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Flamingos im Schnee

Flamingos im Schnee

Titel: Flamingos im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Wunder
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es weggeworfen, aber irgendetwas hielt sie davon ab.
    Meine Unschuld auf einer Fassbierparty verlieren , stand zuoberst, und sie fragte sich, was ihr eigentlich dabei vorschwebte. Sie hatte plötzlich eine grässliche Vision von einem fiesen Muskelprotz, der verstohlen das Schlafzimmer seiner Eltern hinter ihr abschloss, während von unten aus dem überfüllten Wohnzimmer die Musik heraufdröhnte. Das war es nicht, was sie im Sinn gehabt hatte.
    Als sie das schrieb, hatte sie sich eher eine spielerische, einvernehmliche Zusammenkunft unter einem Berg von Jacken mit irgendeinem alten Freund wie Jackson vorgestellt, der das nicht allzu ernst nehmen, sie aber auch nicht wie Luft behandeln würde, wenn es vorbei war. Ein gemeinsames Erlebnis, ein Grund, sich im Matheunterricht gelegentlich zuzuzwinkern.
    Es machte ihr ein bisschen Angst, aber sie respektierte die Haltung, dass man es einfach hinter sich bringen wollte. Man heiratete schließlich nicht mit siebzehn, und man wartete auch nicht bis dreißig, um Sex zu haben. Also war es schon von Vorteil, die Sache schnell zu erledigen, so als würde man ein Heftpflaster abziehen. Man zog es mit einem Ruck ab, und fertig, statt jahrelang daran herumzuzupfen und zu überlegen, wo und wann und mit wem.
    Sie sah wieder auf die Liste und verweilte bei Dem Freund meiner besten Freundin brenzlig nahe kommen . Als sie das schrieb, hatte sie natürlich an einen unerlaubten kleinen Flirt gedacht. An einen einmaligen Kuss. Nicht an die komische Szene mit Ryan beim Picknick. Aber es zählt definitiv , dachte sie. Stolz strich sie den Punkt durch, als hätte sie tatsächlich etwas geschafft.
    Sie öffnete die gläserne Verandatür der Kuppel und ging hinaus. Dort lauschte sie den Geräuschen von Maine, zu denen enttäuschender- und unidyllischerweise auch das kreischende Gekicher ihrer Schwester und ihrer nur mit Bikinis bekleideten, präpubertären Freundinnen gehörte, die sie schon in der einen kurzen Woche in Promise kennen gelernt hatte. Die Mädchen spielten an dem öffentlichen Strand, der etwa vierhundert Meter vom Haus entfernt lag, und trotzdem konnte Cam sie über die Brandung, über den Wind und den LKW auf der Main Street hinweg hören. Kein Getöse übertönte sie. Sie beobachtete sie durch das Fernrohr, das jemand auf dem Witwengang hatte stehen lassen, während sie zwischen den Felsen herumschwirrten wie ein bunter Insektenschwarm und ein Spiel spielten, bei dem es darum ging, das Fernglas des hübschen Rettungsschwimmers zu mopsen und zu verstecken.
    Wenig überraschend hatte Perry bloß zwei Tage gebraucht, um sich in den silbern glitzernden, pinkfarbenen Mädchenuntergrund von Promise einzuschleusen. Kaum drin, war sie schnell an die Spitze der Hierarchie aufgestiegen und hatte eine kleine gackernde Armee in Ugg-Stiefeln rekrutiert, die ihren Befehlen folgte und für Ordnung in Perryville sorgte. In dieser einen Woche hatte Avalon am Atlantik bereits zwei Schlummerpartys im Souterrain beherbergt, wo der arme Tweety bis spät in die Nacht Karaoke mit in den höchsten Tönen falsch gesungenem Girlpop ertragen musste.
    Cam richtete ihr Teleskop auf die Gestalten im Vorgarten. Alicias Hulakurs für Anfängerinnen war jetzt voll besetzt, und zehn mollige, damenbärtige Rentnerinnen marschierten gerade in ihren bunt geblümten Hawaiikleidern, Muumuus genannt, hintereinander ins Haus. Jede hatte irgendetwas in einer mit Alufolie bedeckten Form dabei, das nach dem Kurs zum Tee gereicht werden sollte. Ihre Mutter hatte Cam gebeten, ihr beim Unterrichten zu assistieren, aber sie tanzte schon so lange, dass sie nicht wusste, wie sie die Tänze in erlernbare einzelne Abschnitte unterteilen sollte.
    Sie fasste die fröhlichste der Schülerinnen ins Auge, eine dunkelhaarige Frau, die beim Lächeln Schlitzaugen bekam. Sie ließ gerade ein lautes, aus dem Bauch kommendes Lachen ertönen, dass Cam bis hinauf in ihr Wolkenkuckucksheim hörte. Ist viel zu lange her, dass ich das gemacht habe , dachte sie. Unbeschwert lachen.
    Als auch die letzte Hulatänzerin im Haus verschwunden war, wollte Cam sich von dem Teleskop losreißen. Sie sollte es unbedingt, das war ihr klar. Sie bemühte sich. Sie richtete sich auf und zwang sich, einen Schritt auf ihr Zimmer zuzumachen. Nein, einmal musste sie noch hindurchsehen. Sie drehte sich wieder um, beugte sich über das Okular und suchte die Backsteinfronten der Geschäftsstraße nach Asher ab.
    Dort saß er, auf einer Holzbank vor dem

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