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Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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getauft hatten. Er war in Vietnam Oberleutnant beim Nachrichtendienst der Army gewesen, und obwohl er sich oft abschätzig und zynisch und defensiv äußerte, was seine Rolle als Agent der Regierung betraf, hatte er ein gutes Herz und einen klaren Sinn für Recht und Unrecht, der ihn bisweilen in Schwierigkeiten mit seiner eigenen Bürokratie brachte.
    Ich setze mich auf die abschüssige Grasfläche und rupfte an einem langen Grashalm herum. Ich erzählte ihm von der seltsamen Abgestumpftheit, die meine Tage kennzeichnete. »Es ist, als befände man sich in der Mitte eines Niemandslandes. Wie wenn es auf einen Schlag keine anderen Geräusche mehr gäbe, alle Bewegung aufgehört hätte.«
    »Das gibt sich«, sagte er.
    »Den Eindruck hab ich aber nicht.«
    »Sie haben in Vietnam zwei Verwundetenabzeichen bekommen. Und das haben Sie doch ganz gut überstanden, oder irre ich mich da?«
    »Das war was anderes. Die erste Wunde war nur oberflächlich. Beim zweitenmal hab ich’s nicht kommen sehen. Das macht einen ziemlichen Unterschied, wenn man’s kommen sieht.«
    »Ich selbst bin nie verletzt worden, also reden Sie vielleicht mit dem Falschen. Aber ich habe das Gefühl, daß da noch was anderes ist, was Ihnen auf der Leber liegt.«
    Ich ließ den zerrupften Grashalm zwischen meine Knie fallen und wischte mir die Finger an den Hosen ab.
    »Ich hab das Gefühl, als hätte ich um mein Leben gebettelt«, sagte ich.
    »Ich versteh nicht recht. Sie haben Boggs um Ihr Leben gebeten, bevor er Sie niederschoß?«
    »Nein, als Tee Beau in das Flußbett heruntergeklettert kam und vor meinem Gesicht den Hahn der Waffe gespannt hat.« Ich mußte schlucken, als ich es sagte.
    »Also, meiner Meinung nach haben Sie sich blendend gehalten. Was hätten Sie denn tun sollen? Sie hatten einen Schuß in die Brust abbekommen, mußten im Dunkeln liegen, während zwei Kerle davon reden, Sie umzubringen, und dann waren Sie noch von der Gnade eines jungen Schwarzen abhängig, der bereits zum Tod verurteilt worden war. Ich glaube nicht, daß ich das unversehrt überstanden hätte. Tatsache ist, ich weiß, daß ich das nicht geschafft hätte.«
    Er warf Haken und Köder wieder aus und holte sie in einer Zickzackbewegung knapp unterhalb der Wasseroberfläche wieder ein. Dann legte er die Rute am Ufer ab, holte unsere Sandwiches und Getränke aus der Papiertüte und setzte sich neben mich.
    »Hören Sie mal zu, podna«, sagte er. »Sie haben Mut. Das haben Sie schon vor langer Zeit bewiesen. Hören Sie also auf, sich das Gegenteil einzureden. Ich glaube, wir sollten hier eigentlich drüber reden, wie wir Boggs zur Strecke bringen. Und zwar endgültig, so daß er nicht mehr vom Haken kommt. Wie ist er überhaupt an den Revolver auf’m Scheißhaus gekommen?«
    »Er hatte eine Freundin in Lafayette, eine Tänzerin. Sie ist am Tag seiner Flucht aus der Stadt abgehauen, aber ihre Fingerabdrücke waren überall auf dem Handtuchbehälter.«
    »Was nimmt man an, wo er jetzt ist?«
    »Keine Ahnung. Er hat den Wagen in Algier stehenlassen. Vielleicht ist er wieder nach Florida.«
    »Was ist mit dem jungen Schwarzen?«
    »Verschwunden. Ich hätte eigentlich gedacht, daß er mittlerweile auftauchen würde. Er ist noch nie irgendwo anders gewesen, und er hat immer bei seiner Großmutter gelebt.«
    »Fangen Sie ihn, und er führt Sie vielleicht zu Boggs.«
    »Vielleicht ist er auch tot.«
    Minos öffnete die Bierflasche mit seinem Taschenmesser, warf den Kronkorken in die Papiertüte und trank aus der Flasche. Er starrte hinaus auf die weite, dahingestreckte Fläche aus grauem Wasser und toten Zypressen. Im Westen stand die Sonne tief und rot am Horizont.
    »Ich finde, es ist Zeit, daß Sie Ihren Motor anwerfen und die Jagd auf diese Kerle eröffnen«, sagte er. »Sie kennen die Regel: Sie müssen ein paar Leute in den Arsch treten und sich Namen geben lassen.«
    Ich sagte gar nichts.
    »Es ist verflucht langweilig, in seinem eigenen Leben zum Zuschauen verdammt zu sein. Was meinen Sie?« sagte er.
    »Gar nichts.«
    »Quatsch. Was meinen Sie?« Er versetzte mir mit dem Ellbogen einen Stoß gegen den Arm.
    Ich stieß meinen Atem aus.
    »Ich denke drüber nach«, sagte ich.
    »Wenn Sie irgendwelche Hilfe von unserem Büro brauchen, kriegen Sie die.«
    »In Ordnung, Minos.«
    »Wenn der Schwarze noch lebt, möchte ich wetten, daß Sie ihn in einer Woche schnappen.«
    »Okay.«
    »Und Sie wissen, daß sich auch Boggs finden wird. Ein Bursche wie der verbringt keinen

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