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Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarrett
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Noch ein Fremder! In diesem Frühjahr spülte anscheinend jede Flut einen an Land, und dieser hier war offensichtlich ebenfalls ein Seemann, wenn auch kaum von Jonathans Rang. Er trug weite, geflickte Segeltuchhosen und eine fleckige gestreifte Weste, die unter seiner kurzen Jacke hervorhing. Ein Stück buntes Kattun war lose um seinen
    Hals geschlungen. Sein graues Haar war so schütter, dass die Kopfhaut hindurchschien, die so braun und ledrig war wie sein Gesicht.
    Als Demaris auf seine Frage nicht sogleich antwortete, spie er und kratzte sich verärgert den Hinterkopf. „Nun geht schon, Frau, und richtet Eurem Mann aus, dass Sam Hull ihn sprechen will.“
    „Ich bedaure dir mitteilen zu müssen, dass du deine Reise vergebens gemacht hast, Sam Hull“, sagte Demaris und wünschte, Ruth wäre noch hier. Jetzt hörte sie das Knacken eines trockenen Astes zu ihrer Linken. Sie drehte sich um und sah einen zweiten Mann, der kleiner und jünger war als Sam Hull, doch mit seiner schmutzigen, scheckigen Jacke keine Spur respektabler aussah als dieser.
    Demaris packte ihre Harke fester. „Mein Ehegemahl ist im vergangenen Herbst verstorben. “
    „Ich habe dir ja gleich gesagt, er ist nicht da, Sam.“ Die Vorderzähne des kleineren Mannes fehlten, sodass er beim Sprechen lispelte. „Sonst hätte er seine Frau auch nicht hier draußen allein gelassen.“
    „Du hast ein Spatzenhirn, Elijah Bamum“, stellte Hull gereizt fest. „Wenn sie eine Witwe ist, kann ihr Mann ja auch nicht hier sein, oder?“
    Barnum pfiff vor sich hin. Ebens Tod schien ihn nicht übermäßig zu erschüttern. Also waren sie keine engen Freunde, dachte Demaris, oder die beiden hatten schon anderswo von Ebens Dahinscheiden gehört. Nur weshalb taten sie, als wussten sie es nicht?
    „Ebenezer Allyn schuldete mir Geld“, behauptete Hull. „Wenn Ihr seine Witwe seid, erwarte ich, dass Ihr das ordentlich für ihn regelt.“
    „Weshalb sollte mein verstorbener Ehemann dir Geld geschuldet haben?“ Ebens Schulden standen immer wie ein Gespenst vor Demaris’ Augen.
    „Er hat beinahe jedem in Newport was geschuldet“, bemerkte Elijah kichernd, woraufhin Sam Hull ihn mit einem Blick zum Schweigen brachte.
    „Euer Gatte schuldete mir fünfundzwanzig Guineen für etwas, das er erledigt haben wollte. Jetzt ist es erledigt, und jetzt will ich bezahlt bekommen, was mir zusteht.“
    „Ich werde dir keinen roten Heller geben nur auf dein Wort hin.“ Demaris versuchte festzubleiben und ganz gelassen zu sprechen. Einerseits glaubte sie den Männern kein Wort, andererseits würde sie sie sicherlich nicht ohne fünfundzwanzig Guineen loswerden, und die besaß sie nicht. „Keinen roten Heller, Sam Hull“, wiederholte sie.
    Hulls Gesicht verfinsterte sich, und er schüttelte den Kopf wie ein Hund mit einem Knochen in der Schnauze. „So geht das nicht, Mistress. Einem Mann vorzuenthalten, was ihm zusteht! Was würde denn Euer Alter dazu sagen?“
    „Er würde sagen, es wird Zeit, dass ihr beide verschwindet, und das sage ich euch jetzt auch.“ Demaris war entschlossen, tapfer zu bleiben. Die Kerle befanden sich unbefugt auf ihrem Land, und sie besaß alles Recht, sie zum Gehen aufzufordern. „Ihr solltet euch sputen. Die Straße nach Newport kann in der Dunkelheit für Reisende eine Strapaze sein.“ Sam Hull blickte womöglich noch finsterer drein. Ehe Demaris wusste, wie ihr geschah, schnappte er ihr den Rechen fort, packte ihre Handgelenke und riss sie zu sich heran. Sie wollte sich befreien, doch Barnum stieß sie lachend an Hulls Brust zurück.
    „Ich glaube nicht, dass wir schon gehen, Mistress“, meinte Hull. Sein Atem roch stark nach Rum und Zwiebeln. „Die Schulden können auch auf anderem Weg bezahlt werden. So als Witwe müsst Ihr doch hier draußen mächtig einsam sein, nicht?“
    „Loslassen! “ Jonathan stand plötzlich hinter ihnen. In den Händen hielt er eine Muskete, die er im Stall gefunden hatte. Er richtete sie auf den Seemann.
    Hull gehorchte sofort. Er hob die Hände, wich zurück und starrte Jonathan an. „Ich ... ich wollte der Dame nichts Böses“, stammelte er. „Ich wollte sie nur ein wenig erschrecken. Seht doch selbst - ihr ist nichts geschehen! “
    „Was ich sehen will, das ist deine Rückseite, wenn du dich jetzt auf dem schnellsten Weg in das Rattenloch verziehst, aus dem du gekrochen bist“, herrschte Jonathan ihn an. „Und falls ich einen von euch noch einmal auf diesem Grund und Boden antreffe, dann ziehe

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