Flames 'n' Roses
blickte auf den Verband, den die Ärztin mir anlegte. So musste ich die Flammen wenigstens nicht mehr sehen.
»Ich messe jetzt noch deine Temperatur. Du fühlst dich ziemlich kühl an, ich mache mir Sorgen, dass das ein Nebeneffekt sein könnte.« Sie steckte mir ein Thermometer ins Ohr, das nach ein paar Sekunden piepste. Die Ärztin warf einen Blick darauf und da war es wieder – das besorgte Stirnrunzeln. Das war ja fast so schlimm wie Raquels Seufzer. »Das ist viel zu niedrig. Da muss was mit dem Thermometer nicht stimmen. Geht es dir denn ansonsten gut?«
Ich sprang schnell vom Tisch, ängstlich, dass sie darauf kommen könnte, dass hier etwas ganz und gar nicht normal war – sondern paranormal. Als ich damals hier angekommen war, hatten sie mich komplett durchgecheckt, und dann war da ja noch diese Sache mit dem Knöchel, aber abgesehen davon war ich noch nie hier gewesen. Ich konnte mich nicht mal erinnern, jemals krank gewesen zu sein. Wahrscheinlich lag das einfach daran, dass ich so gut wie vollkommen abgeschieden von äußerlichen Einflüssen lebte. Auf jeden Fall wollte ich nicht, dass sie anfing, mich unter die Lupe zu nehmen, und dabei vielleicht herausfand, dass ich noch viel seltsamer war, als sie eh schon dachten. »Ja, alles super, ehrlich. Ich hab nie besonders hohe Temperatur. Das Thermometer ist sicher kaputt, macht doch nichts.«
»Na gut. Wenn dein Handgelenk wehtut oder du sonst irgendwelche ungewöhnlichen Symptome bemerkst – egal, was –, dann melde dich, ja?«
»Mach ich.« Ich verließ die Krankenstation. Raquel blieb mir auf den Fersen.
»Warum ruhst du dich nicht ein bisschen aus?«, fragte sie und bemühte sich, mit meinem Tempo Schritt zu halten.
»Ich will da sein, wenn Lend aufwacht.«
»Also, ich finde nicht –«
»Raquel«, unterbrach ich sie mit eisernem Blick, »er hat mich gerettet. Er hat sich Stromschläge verpassen lassen, um mich zu retten, verdammt noch mal. Ich will da sein, wenn er aufwacht, damit ich mich bei ihm bedanken kann.«
Sie stieß einen leisen »Schon gut, ich gebe auf« -Seufzer aus und nickte. »Aber sei bitte vorsichtig, ja? Wir wissen immer noch nichts über ihn.« Tja, über mich wussten sie auch nichts.
»Und wenn er dir erzählen sollte, wo er herkommt oder was er vorhat, sagst du’s mir gleich.«
Ja, ganz bestimmt, dachte ich. »Ist gut«, sagte ich.
Sie begleitete mich bis zu seinem Zimmer und blieb vor der Tür stehen, als ich hineinging. »Gut – dann sehe ich später noch mal nach dir.« Sie stand noch einen Moment unschlüssig da, dann verschwand sie.
Lend war immer noch k.o. Ich setzte mich neben ihn auf die Bettkante und fragte mich, wie lange es wohl dauern würde, bis er wieder aufwachte. Ich fühlte mich furchtbar. Das war alles meine Schuld – schon wieder.
Ich starrte ihn an, froh darüber, dass er die Shorts trug. So musste ich kein schlechtes Gewissen haben. Er war der Wahnsinn! Ein fast unmerklicher Schimmer erfüllte ihn, der von seiner Brust auszugehen schien. Ich betrachtete sein Gesicht. Wenn er sich in jemand anderen verwandelte, konnte ich nur Spuren seiner Gesichtszüge darunter erkennen, aber wenn er einfach er selbst war, so wie jetzt, war es ein bisschen leichter. Ich beugte mich weiter vor und versuchte mir sein Aussehen einzuprägen. Schließlich war es ja irgendwie schon komisch, in einen Typen verknallt zu sein, der jedes Mal komplett anders aussah, und ich wollte Lends wahres Gesicht vor Augen haben, wenn ich an ihn dachte. Er war auf seltsame Art schön – sogar schöner als die Feen, weil sein Gesicht menschlich war.
Ich beugte mich noch weiter vor und fiel beinahe auf ihn drauf. Das wollte ich lieber nicht noch mal riskieren, also stand ich auf und kniete mich vors Bett, das Kinn auf die Ellenbogen gestützt. Neugierig streckte ich die Hand aus und fuhr mit den Fingern durch sein Haar. Es fühlte sich weicher und glatter an, als ich es mir je hätte vorstellen können. Ich war so sehr damit beschäftigt, mir sein Haar genau anzusehen und damit herumzuspielen, dass ich gar nicht bemerkte, wie er aufwachte, bis die Haarsträhne, die ich gerade zwischen den Fingern zwirbelte, auf einmal schwarz wurde.
»Oh!«, machte ich und wich so hastig zurück, dass ich auf dem Hintern landete. »Du bist ja wach!«
Er trug mal wieder den dunkelhaarigen, dunkeläugigen Standardschnuckel und sah mich verwirrt an. Bevor er fragen konnte, warum ich bitte schön in seinen Haaren herumwuschelte, plapperte ich
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