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Flamingos im Schnee

Flamingos im Schnee

Titel: Flamingos im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Wunder
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Tasche und merkte, wie ihr Gesicht vor Verlegenheit zu brennen anfing. Sie hatte bisher noch keine Gelegenheit gehabt, sich bei ihm dafür zu bedanken, dass er ihr das Leben gerettet hatte.
    »Wegen neulich nachts …«, begann er.
    »Ja, vielen Dank. Ich danke dir sehr«, sagte Cam, ausnahmsweise mal ohne Sarkasmus. Eine große Segeljacht glitt vor ihnen durch die Bucht. Sie fixierte das weiße Topsegel, das straff vom Wind gebläht war. Sie konnte ihm noch nicht ins Gesicht sehen.
    »Gern geschehen«, antwortete er. »Gehört zum Service.«
    »Für wen? Einen Superhelden? Du bist doch nicht anerkanntermaßen einer, oder? Ich meine, okay, die kühnen Rettungsaktionen, die Fledermaushöhle, ich hätte es mir denken können.« Cam sah zu Boden und grub mit der Ferse im Sand.
    »Du hast mir Angst gemacht, Cam«, sagte Asher. Ein Hummerboot war durch die Bucht getuckert, dessen Kielwasser jetzt das Ufer erreichte. Die angeschwollenen Wellen überschlugen sich und krachten eine Minute lang laut auf den Strand, dann wurde es wieder ruhiger.
    »Du musstest doch nicht etwa, also, du weißt schon …« Cam wollte ihren Satz nicht beenden.
    »Mund-zu-Mund-Beatmung?«
    »Mhm.«
    »Nein.«
    »Gott sei Dank. Das wäre ja vielleicht eklig gewesen.«
    Asher lächelte. Er holte tief Luft und fragte: »Du hast es doch nicht getan wegen …«
    »Wegen was?«
    »Wegen dem, was du auf dem Parkplatz gesehen hast?«
    Cam lachte schallend. Sie war nicht sicher, ob sie schon jemals schallend gelacht hatte, aber jetzt tat sie es. »Nein. Es ist mir egal, was du in deiner Freizeit machst, Batman. Bild dir bloß nichts ein.«
    »Denn das ist nur so eine komische Verwicklung …«
    »Echt, ich will es nicht wissen. Du kannst tun und lassen, was du willst, nichts davon würde mich je über eine Klippe treiben.«
    »Ich bin nicht klippenwürdig?«, neckte er sie und hob einen glatten Stein auf, aber in seinem Blick lag etwas Ernstes. Er ließ den Stein fünf Mal über die Wasseroberfläche springen. Es reichte wohl heute nicht für seine üblichen sieben Mal.
    »Meine beste Freundin ist an derselben Krankheit gestorben, die ich auch habe«, erklärte Cam nüchtern, während sie zusah, wie der Stein versank.
    Eine Pause entstand, in der sie beide der Brandung lauschten. »Das tut mir leid, Cam«, sagte er, woraufhin sie sich endlich gestattete, ihn anzusehen.
    »Ist trotzdem nicht klippenwürdig.«
    »Nichts ist das«, stimmte Asher zu.
    »Es tut mir leid, dass du das mit ansehen musstest«, erwiderte Cam, stand auf und zog ihren Eimersitz aus dem Sand.
    »Schon vergessen.«
    »Apropos, ich darf nicht vergessen, Homer frisches Wasser zu bringen.«
    Sie ließ es zu, dass er den Eimer trug. Er schleppte das Meerwasser den Hang hinauf und bemühte sich, nicht allzu viel davon auf den Rasen schwappen zu lassen. Als sie zu dem Aquarium kamen, tippte Homer mit seinen Scheren an die Scheibe und krabbelte verzweifelt nach oben, als wollte er entkommen.
    »Wir sollten ihn freilassen.«
    »Ja, das sollten wir«, sagte Asher zerstreut. »Er fühlt sich einsam hier.«
    Sie brachten Homer in dem gelben Eimer zum Strand und trugen ihn ans Ende der Bootsanlegestelle. Die Sonne brannte, aber es wehte eine sanfte, kühle Brise. Die Wellen, die gegen die Mole schlugen, erzeugten eine salzige Gischt, die bald ihre T-Shirts durchnässte, und Cam rutschte mit ihren Turnschuhen auf den nassen Steinen aus, doch Asher nahm ihre Hand und hielt sie fest.
    Als sie an die berühmt-berüchtigte Stelle kamen, an der James Madison seinen Einhornsprung ins Wasser getan hatte, nahmen sie Homer aus dem Eimer und hielten ihn hoch in die Luft, damit er die Aussicht genießen konnte.
    »Wir sollten ihm dein Freiheitsarmband anlegen«, sagte Cam mit Blick auf das Silikonband um Ashers Handgelenk, »damit die Fischer ihn wieder freilassen, falls sie ihn fangen.«
    »Gute Idee.« Asher wickelte das Armband zweimal um Homers Scherengelenk. Dann hielt er Cam den Hummer hin, damit sie ihm zum Abschied ein Küsschen geben konnte, bevor sie ihn weit hinaus in die Bucht warfen.
    »Freiheit!«, schrien sie und fühlten sich beide an den Film Braveheart mit Mel Gibson erinnert, als der noch nicht so versoffen und verrückt war. Sie sahen Homer als Hummerfrisbee durch die Luft wirbeln und dann auf der Wasseroberfläche aufklatschen. Cam glaubte, ihn dort noch einen Moment lang treiben zu sehen, ehe ihn die Wellen verschluckten.
    Ihr fiel auf, dass Asher, obwohl sie ihr Gleichgewicht längst

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