Flames 'n' Roses
hatte ich begriffen, mit wie wenigen Paranormalen ich für gewöhnlich in Kontakt kam. Von den meisten Wesen da drin wusste ich noch nicht mal, was sie waren.
Schließlich gab ich es auf, mich zum Aquarium durchzudrängeln, und ging stattdessen in den Sicherheitstrakt. Obwohl es hier etwas ruhiger zuging, waren die meisten Zellen besetzt. Ich konnte mir einen Blick durch die offenen Türen nicht verkneifen, um zu sehen, wer oder was in den Zellen saß. Es war deprimierend. Alle Paranormalen, die ich sah, hockten apathisch auf ihren Betten herum, vollkommen niedergeschlagen.
Als ich bei Lends Zimmer ankam, war der Flur gerade ganz leer. So schnell ich konnte, huschte ich hinein.
»Was ist los?«, fragte er und sprang auf.
»Es ist total verrückt – Komplettabriegelung. Dieses Wesen hat unsere Niederlassung in Birmingham ausgeschaltet – jeden Einzelnen dort. Deshalb haben sie alle hier zusammengerufen. Keiner darf rein oder raus, bis sie die Sache unter Kontrolle haben.«
»Na ja, zumindest sind so die Paranormalen geschützt, von denen die IBKP weiß. Wenigstens etwas.«
»Ja, wahrscheinlich.«
»Ich hatte gestern Abend Besuch«, sagte er. Erst in diesem Moment merkte ich, dass er diesmal den gut aussehenden schwarzen Typ trug. Mittlerweile konzentrierte ich mich so sehr auf sein wahres Ich, dass ich von seinem Äußeren kaum noch was mitkriegte.
»Oh, etwa jemand vom Vorstand?«
»Hmmhm. Mann, also wenn ich in einer so riesigen, internationalen Geheimorganisation das Sagen hätte, dann würde ich mir aber einen imposanteren Titel aussuchen als ›Vorstand‹. Masters of the Universe oder so.«
Ich lachte. »Schon klar. Alles okay bei dir?«
»Sicher. Die haben mir ’ne ganze Menge Fragen gestellt und ich habe keine einzige beantwortet. Ziemlich produktives Treffen.«
Ich nickte niedergeschlagen. »Raquel und ich hatten … einen … Streit … deinetwegen. Seitdem haben wir uns nicht mehr gesehen und mit dem Vorstand lässt sie mich auch nicht reden.« Ich streckte ihm die Kekse hin. »Dachte mir, du magst vielleicht was Süßes. Sonst kann ich ja nichts für dich tun.«
»Danke.« Er nahm die Packung und legte sie aufs Bett. Dann standen wir verlegen da.
»Ich geh wohl besser. Nicht, dass wir noch Schwierigkeiten bekommen, ist nicht so der günstigste Zeitpunkt.«
Er machte ein enttäuschtes Gesicht. »Okay.«
Spontan beugte ich mich vor und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Als ich mich wieder aufrichtete, lächelte er mich an.
»Bis bald«, strahlte ich mit roten Wangen zurück und schwebte wie auf Wolken hinaus.
Lish sah ich schließlich am nächsten Morgen wieder. Jeder aus der Datenverarbeitung war wahnsinnig gestresst, alle rasten durch die Flure, tratschten und verbreiteten Gerüchte. Lish hingegen war in ihrem Element. Sie huschte wild herumwedelnd von Bildschirm zu Bildschirm und gab den Menschen und Paranormalen um sie herum unablässig neue Kommandos.
»Hey, was läuft?« Ich ignorierte die Schlange vor ihrem Aquarium und lehnte mich an die Scheibe.
»So einiges. Ich verteile die Dienste um, weil die Werwölfe ja heute Nacht außer Gefecht sind. Und dann hat immer noch nicht jeder eine feste Unterkunft, darum muss ich mich also auch noch kümmern.«
»Warum pennen die Werwölfe denn nicht einfach in der Sporthalle? Dann hast du wenigstens für diese Nacht ein paar Schlafplätze.« Die Sporthalle war ein riesiger, massiv gebauter Raum, in dem sich normalerweise die etwas lebhafteren Paranormalen (also die, die völlig am Rad drehten) austoben konnten.
Mit einem Lächeln um die Augen sah Lish zu mir auf. »Das ist eine tolle Idee. Danke dir.« Dann wandte sie sich wieder ihren Bildschirmen zu.
Ziemlich am Anfang der Schlange stand ein Vampir, den ich noch nicht kannte; sein Cover war ein umwerfend gut aussehender Teenager mit dunklem Haar und leuchtend blauen Augen. Er setzte sein charmantestes Lächeln auf. »Hey«, sagte er.
Unfassbar, er versuchte sofort, mich zu ködern. Vampire können Gedanken manipulieren. Zwar nicht sehr stark, aber sie schaffen es, einen zu beeinflussen, wenn man sowieso schon in die richtige Richtung tendiert. Wenn man also ein bisschen Angst hat, können sie einem die totale Panik einjagen. Und wenn man sie irgendwie gar nicht so übel findet, machen sie einen zum sabbernden Groupie. Bedauerlicherweise für diesen speziellen Vampir sah ich jedoch direkt durch sein appetitliches Äußeres hindurch auf die Leiche darunter. Na, wenn ich mich bei dem
Weitere Kostenlose Bücher