Flames 'n' Roses
gar nicht zu Wort kommen.
»Das sind welche von uns, die da umgebracht werden, und was auch immer dahintersteckt, ist nicht nur eine Bedrohung für die paar besonderen Wesen, die es auf der Welt noch gibt, sondern auch für uns.«
»Es tut mir ja echt leid, dass diese Paranormalen gestorben sind, aber ganz ehrlich: Um diese Vampire, die versucht haben, mich umzubringen, ist es nicht schade.«
»Es geht nicht nur um Vampire; da draußen gibt es ganze Arten, von denen du noch nicht mal weißt, dass sie existieren. Und wenn das hier so weitergeht, tun sie’s auch bald nicht mehr. In was für einer kalten, leeren Welt müssen wir dann leben?«
»Ist sie das nicht sowieso schon?« Bitterkeit durchzog meine Stimme. Ich war weder das eine noch das andere – dadurch, dass ich sowohl normal als auch paranormal war, gehörte ich nirgends dazu. Und vom Nichtdazugehören hatte ich wirklich genug.
»Das ist sie nicht, glaub mir. Ich würde es dir so gern beweisen. Aber dann müssen wir dafür sorgen, dass diese Welt nicht zerstört wird.«
Ich seufzte. »Was kann ich denn tun?«
»Woher kennst du diese Gedichtzeile? Die mit den Augen?«
Ich stellte den Laptop weg und drehte mich zu ihm. »Ich weiß nicht so richtig. Auf einmal war sie in meinem Kopf. Ich glaube, ich hab sie geträumt, so ungefähr an dem Tag, als du kamst. ›Augen wie Bäche aus Schnee und aus Eis …‹« Ich stockte, versuchte mich zu erinnern. »›… voll Kälte – so vieles, was sie noch nicht weiß‹?«
Er hielt die Luft an und nickte. »Kennst du auch den Rest?« Ich schüttelte den Kopf. »Vielleicht kannst du mir dabei helfen, es zu entschlüsseln. Ich –«
Wir sahen beide auf, als das helle Licht einer Pforte, die an der Wand erschien, den Raum erfüllte.
»Erwartest du Besuch?«
»Nein.« Ich rutschte ein Stückchen näher an ihn ran.
Wir sahen, wie eine Gestalt durch die Tür trat. Reth.
»Ach, piep«, flüsterte ich ärgerlich. Ich hatte mein Messer nicht dabei. Ich hatte gar nichts.
»Da bist du ja«, sagte er mit einem liebenswürdigen Lächeln.
Raquel hatte also nichts unternommen, um ihn aufzuhalten.
»Lo–« Ich kam noch nicht mal bis zur zweiten Silbe seines Namens, als er schon mit einer Handbewegung und einem geflüsterten Wort meine Stimme verschwinden ließ.
»Du musst jetzt nichts sagen.« Er lächelte immer noch.
Lend sah mich an. Ich deutete panisch auf meine Kehle und formte mit den Lippen die Worte »Hol Hilfe«.
»Lass sie in Ruhe«, sagte Lend, stand auf und stellte sich vor mich.
»Evelyn gehört mir. Du bist vollkommen unerheblich.« Mit einem lässigen Handwedeln schleuderte Reth Lend quer durch den Raum, sodass dieser gegen die Wand krachte und bewusstlos auf dem Boden zusammensackte. Ich schrie, aber es kam kein Ton heraus.
Reth glitt geschmeidig durch den Raum und setzte sich neben mich aufs Bett. Ich schlug nach ihm, aber er hielt nur meinen Arm fest und lachte. Ich versuchte, mich aus seinem Griff zu winden, doch er strich mit dem Zeigefinger der anderen Hand meine Wirbelsäule hinunter und lähmte mich. Es war wie in einem dieser Albträume, wenn man zusehen muss, wie etwas geschieht, und nicht eingreifen kann.
Lend lag völlig reglos da. Mir traten Tränen in die Augen.
Reth ließ die Hand auf meinem Unterarm liegen und umschlang mein Handgelenk mit seinen langen Fingern. »Entschuldige meine Eile, aber die Umstände haben sich verändert und erlauben nicht, dass wir in unserem früheren gemächlichen Tempo fortfahren.« Seine Wärme kroch meinen Arm hinauf. Ich schloss die Augen und versuchte, sie zum Anhalten zu zwingen. Sie verlangsamte sich und hielt schließlich inne. Es war, als hielte ich sie durch pure Willenskraft auf. Lange würde ich das nicht durchhalten.
»Mach’s mir doch nicht so schwer. Wenn ich fertig bin, wird alles besser – du wirst schon sehen.« Zärtlich lächelte er mich an, strich mit dem Finger über meine Wange und hinterließ auch dort eine Hitzespur. »Wir beide haben doch noch so viel vor – wir werden eine Menge Spaß zusammen haben.« Ich ließ mich nicht aus meiner Konzentration reißen.
»Evelyn.« Er klang verärgert. »Was ich dir hier gebe, ist ein Geschenk. Ich sorge dafür, dass du vorankommst. Es war doch nur eine Frage der Zeit. Du gehörst zu mir und dies hier ist der beste Weg.« Er drückte mein Handgelenk fester. In mir glühte es heißer und heißer. Die Wärme war nicht mehr angenehm, sie tat weh. Es war, als würde seine Hand sich in mich
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