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Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarrett
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ohnehin niemandem verkaufen. Also machen wir jetzt das, was jeder vernünftige Händler tun würde: Wir bringen unsere Ware zu einem anderen Markt.“
    „Ihr redet unverständig, Jonathan“, stellte sie fest und rieb sich die nackten Oberarme.
    Jonathan hatte Demaris zusammen mit Ruth am Fluss gefunden, wo sie die Schafe von Nantasket sauberschrubbten, bevor diese in der nächsten Woche geschoren wurden. Trotz der Sonne fror sie hier oben in der frischen Meeresbrise. Ihr ältester Wollrock war vom Waten im Fluss durchnässt, der
    schwere Stoff klebte ihr an den Beinen, und ihre Füße steckten in klobigen Holzpantinen.
    „Die einzigen Menschen, an die ich zu verkaufen wage, leben in Newport, und um dorthin zu gelangen, benötigt man ganz gewiss kein Boot. “
    „Eine Schaluppe, Liebste, kein Boot. Eine kleine Schaluppe.“ Demaris’ Haar war schlicht geflochten, ein dicker Zopf aus dunklem Gold - Jonathan musste ihr einfach einmal über den Hinterkopf streichen.
    Zu seiner Freude schmiegte sie sich wie eine Katze gegen seine Hand, zog sich dann jedoch hastig zurück, senkte den Kopf und schaute Jonathan unter den Wimpern hervor an. Drei ganze Tage war er fortgewesen, und ihr war das wie eine Ewigkeit erschienen.
    „Meinetwegen, eine Schaluppe also.“ Gern hätte sie ihm ebenfalls übers Haar gestrichen. „Wozu brauchen wir denn eine Schaluppe?“
    „Heute Nacht, mein ahnungsloser Engel, werden wir beide mit den Reeds als Mannschaft die Bucht hinauf nach Providence segeln und dort den armseligen Madeira verkaufen.“ „Providence! “, rief Demaris erschrocken aus. „Ihr seid ein Mann, ein Seefahrer, der die Welt gesehen hat. Ich hingegen bin noch nie über Newport hinausgekommen und habe niemals auch nur im Traum daran gedacht, Aquidneck zu verlassen.“
    „Dann will ich auch ehrlich sein, Demaris. Ich bezweifle nämlich stark, dass ich jemals zuvor mit einer Frau an Bord gesegelt bin. Dies ist also für uns beide eine vollkommen neue Erfahrung.“
    Das tröstete Demaris nur wenig. „Providence ist viele, viele Meilen entfernt, und wir kennen da keinen Menschen“, wandte sie ein. „Wie könnt Ihr hoffen, ausgerechnet dort den Madeira zu verkaufen?“
    „Auf dem Fluss sind es nur dreißig Meilen von Nantasket bis Providence, Demaris. Hin und zurück schaffen wir das in drei Tagen. Das müssen wir sogar, denn am Samstag muss ich die Schaluppe dem Eigner wieder zurückgeben.“
    Seine Augen funkelten verdächtig. „Und was das andere betrifft, so hatte ich mir vorgestellt, Ihr würdet den Wein von Haus zu Haus verhökern - so ähnlich wie ein Milchmädchen, mit einem Joch auf den Schultern, an dem zu beiden Seiten ein Eimer baumelt... “
    „Ihr neckt mich schon wieder!“, stellte Demaris empört fest und gab ihm einen solchen Stoß, dass er lachend rückwärts taumelte. „Ich stelle Euch eine sachliche Frage, und statt sie ebenso sachlich zu beantworten, müsst Ihr Euch gleich wieder auf meine Kosten lustig machen.“
    Jonathan bemühte sich nach Kräften, ganz ernst zu sein, doch seine Lippen zuckten so schadenfroh, dass Demaris nicht wusste, ob sie das hinreißend oder ärgerlich finden sollte.
    „Providence ist keine so großartige Stadt wie Newport“, erläuterte er. „Ich garantiere Euch, dass wir ohne Schwierigkeiten einen Abnehmer finden werden. Höchstwahrscheinlich einen nicht sehr wählerischen Tavernenwirt, der gleich die ganze Ladung übernimmt. Wie dem auch sei, Ihr solltet mir vertrauen, so wie Ihr mir bis jetzt vertraut habt.“ Demaris seufzte. Sie zog sich ihren Zopf über eine Schulter und tat, als betrachtete sie interessiert das zusammengebundene Ende. „So wie ich Euch während der letzten drei Tage vertraut habe?“, fragte sie ganz leise. Natürlich hatte sie nicht das Recht, ihn zu fragen, wo er gewesen war, doch die Neugierde war stärker als ihre besten Vorsätze. „Im Regen seid Ihr gegangen, und im Sonnenschein seid Ihr zurückgekehrt. “
    „Ach Demaris“, flüsterte er. Ob eifersüchtig oder besorgt, beides bedeutete, dass sie ihn vermisst hatte. „Ich habe die letzten drei Tage in Newport verbracht, in der Art von Rumschenke, von deren Existenz Ihr gar nichts ahnt. Ich habe gebetet, die Würfel mögen so fallen, dass ich das Geld zusammenbekomme, um diese kleine Schaluppe dort zu mieten.“ Er trat näher zu Demaris heran. „Falls Ihr Zweifel hegt, könnt Ihr ja Daniel und Seth fragen. Sie werden Euch bestätigen, dass die einzige Frau, nach der ich gerufen

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