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Flamingos im Schnee

Flamingos im Schnee

Titel: Flamingos im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Wunder
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Nana.« Nana wurde rot.
    »Gewöhn dich dran, Nana. Er hat so eine Art, aus dem Nichts aufzutauchen.«
    »So, so. Asher. Hm, hm, hm. Dreh dich mal um. Er ist schön, Campbell. Schnackselst du mit meiner Enkelin?«, fragte sie.
    »Nein, Ma’am.«
    »Also, ich gebe dir meine Erlaubnis.«
    Und so bekam Cams Liebesleben, ganz nebenbei, für alle Zeit eine Macke. Falls sie je mit Asher »schnackseln« sollte, würde sie sich höllisch anstrengen müssen, dabei nicht an ihre Großmutter zu denken.
    »Ich habe deine Post mit reingebracht«, sagte Nana und reichte Cam zwei weitere geheimnisvolle Umschläge. Wie gelangten diese Sachen nur zu ihr?
    »Dann richte dich erst mal ein, Nana, und ich sehe mir so lange das hier an«, schlug Cam vor, ging nach oben in ihr Zimmer und riss den Brief von Harvard auf.
    Dafür, dass so ein Rummel um Harvard gemacht wurde, kamen sie mit ganz schön altmodischen Zeugs an. Auf einem dünnen, rosafarbenen Stück Papier, das mit einem Matrixdrucker bedruckt war, wurde ihr mitgeteilt, dass es an der Zeit sei, sich für ein Erstsemester-Kennenlernseminar zu entscheiden.
    Sie wusste, sie sollte es lieber nicht tun, aber sie musste sich trotzdem mal kurz die Aufstellung der angebotenen Kurse ansehen. Wenn sie einen davon belegen könnte – was sie nicht konnte –, welchen würde sie wählen? In »Krebsforschung und Entwicklung von Behandlungsmethoden« könnte sie glänzen. »Leben und Werk von George Balanchine« sprach die Tänzerin in ihr an. »Warum singen Tiere?« sollte in einem Studentenkonzert mit Tierlauten im Naturhistorischen Museum gipfeln. Meinten die das ernst?
    Sie würde »Kunst des Segelns« nehmen, weil sie darüber nichts wusste und es schließlich darum ging, etwas Neues zu lernen, oder? Außerdem war es wahrscheinlich von Vorteil, ein bisschen was vom Segeln zu verstehen, wenn sie es mit lauter Reicheleutekindern zu tun haben würde. »Die Gedichte von Walt Whitman« klang auch ganz reizvoll, weil Begriffe wie Prosodie und Bildungsroman in der Kursbeschreibung vorkamen.
    Der andere Brief war von Make-A-Wish. Sie schluckte und fuhr mit dem Finger unter die Umschlagklappe.
    Herzlichen Glückwunsch, Campbell! stand dort. Make-A-Wish lädt dich mit bis zu zehn Freunden nach Disney World ein!
    Cam prustete los, während ihr zugleich das Wasser in die Augen schoss. Nicht schlecht, Lily , dachte sie.
    »Cam!«, brüllte Asher von unten.
    Hektisch versteckte sie die Post unter ihrem Bett. »Einen Moment.«
    »Ich muss los und die Fallen überprüfen.«
    Die Fallen? »Was in Gottes Namen meinst du damit, Daniel Boone? Sind wir wieder im Jahr 1765? Bist du jetzt unter die Pelzhändler gegangen?«, rief sie die Treppe hinunter.
    »Hummerfallen. Willst du mitkommen?«
    »Ich? Hummer töten?«
    »Nur die großen«, rief Asher zurück. »Die kleinen wirfst du zurück. Du kannst es als Rettung von Babyhummern betrachten.«
    »Na ja, wenn du es so siehst«, flapste Cam.
    Das Boot, das Stevie hieß, weil Smitty ein Fan der Sängerin Stevie Nicks war, war hinter dem Hummerzwinger festgemacht. Es schaukelte und hüpfte und rieb sich quietschend an den Fendern, hin und her geworfen von den Wellen. In seinem Innern herrschte ein wirres Durcheinander von Seilen – vielmehr Leinen, wie Cam sie zu nennen lernte –, Drahtgitterfallen, Eimern und Haken, Messern und Flaschenzügen. Alles sah scharf und gefährlich aus, wie eine schwimmende Folterkammer für Hummer.
    »Ich weiß nicht, ob mir das gefällt«, sagte sie.
    »Komm schon, wir müssen dich nur richtig ausstaffieren. Hier«, entgegnete Asher. Er zog ihr eine lange Wollmütze mit Ohrenklappen über den Kopf und gab ihr ein Paar große Gummistiefel und riesige orangefarbene Handschuhe, die aussahen wie Hummerscheren. »Hinreißend«, kommentierte er.
    »Pfui, ich habe keine Lust, deinem Fischerinnen-Fetischismus Nahrung zu geben.«
    »Zu spät«, erwiderte Asher. »Steig ein.«
    Ehe sie ablegen konnten, kam jedoch Royal mit einem anderen Boot an den Kai herangefahren, in Begleitung eines weiteren robusten Maine-Jugendlichen namens Grey.
    »Du bist spät dran«, sagte Grey, während er eine Leine um einen eisernen Poller schlang. »Wir haben uns schon um alles gekümmert, Boss.«
    »Tatsächlich?«, fragte Asher.
    »Ja«, sagte Royal.
    Es beeindruckte Cam, wie bereitwillig diese Jungen ihr Teenagerdasein am Kai zurückließen und die Verantwortung von erwachsenen Männern auf sich nahmen. Sie fand es erfrischend, mal Leute kennen zu lernen,

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