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Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarrett
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ich euch eigenhändig die Haut ab und nagele sie an den Mastbaum! “
    Ohne weiteres Wort stolperte Sam Hull durch den Apfel-garten davon, und Elijah Barnum folgte ihm auf den Fersen. Jonathan blickte ihnen hinterher und ließ das Gewehr sinken. Seine Hände zitterten vor mühsam unterdrückter Wut. Was wäre geschehen, wenn er die Männer nicht schon von Weitem gesehen und Zeit gehabt hätte, die Muskete zu holen? Wenn er sich vorstellte, wie dieses dreckige Seemannspack mit Demaris verfahren wäre, hätte er die Kerle ungesäumt umbringen mögen.
    Er zwang sich zu einem Lächeln und wandte sich mit ausgestreckten Armen zu ihr um. So sehr er sie trösten wollte, so sehr brauchte er selbst die Bestätigung, dass sie nur deshalb unversehrt geblieben war, weil er sie noch gerade rechtzeitig gerettet hatte.
    Doch nach Dankbarkeit stand Demaris jetzt keineswegs der Sinn. Zornrote Flecken zeigten sich auf ihren Wangen, als sie auf Jonathan zutrat. Wortlos nahm sie ihm die Muskete aus den Händen, warf sie in das zusammengekehrte Laub und starrte dann wütend in sein verblüfftes Gesicht.
    „Solange Ihr Euch als mein Gast auf meinem Land befindet, dürft Ihr mich nie, niemals wieder so beschämen! “

6. Kapitel
    Wovon zum Teufel redet Ihr eigentlich?“, fragte Jonathan. „Ihr hättet uns beide totschießen können, so wie Ihr eben mit der Muskete um Euch geworfen habt!“
    Kopfschüttelnd humpelte er zu dem Laubhaufen, doch Demaris war schneller. Sie vertrat ihm den Weg und stand dann mit den Händen auf die Hüften gestemmt vor ihm.
    „Lasst das fluchbeladene Ding liegen! Morgen werfe ich es in den Ozean, und dann gibt es ein Stück männliche Torheit weniger auf dieser Welt!“
    Wieder wollte er sich nach dem Gewehr bücken, und wieder stellte sie sich ihm in den Weg. „Demaris, habt Ihr den Verstand verloren? Ich gebe ja zu, dies ist nicht die allerbeste Muskete, die ich jemals in den Händen gehalten habe, doch sie in den Ozean zu werfen ...
    „Woher habt Ihr sie überhaupt? Hat Daniel sie Euch gekauft? Falls dieser Taugenichts das getan hat, dann ...“ „Gebt nicht ihm die Schuld. Ich habe sie am Dienstag im Stall gefunden. Sie war zusammen mit Pulver und Kugeln in eine alte Pferdedecke gewickelt.“
    Eine Weile betrachtete Demaris Jonathan misstrauisch, dann bückte sie sich selbst, zog die Muskete an ihrem Lauf aus dem Laubhaufen und sah sie sich genauer an.
    „Großer Gott, Demaris, Ihr bringt Euch noch selbst um!“ Diesmal riss er ihr die Waffe aus den Händen und sicherte rasch Flintstein und Hahn.
    Demaris hatte seinen Ausruf anscheinend gar nicht gehört. „Sie gehörte tatsächlich Eben“, flüsterte sie entsetzt, und es klang wie ein Schluchzen. „Er hatte mir geschworen, dass er niemals solche Waffen auf Nantasket aufbewahren würde, und ich habe ihm geglaubt. Und jetzt sieht es so aus, als hätten wir während unserer ganzen Ehe so ein Ding hier auf dem Hof versteckt gehabt. Er hat es mir geschworen, Jonathan, und er hat mich belogen! “
    Sie wandte sich ab, weil sie nicht wollte, dass er sah, wie nahe sie den Tränen war. Sie fasste es einfach nicht, dass Eben seinen Schwur gebrochen hatte, und das schmerzte sie. Wütend holte sie aus und schlug mit der offenen Hand so kräftig gegen den nächsten Apfelbaum, dass die raue Rinde ihre Haut verletzte. Demaris schrie leise auf und schüttelte die Hand, als könnte sie so auch den Schmerz abschütteln. Das ist nur die gerechte Strafe für deine Unbeherrschtheit, schalt sie sich im Stillen.
    Jonathan hatte sich schon überlegt, ob er sie trösten sollte oder nicht, doch nachdem sie schon den armen Baum verprügelt hatte, ließ er es sicherheitshalber. „Möglicherweise bin ich ja ein wenig begriffsstutzig“, sagte er vorsichtig. „Doch weshalb zum Teufel habt Ihr verlangt, dass ein Mann seiner Muskete abschwört?“
    Demaris fuhr wieder zu ihm herum. „Das liegt nicht an mir, Jonathan, sondern an der Welt“, erklärte sie eindringlich. „Wenn die Menschen es nicht lernen, ihre Differenzen sowie ihre Waffen abzulegen und Gott zu vertrauen, dann wird es auf Erden niemals so etwas wie Harmonie geben.“ „Nach allem, was Euch diese fetten Quäker in Newport angetan haben, glaubt Ihr etwa noch an ihr Gewäsch?“, fragte er fassungslos. „O sicher, so etwas taugt natürlich großartig für die hübsche Predigt des Pfarrers am Sabbat... “
    „Die Gesellschaft der Freunde kennt keine Predigten und keine Pfarrer“, erwiderte sie ärgerlich.

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