Flames 'n' Roses
zittern. Doch ich wollte hier nicht weg, niemals. Wenn ich nicht ging, dann ließ ich sie nicht allein, dann konnte sie mich auch nicht verlassen. Ich verlagerte mein Gewicht und keuchte auf. Etwas Hartes, Scharfes hatte sich durch meine Leggings in meinen Oberschenkel gebohrt. Das Wasser färbte sich rot und dieser Anblick riss mich aus meiner Starre. Ich küsste Lish noch einmal und legte sie sanft auf den Boden. Dann stand ich auf und zog zitternd die Glasscherbe aus meinem Oberschenkel.
Es war hier! Ich stürzte aus dem Aquarium zum Notfallknopf an der Wand. Mit dem Ellenbogen zerschlug ich die Glasscheibe und drückte ihn. Sofort flackerte das grelle Stroboskoplicht auf und die laute Alarmsirene schrillte los.
Raquel – ich musste Raquel Bescheid sagen. Ich zog meinen Kommunikator hervor und tippte ihre Nummer ein, während ich schon zu ihrem Büro raste.
»Was ist?«, meldete sie sich. »Ich versuche gerade, Lish zu erreichen, wir wissen nicht, wieso der Alarm losgegangen ist.«
»Lish ist tot«, schluchzte ich, während ich weiterrannte. »Es ist hier. Es ist hier!«
Für eine Weile, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, blieb die Leitung stumm.
»Gott im Himmel«, flüsterte Raquel. Dann, die Stimme voller Hast und Panik, fuhr sie fort: »Wir treffen uns am Transportzentrum. Ich sage allen Mitarbeitern Bescheid. Es hat es anscheinend nicht auf Menschen abgesehen – wir müssten rechtzeitig hier rauskommen.«
Ich änderte die Richtung und rannte los zum Transportzentrum. Doch dann blieb ich stehen. »Was ist mit den Paranormalen?« Was war mit Lend?
»Wir haben keine Zeit. Los, beeil dich!«
Ich zögerte. Mein ganzer Körper schrie förmlich danach, wegzurennen – nichts wie raus hier. Der Tod wanderte durch diese Flure und ich musste ihm entkommen. »Nein«, flüsterte ich und schaltete meinen Kommunikator aus. Ich machte kehrt und rannte zurück in die Richtung, aus der ich gekommen war, zu Lends Zelle. Er war dort gefangen, vollkommen hilflos. Genau wie Lish.
Lish.
Niemand hatte es verdient, so zu sterben.
Als ich an der Sporthalle vorbeikam, blieb ich wie angewurzelt stehen. Da drin lagen über hundert Werwölfe – betäubt, weil Vollmond war – und schliefen. Charlotte war dort und Jacques – er hätte auch dort sein sollen. Auf einmal war mir speiübel. Ich konnte sie nicht wecken und ihnen sagen, dass sie weglaufen mussten. Und raustragen konnte ich sie auch nicht. Was sollte ich machen? Da kam mir eine Idee.
»Denfehlath!«, rief ich.
Nach ein paar Sekunden öffnete sich eine Pforte in der Wand und sie trat heraus. Ihre rubinroten Augen glitzerten vor Aufregung.
»Rette die Paranormalen und beginne mit den Werwölfen«, befahl ich.
Ihr Lächeln verblasste. »Was?«, zischte sie.
»Fang am besten sofort an. Du musst eine Menge schlafender Werwölfe da raustragen.«
Bebend vor Wut starrte sie mich an, betrat dann aber die Sporthalle. Sie hatte keine andere Wahl, als mir zu gehorchen.
Nachdem sich die Türen hinter ihr geschlossen hatten, legte ich die Hand für fünfzehn Sekunden auf den Scanner. Er leuchtete rot auf und ich tippte eine Kombination ein, die die Türen verschloss.
Zwei Vampire kamen aus einem Seitengang und sahen mich. »Was ist denn los?«, fragte Vlad. Bei ihm war der Typ, der vorhin versucht hatte, mich anzumachen.
»Ihr müsst euch verstecken! Es ist hier!«
Das Ende des Flurs war plötzlich lichterfüllt; eine Gestalt kam um die Ecke. Sie hatte die Form eines Menschen, bestand jedoch vollkommen aus lebendigem goldenem Feuer, das so hell loderte, dass sich das Bild in meine Netzhaut zu brennen schien. Schön und schrecklich wie eine Sonne aus Fleisch und Blut kam sie auf uns zu.
»Lauft!«, schrie ich den beiden Vampiren zu. Aber sie reagierten überhaupt nicht. Wie konnten sie dieses Licht nicht sehen?
Erst als das Wesen direkt hinter ihnen stand, wandten sie sich um. Keiner von beiden wirkte so, als hätte er Angst.
»Lauft!«, rief ich wieder.
Das Wesen legte den Kopf schief und sah mich an, während es die Hände hob und sie den Vampiren auf die Brust legte. Entsetzt sah ich zu, wie ihre Körper sich versteiften und für einen Augenblick erglühten. Dann war es, als hätte jemand mit einem Knopfdruck ausgeschaltet, was auch immer in ihnen gewesen war: Das Glühen verblasste und sie fielen bewegungslos zu Boden, nur noch leere Hüllen.
Ich konnte mich nicht bewegen.
Das Wesen drehte sich zu mir um. Es war keine fünf Meter mehr entfernt. Meine Augen
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