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Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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ihren Händen in ihrem Schoß.
    »Sie müssen uns etwas versprechen, Mister Dave«, sagte sie. »Tee Beau sagt, Sie seien ein guter Mensch. Tante Lemon sagt, Ihr Vater sei immer gut zu ihr gewesen. Es wäre nicht recht, wenn Sie versuchen, Tee Beau reinzulegen.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Sie haben mir gesagt, Tee Beau kann Sie per R-Gespräch anrufen. Von einem Münztelefon. Aber so können Sie doch herausfinden, wo er ist, oder?«
    »Sie meinen, den Anruf zurückverfolgen?«
    »Genau. Das hab ich im Fernsehen gesehen. Wollen Sie das mit Tee Beau machen, Sir?« sagte sie und blickte wieder in ihren Schoß.
    »Wenn er mich anrufen will, verspreche ich dir, daß ich das nicht tun werde, Dorothea. Schau mal, ich kann Tee Beau nicht sagen, was er tun soll, aber ist es nicht besser, wenn er mit jemandem wie mir redet, der über seinen Fall Bescheid weiß, der ihm etwas schuldig ist, als wenn ihn andere Cops als entflohenen Mörder jagen und zur Strecke bringen?«
    »Tee Beau sagt, dieser Mann ist böse durch und durch. Er hat Tee Beau gesagt, wenn sie irgend jemand anhält und Tee Beau auch nur den Mund aufmacht, dann erschießt er alle und zuallererst Tee Beau.«
    »Was denkt er, wo Boggs ist?«
    »Er sagt, daß der Mann dauernd von den Italienern geredet hat, daß die ihm viel Geld schulden, daß die sich schon um ihn kümmern werden. Und daß Tee Beau, wenn er schlau ist, in New Orleans bleiben und Drogen verkaufen soll. Und die ganze Zeit sitzt Tee Beau hinten im Wagen und hat Angst, daß der Mann rausbekommt, daß er Sie in dem Flußbett nicht getötet hat.«
    »Sagen Sie ihm, er soll mich zu Hause anrufen. Ich schreib Ihnen die Nummer auf.«
    »Er will zuerst noch rausfinden, wo der Mann jetzt ist.«
    »Nein, das sollte er nicht tun.«
    »Der Junge hat Mut«, sagte Tante Lemon. »Das haben die Leute ihm nie zugetraut. Die sehen nur ein kleines Baby in einer Schuhschachtel, das keiner haben wollte. Wie damals, als er Mr. Dores Wagen genommen hat. Er hat ihn nich gestohlen. Unser Lieferwagen war kaputt, und ich hab nich gewußt, wie ich ins Krankenhaus nach New Orleans kommen soll. Ich war fast blind, hab nich mal mehr genug gesehen, um morgens den Ofen anzumachen. Er ist in Mr. Dores Wagen um die Ecke gebraust gekommen, dabei hat er ja nich mal fahren können. Er hat den Briefkasten der Kirche umgefahren. Polizisten sind gekommen und haben ihm Handschellen angelegt, haben ihn mit ihren Knüppeln wie einen Waschbären in ihren Wagen geschubst. Keiner hat je gefragt, warum er es getan hat.«
    »Sagt ihm, er soll sich ja von Boggs fernhalten. Das ist nicht sein Job.«
    »Das hast du vorher ganz anders gesagt«, sagte Tante Lemon.
    »Ich hab nicht gesagt, daß er sich auf die Suche nach Boggs machen soll.«
    »Nein, Sir, Sie haben gesagt, wenn Tee Beau Ihnen hilft, diesen Mann zu finden, werden Sie Tee Beau helfen«, sagte Dorothea. »Das haben Sie mir vor der Wirtschaft, da draußen in Ihrem Wagen, da draußen im Regen gesagt. Als ich es Tee Beau erzählt habe, hab ich gesagt, ich weiß nicht, was davon zu halten ist. Er hat gesagt, Mister Dave ist ein Weißer, aber er lügt nie.«
    Dann sahen sie mich beide im dämmerigen Licht meines Wohnzimmers schweigend an. Tante Lemons trübe türkisfarbene Augen starrten mich so unverwandt an wie die eines Vogels.
    Ein Therapeut hat mir mal gesagt, daß jeder in seinem Kopf eine verschlossene Truhe mit Träumen hat. Er sagte, daß uns manchmal ein Erlebnis oder Ereignis einen rostigen Schlüssel für diese Truhe liefert, ohne den wir besser leben würden. Jimmie Lee Boggs hatte das Schloß entriegelt, und ich mußte feststellen, daß er mir wie ein perverser nächtlicher Weltschöpfer meine zehn Monate in Vietnam entwendet hatte, um jeden einzelnen Moment, den ich durchlebt hatte, zu reaktivieren und sich selbst als Figur in das Drehbuch einzubringen.
    Die Sonne steht heiß am Himmel, aber ich kann sie durch die dichten Bäume über uns nicht sehen. Das Licht wird durch die Kondenswasser absondernde Vegetation zu einem diffusen Gelbgrün verwischt, so als versuchte ich, durch Wasser zu blicken. Die Stämme der Banyanbäume weisen feuchte Streifen auf; die Elefantengrashalme, an denen man sich schneiden kann wie mit Papier, sind von nassen Lichtpunkten gerahmt. Ich liege flach auf der Brust im Gras, und die Luft ist so feucht und überhitzt, daß ich nicht verhindern kann, daß mir der Schweiß in die Augen rinnt – mein Unterarm reibt nur noch mehr Schweiß und Schmutz in

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