Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
ausgesucht. Das wissen Sie.«
»Ich sehe, daß Sie sich diese Dinge schwer zu Herzen nehmen.«
»Ich bin schlichtweg nicht mehr an der Vergangenheit interessiert.«
»Es gibt Leute, die Ihnen nicht so vertrauen wie ich.«
»Dann sollen die den Job tun.«
Er lächelte wieder.
»Zufälligerweise habe ich ihnen genau das gesagt«, sagte er. »Es hat nicht gerade für Heiterkeit im Raum gesorgt. Aber im Ernst, Dave, wir können es uns nicht leisten, Wyatt Earp zu beschäftigen.«
»Sie sind der Boss. Wenn ich etwas tue, das Ihrem Büro Probleme macht, pfeifen Sie mich einfach zurück und blasen die Sache ab. Wo ist das Problem?«
»Wissen Sie, vielleicht liegen Ihre wahren Talente ganz woanders. Vielleicht sollten Sie Wissenschaftler werden. Und versuchen, die Enzyklopädie auf einen einzigen Satz zu reduzieren.«
Ich stellte mein Glas auf einem Tisch ab. Von der Sonne war jetzt nur noch ein dünner Rest am Himmel zu sehen, die Luft hatte sich abgekühlt, und die Blätter im Goldfischteich waren dunkel und aufgeweicht. Ein Nachbar grillte, und Rauch trieb über die Gartenmauer in den Hof. Ich beugte mich im Stuhl nach vorne, eine Hand um das andere Handgelenk gelegt.
»Ich denke, Ihre Sorgen sind fehl am Platze«, sagte ich. »Als ich zum zweiten Mal in Vietnam verwundet wurde, war’s damit vorbei. Der Krieg war für mich zu Ende. Ich mußte nichts mehr beweisen, weil es keine Gelegenheit mehr gab, es zu beweisen. Diesmal ist das was anderes. Das ist eine Sache, die kein erkennbares Ende hat, und ich weiß nicht, ob ich der Aufgabe gewachsen bin. Ich weiß nicht, ob ich der richtige Mann bin.«
Ich sah, wie seine Augen über mein Gesicht strichen.
»Sie sind genau der Richtige«, sagte er.
Ich antwortete nicht.
»Wie ich schon sagte, es ist eigentlich nicht wesentlich komplizierter als eine einfache verdeckte Aktion«, fuhr er fort. »Wir gehen Schritt für Schritt vor und warten einfach ab, wohin uns das führt. Wenn es häßlich zu werden droht, ziehen wir Sie ab. Das hat nichts mit Ihnen zu tun. Wir wollen nicht, daß irgendwelche von unseren Leuten zu Schaden kommen. Es lohnt sich nicht. So wie wir es sehen, gräbt sich jeder von den Dreckskerlen früher oder später sein eigenes Grab.
Okay, so wird es laufen. Wir haben in der Ursulines Street im Quarter eine Wohnung für Sie, und auf der Straße wird das Gerücht die Runde machen, daß man Sie gefeuert hat, weil Sie Dreck am Stecken haben. Es gibt in der Gegend fünf oder sechs Dealer, an die Sie sich wenden können. Für den Anfang nichts Großes, vier oder fünf Kilo, vielleicht ein 50000-Dollar-Deal. Die werden Ihnen nicht trauen. Sie werden Sie erst mal am langen Arm verhungern lassen, Ihnen vermutlich mit allem möglichen Scheiß kommen, Sie vielleicht sogar irgendwie auf die Probe stellen. Aber das sind gierige Burschen auf dem niedrigsten Level. Sie sind blöd, und sie kriegen einen Steifen, wenn sie Geld sehen. Sie leiten also einen Deal in die Wege, wir lassen ihn ungestört ablaufen, und von da an wenden wir uns größeren Dingen zu.«
»Woher kommt das ganze Geld?«
»Konfisziertes Drogengeld. Keine Sorge, wir holen es uns zurück. Wie auch immer, wenn diese Burschen erst mal davon überzeugt sind, daß Sie kein falscher Fuffziger sind, verklickern Sie ihnen, daß Sie Ihren Gewinn reinvestieren möchten. Dann bieten wir ihnen richtiges Geld an. Wenn sie das Geschäft nicht wollen, sagen Sie ihnen einfach, Sie könnten Ihren Kauf ja in Houston tätigen. Tony Cardo haßt den Typ, der das Drogengeschäft in Houston kontrolliert. Man erzählt sich, er habe Tonys Frau auf der Herrentoilette im Castaways in Miami gebumst. Wir reden hier von Leuten, die wirklich Klasse haben. Aber unser vorrangiges Ziel ist es, Cardo irgendwie in den Deal zu verwickeln. Er ist ein verflucht seltsamer Typ.«
Ich mußte lachen.
»Was verstehen Sie unter normal?« fragte ich.
»Nein, der Kerl ist wirklich eine Klasse für sich. Nicht nur, daß er reichlich seltsam aussieht, er hat auch sonst einen schweren Sprung in der Schüssel. Vielleicht liegt es daran, wie er aufgewachsen ist. Seine Mutter hat für Bestattungsunternehmen Leichen die Haare gemacht.«
»Wie bitte?«
»Damit hat sie Geld verdient. Sie hat für einen Leichenbestatter gearbeitet und den Toten die Haare gewaschen. Irgendwann hat sie sich dann ein Beerdigungsinstitut in Algiers gekauft. Tony C. schien allerdings nicht gerade einen Narren daran gefressen zu haben, denn zwei Tage, nachdem er es
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