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Flaming Bess 08 - Die elektrischen Ritter

Flaming Bess 08 - Die elektrischen Ritter

Titel: Flaming Bess 08 - Die elektrischen Ritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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Ritter stieg mit eckigen, ruckhaften Bewegungen vom Pferd. Erst jetzt bemerkte Bess die schorfigen Korrosionsschäden an seinem Brustpanzer und den stählernen Beinschützern. Die Rüstung klirrte, als er auf sie zutrat. Er war zwei Köpfe größer als sie, breitschultrig und so schwer, daß er zentimetertiefe Fußabdrücke im Boden hinterließ.
    »Es ist verboten, das Tor zu öffnen«, knarrte er. »Niemand darf die Ruhe der Erde stören.«
    »Verdammt, es geht um das Leben von Millionen Menschen!«, stieß Bess hervor. »Ich muß zur Erde!«
    »Es ist verboten, das Tor zu öffnen«, wiederholte der Elektrische Ritter, und im rostigen Knirschen seiner Stimme schwang eine unverhüllte Drohung mit. Mit einem plötzlichen Ruck bohrte er das mächtige Schwert tief in den Boden und stützte sich darauf. »Einst«, knarrte er, »haben wir gewartet. Wir haben Jahrtausende über Jahrtausende lang geduldig gewartet, so wie es uns befohlen war. Wir haben die Siegel bewahrt und die Schlösser gehütet. Wir haben das Tor bewacht, um dem Schlüsselträger den Weg zu weisen. Aber die Zeit verging, und niemand kam. Wir warteten geduldig weiter. Denn das Warten war in unserem Programm verankert, das Warten war Teil unserer Existenz.«
    Wieder das hämische Gelächter des Zwerges.
    »Hütet Euch vor dem Schwarzen!« krähte der Krumme. »Das Warten hat ihm den Geist getrübt. Hütet Euch!«
    »Das Warten«, knirschte der Roboter. »Das Warten … so lange Zeit … Nun ist es zu spät. Niemand wartet mehr; nicht wir, die Siegelbewahrer, nicht die Erde hinter der Mauer aus blauem Licht. Die Zeit verändert die Dinge. Der Schlaf dauert schon zu lange, der große Traum ist längst geträumt, und Stille ist eingekehrt. Wir sind die Hüter der Stille. Wir sind alles, was vom großen Traum der Erde übrig geblieben ist: Erinnerungen, aufbewahrt in Metall.«
    Während dieser langen Aussprache dachte Flaming Bess fieberhaft nach. Zweifellos hatte der Krumme recht; das Kl-Computersystem des Elektrischen Ritters war gestört. Es hatte sich verselbständigt und immer weiter vom ursprünglichen Programm entfernt. Der Ritter hatte eine elektronische Neurose entwickelt. Jasper »Chip« Chipansky wußte wahrscheinlich, wie man mit einem neurotischen Kl-Computer umging, aber der Bordkybernetiker war im Augenblick selbst nicht Herr seiner Sinne.
    Sie versuchte es mit Logik. »Wer im Besitz der Sechs Schlüssel ist, ist berechtigt, das Tor zu öffnen. Ich bin die Schlüsselträgerin. Ich verlange, daß du mich zu den Schlössern führst, wie es dein Programm befiehlt. Als Schlüsselträgerin habe ich das Recht, die Siegel zu brechen.«
    »Die Schlüssel«, wiederholte der Elektrische Ritter. Ruckartig streckte er die Hand aus. Rostflocken rieselten von seinen knirschenden Gelenken. »Gebt mir die Schlüssel. Die Erinnerungen der Erde gehören Euch, aber die Erde bleibt Euch versperrt. Gebt mir die Schlüssel!«
    Der Schwertarm fuhr hoch, das blitzende Schwert zerschnitt singend die Luft. Reflexartig warf sich Flaming Bess nach hinten, und die tödliche Klinge pfiff knapp an ihrer Kehle vorbei. Sie rollte ab, wirbelte herum und entsicherte in der Drehung ihren Energiestrahler, zielte und schoß.
    Nichts.
    Der Strahler versagte.
    Und der Ritter holte mit dem Schwert zum nächsten Schlag aus. Die Klinge zuckte auf sie zu. Sie duckte sich, und wieder verfehlte sie die Waffe nur um Haaresbreite. Geschmeidig glitt sie zur Seite, brachte drei, vier Schritte zwischen sich und den Ritter.
    »Hier, edle Dame, hier!« Der Krumme! Behende wie ein Affe turnte er auf dem Dach einer Bretterbude, in der eine Wahrsagerin ihre Dienste anbot, und schwenkte ein kostbar ziseliertes Krummschwert. »Fangt!«
    Geschickt fing Bess die Waffe auf. Sie war, erstaunlich leicht und lag gut in der Hand. Bess hatte das Gefühl, als würde das Schwert mit ihrer Hand verschmelzen und sich in eine Verlängerung ihres Arms verwandeln.
    Klirrend und rostig knirschend stapfte der Roboter auf sie zu und griff mit dem Schwert an. Sie parierte mit dem Krummschwert. Funkensprühend trafen die beiden Klingen aufeinander, und die Wucht des Zusammenpralls schmetterte ihr fast die Waffe aus der Hand.
    Bess keuchte, unterlief den nächsten Hieb, fintete, sprang tänzelnd zurück und fintete erneut. Unbeholfen versuchte der Elektrische Ritter, ihre vorgetäuschten Angriffe abzuwehren. Sie war schneller als er; solange sie sich bewegte, war sie vor seinem Schwert sicher. Die Maschine war uralt, und

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