Flames 'n' Roses
wünschte mir, der Film würde niemals enden.
Lend schien es genauso zu gehen, denn als der Abspann lief, fragte er: »Sollen wir noch einen gucken?«
»Ja!« Was für eine Frage.
Er suchte einen Film aus, griff neben die Couch und breitete eine Wolldecke über unseren Beinen aus. Die letzten Wochen waren so seltsam, so beängstigend gewesen, dass dieses kleine Stück wunderbarer Normalität mir wie das Beste vorkam, was mir je passiert war.
Nach der Hälfte des Films fielen mir die Augen zu. Als ich sie wieder aufschlug, wirkte das Licht im Wohnzimmer ganz anders. Zuerst konnte ich den Unterschied nicht genau ausmachen, aber dann merkte ich, dass es heller und wärmer war – und das kam nicht vom Fernseher. Ich hob langsam den Kopf.
Vivian saß in einem Sessel und guckte sich den Film an. Ihr goldenes Feuer schwebte verlockend hinter ihr.
»Was machst du hier?«, zischte ich mit einem hastigen Blick auf Lend, der völlig versunken auf den Fernseher starrte. Wütend wandte ich mich wieder Vivian zu. »Du solltest gar nicht hier sein!«
Sie verdrehte die Augen, lümmelte sich noch tiefer in den Sessel und legte die Füße auf den Wohnzimmertisch. »Ganz ruhig. Bin ich doch auch gar nicht.«
Ich runzelte die Stirn. »Oh. Dann schlafe ich also.«
»Sag bloß.«
»Das ist doch alles Blödsinn. Dich gibt’s gar nicht.«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Was? Das ist aber nicht sehr taktvoll. Und ich dachte, wir zwei lägen langsam auf derselben Wellenlänge.«
»Du bist gar nicht hier, das ist bloß mein Kopf, der versucht, aus all dem schlau zu werden, was passiert ist.«
»Wow. Na, wenn du meinst.« Sie grinste und ein spitzbübisches Blitzen trat in ihre Augen. »Und wenn ich’s dir beweise? Wo ist dein Telefondingsbums, das von der IBKP?«
»Ich weiß nicht.« Die Richtung, die dieses Gespräch plötzlich einschlug, gefiel mir gar nicht.
»Los, geh es mal suchen und wirf einen Blick auf deine Nachrichten.«
Vor Nervosität zog sich mir der Magen zusammen. Das war doch lächerlich – es war schließlich nur ein Traum. »Wenn du real wärst, würde ich jetzt echt Angst kriegen.«
»Warum?«
»Äh, vielleicht weil du total irre bist und andauernd Menschen umbringst?«
»Ich bringe doch keine Menschen um.«
»Und was ist mit Lish und Jacques und den ganzen Vampiren?«
»Ach so, die. Du hast doch gesagt, ›Menschen‹.«
»Ist doch egal. Ach ja, und könntest du mal bitte dein blödes Glühdings woanders hintun? Da wird man ja blind.« In Wahrheit wollte ich nichts lieber tun, als es anzusehen. Wenn Lends Hand mich nicht festgehalten hätte, wäre ich schon längst hingegangen.
Sie lachte. »Du bist echt witzig. Dabei hast du dir doch schon selbst mehr geholt.«
»Nein! Ich will das gar nicht.« Da ich den Blick aber immer noch nicht von den gleißenden Flammen losreißen konnte, klang meine Lüge wahrscheinlich wenig überzeugend.
»Na, jedenfalls leuchtest du heller als vorher. Darum dachte ich, du hättest mittlerweile raus, wie es funktioniert.«
Ich sah an mir hinunter. Mein Oberteil war plötzlich weg und ich saß nur noch im BH da. Sie hatte recht, mein Herz glühte stärker.
»Das ist ja komisch«, sagte ich und meinte sowohl mein verschwundenes Oberteil als auch das heller leuchtende Feuer. Voller Panik über meine Fast-Nacktheit sah ich zu Lend rüber, aber der starrte weiterhin nur auf den Fernsehbildschirm. Ich wandte mich wieder zu Vivian. »Ich habe gar nichts gemacht. Und Reth war auch nicht hier, das weiß ich genau.«
Vivian zuckte mit den Schultern und verfolgte weiter den Film. »Du kannst nicht ewig so allein weitermachen, weißt du.«
»Was soll das heißen?«
»Das soll heißen, dass deine Zeit eh schon ziemlich knapp wird. Als sie dich geschaffen haben, haben sie dir nicht viel mitgegeben.«
»Wie – mich ›geschaffen‹?« Genau das hatte Reth auch gesagt. »Unsere Eltern, meinst du? Hast du sie gekannt?«
»Aha, du hältst mich immer noch nicht für real, aber trotzdem soll ich dir alles erklären, oder was? Komm schon, du weißt, dass das alles wirklich ist. Und wie kommst du überhaupt darauf, dass wir Eltern gehabt hätten?«
Wieder ergriff mich Panik. »Sei nicht albern. Natürlich hatten wir das. Wie sollten wir sonst Schwestern sein?«
»Du und ich, wir sind gleich. Ich dachte mir, das ist doch so gut wie verwandt, oder?«
»Aha, gleich. Und was genau sind wir, bitte schön?«
»Wir sind die Leeren Wesen. Haben die dir denn gar nichts
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