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Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Tag, ohne irgendwo Scheiße auf die Möbel zu schmieren.«
    »Ich versteh schon, worauf Sie hinauswollen.«
    »Okay, vielleicht trag ich jetzt ein bißchen dick auf. Aber ich will nicht, daß Sie noch länger so untätig rumsitzen. Die Verbrecher sind die Verlierer. Jeden Morgen, wenn sie aufstehen, ist ihnen das klar. Und wir wollen doch nicht, daß die nur einen Augenblick lang daran zweifeln, Partner.«
    Er lächelte und reichte mir ein Poorboy-Sandwich. Es war dick und weich in meiner Hand. Auf der anderen Seite des Kanals sah ich zwischen den Wasserlilien den zerfurchten und knubbeligen Kopf eines Alligators. Er sah aus wie ein nasser brauner Stein zwischen den Lilienkissen.
    Am nächsten Tag las ich alle Unterlagen, die es über Tee Beau Latiolais gab, und sprach mit dem Büro des Staatsanwalts und dem Detective, der die Untersuchung geführt und Tee Beau verhaftet hatte. Niemand schien einen Zweifel an seiner Schuld zu haben. Er hatte für einen Redbone namens Hipolyte Broussard gearbeitet, der Wanderarbeiter in klapprigen Bussen vom Norden Arizonas nach Dade County in Florida beförderte. Ich erinnerte mich an ihn. Er war ein seltsam aussehender Mann, der sich in jener Halbwelt bewegt hatte, die in Südlouisiana allen Farbigen vorbehalten blieb: Schwarzen, Quadroones – zu einem Viertel schwarz, Octoroones – zu einem Achtel schwarz, und Redbones – Mischlinge von schwarzer, weißer und indianischer Abstammung. Zur Zeit der Zuckerrohrernte sah man ihn beim Morgengrauen auf den Feldern, wo er seine Arbeiter ablud, und abends hielt er sich in den Schwarzenbars und Billardhallen im Südteil der Stadt oder draußen auf dem Land auf, wo er die Arbeiter auszahlte oder ihnen von einem Tisch im Hinterzimmer aus zu Wucherzinsen Geld lieh. Wie bei allen Redbones hatte seine Haut die Farbe verbrannter Ziegel, und seine Augen waren türkis. Seine Arme und langen Beine waren so dünn wie Pfeifenreiniger, und er trug lange Koteletten, einen rostfarbenen, strichdünnen Schnurrbart und keck und schief auf dem Kopf einen gelackten Strohhut. Er nahm seine Arbeiter hart ran, und er bekam so viele Aufträge von landwirtschaftlichen Betrieben, wie er nur wollte. Ich hatte Geschichten gehört, nach denen er Arbeiter, sogar ganze Familien, die ihm Ärger gemacht hatten, zu mitternächtlicher Stunde auf einer abgelegenen Landstraße einfach aus dem Bus geworfen hatte.
    Es gab auch niemanden, der an Tee Beaus Motiv zweifelte. In der Tat brachten die Leute sogar Verständnis dafür auf. Aus unerfindlichem Grund hatte Hipolyte Broussard Tee Beau das Leben nach Kräften schwergemacht. Es war die Art und Weise, wie Tee Beau ihn umgebracht hatte, was den Richter dazu veranlaßt hatte, Tee Beau zum Tode zu verurteilen.
    Es war leicht neblig, als ich auf der unbefestigten Straße zu den Schwarzensiedlungen draußen auf dem Land fuhr, wo Tante Lemon jetzt lebte. Die einfachen Holzhäuser waren grau und ohne Anstrich, die Verandas und Vorbauten morsch, die Außentoiletten behelfsmäßig aus Dachpappe, Bauholzresten und Wellblech zusammengezimmert. Auf dem lehmigen Boden pickten Hühner, die Straßengräben waren voller Müll, in der Luft hing der Geruch von Grieben, die in einem eisernen Topf gekocht werden. Er ließ einem die Augen tränen. An der Ecke war eine Kneipe aus klapprigen Schindeln, deren gesprungene Fenster mit Klebeband notdürftig geflickt waren. Da Freitag nachmittag war, stand der muschelförmige Parkplatz bereits voller Autos, und die Jukebox im Inneren des Lokals dröhnte so laut, daß das Vorderfenster vibrierte.
    Das Haus von Tante Lemon stand leicht erhöht auf niedrigen Ziegelsäulen, und ein gelber Hund an einem Seil hatte sich unter dem Haus eine Kuhle gegraben, von der aus er mich ansah. Sein wedelnder Schwanz klopfte gegen den Lehmboden. In dem feuchten Schatten unter dem erhöhten Holzboden surrten Fliegen. Ich klopfte an die Gazetür, dann sah ich sie in einer Ecke ihres kleinen Wohnzimmers an einem Bügelbrett stehen. Sie hörte auf zu bügeln, nahm eine Blechdose, hielt sie an die Lippen und spuckte Kautabak hinein.
    »Die meinen wohl, wenn sie dich schicken, werd ich dir verraten, wo mein kleiner Junge ist«, sagte sie. »Ich hab ihn nich gesehen, ich hab nich mit ihm gesprochen, ich weiß nich mal, ob er noch am Leben ist. Daran bist du schuld, Mister Dave. Also komm jetzt nich her und tu so, als bist du unser Freund.«
    »Darf ich reinkommen, Tante Lemon?«
    »Ich hab’s den anderen Polizisten gesagt, und

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