Schindeln und Zäunen?“
    „Mehr als ich üblicherweise zugeben würde. Bewahrt es als Geheimnis zwischen uns beiden, ja? Ich wurde auf einer Farm ganz ähnlich dieser hier geboren, und Ihr werdet feststellen, dass ich durchaus brauchbar beim Schindelspalten und ähnlichen Dingen bin.“
    „Und Euer Bein?“
    „Dem wird die Arbeit überaus guttun. “ Zum Beweis erhob er sich, nahm seine Krücke auf und bewegte sich ungelenk, doch ohne Missgeschick über die Steine. „Es ist das Umsorgen und Verhätscheln, das aus Männern Krüppel macht. Als ich mir damals dieses selbe unglückselige Bein brach, bestand der Bader darauf, es mir abzunehmen, weil es unrettbar zerstört sei. Nun, ich habe ihm seinen Irrtum bewiesen, und ich werde es auch Euch beweisen.“
    Demaris stand gleichfalls auf und ging neben ihm her. Jonathan war einer der wenigen Männer, die sich nicht auf Augenhöhe mit ihr befanden oder, was noch unangenehmer war, auf die sie hinunterschauen musste und derentwegen sie ein wenig krumm laufen musste, um nicht größer zu sein als sie. „Ihr erinnert Euch also wieder an etwas?“
    „Ja, an ein wenig.“ Und leider an mehr, als mir recht sein kann, dachte er finster. „Und nur Mut, meine Liebe. Kaninchen oder nicht - ich werde Eure Zäune noch vor dem Abendessen gerichtet haben.“
    Während der kommenden fünf Tage arbeitete Jonathan von Sonnenaufgang bis zum Nachtanbruch auf der Farm. Zu Demaris’ Verwunderung war er tatsächlich so geschickt, wie er behauptet hatte.
    Am Ende der Woche waren nicht nur sämtliche Gartenzäune repariert und neue Schindeln für das Dach geschnitten, sondern auch die Scharniere an jedem Fensterrahmen waren geölt, ein neues Brunnenseil war eingezogen worden, das Hühnerhaus stand nicht mehr windschief, und das Pferdegeschirr war in Ordnung gebracht worden. Demaris musste sich

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