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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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unter unserem Dach inzwischen heimisch und uns zugehörig fühlst.«
    »Erlaucht sind zu gütig.«
    »Eleonora, ich bitte dich, seit wann bist du so devot?«, schimpfte Gräfin Dorothea. »Ich weiß deine Bescheidenheit sehr wohl zu schätzen, aber Duckmäuserei ist mir verhasst. Und bitte nenne mich nicht Erlaucht. Das hast du seit Jahren nicht mehr getan, und ich wünsche es auch in Zukunft nicht. Und nun verrate mir, wer dir die Partitur geschickt hat«, wechselte sie abrupt das Thema.
    »Ich weiß es nicht«, behauptete Eleonora.
    »Du weißt es nicht, oder du willst es für dich behalten?«, hakte die Gräfin nach.
    »Ich habe eine Vermutung, aber die möchte ich lieber für mich behalten.« Sie hob den Kopf und schaute der Gräfin genau in die Augen. Diese schien sie mit ihrem Blick durchbohren zu wollen. Aber Eleonora hielt ihm stand.
    Schließlich hob die Gräfin ihre Hand und strich ihr sanft über die Wange. »Bravo, Eleonora«, sagte sie fast zärtlich. Sie griff nach der mitten über dem Tisch hängenden Seidenschnur und zog daran. Ein schepperndes Klingeln ertönte durch das ganze Gebäude. »Zeit für die frischen Erdbeeren«, sagte sie und lächelte Eleonora zu.

    Eleonora behielt auch in den folgenden Tagen ihr Geheimnis für sich. Jeden Nachmittag, wenn Gräfin Dorothea sich zu ihrer Siesta zurückzog, ergriff sie einige Blätter des Notenstapels und verzog sich in den kühlen Buchenwald, um dort in aller Ruhe die Partitur zu studieren. Sie hatte sich einen kleinen Hocker aus dem Stall mitgenommen und aus Ästen, Zweigen und Blättern für sich ganz alleine einen kleinen grünen Pavillon gebaut, der ihr Schatten und Sichtschutz gewährte. Doch sie hatte es genau im Gefühl, wann es an der Zeit war, aus ihrem kleinen Rückzug zu schlüpfen, um pünktlich beim Schloss einzutreffen, wenn draußen auf der Terrasse der five o’clock tea serviert wurde.
    Aber es war weit vor dieser Zeit, als eines Nachmittags ein gellender Ruf zu ihr durchdrang.
    »Eleonora, Eleonora, Nora, wo bist du, Noraaaaaaa?«
    Wer rief da so dringend nach ihr? War es Paula oder Emma? Eine von beiden musste es sein.
    »Noraaaaaa!«
    »Hier bin ich!«, rief Eleonora. Sie bog die schützenden Zweige ihres kleinen Rückzugs beiseite, um hindurchzuschlüpfen. Dann machte sie ein paar Schritte in Richtung einer kleinen Waldlichtung, von der aus ein geschwungener Trampelpfad an den Waldrand und damit an das Ende des Prewitzschen Landparks führte. Da sah sie, wie Emma mit wehenden Schürzenbändern auf sie zulief. Auch Eleonora beschleunigte ihre Schritte. Dieses seltsame Verhalten verhieß nichts Gutes. In der Mitte des Wegs trafen sie aufeinander. Keuchend blieb Emma stehen. Tränen liefen ihr über das Gesicht.
    »Was ist passiert? Warum bist du so außer dir?«, rief Eleonora bestürzt.
    Emma rang nach Atem. Sie war kaum in der Lage, Worte zu finden. »Die Gräfin, bitte, Nora, die Gräfin, sie hat nach dir verlangt«, keuchte sie.
    Eleonora stieß sie beiseite und begann zu rennen.
    Auf der Terrasse stand Anton, der ihr aufgeregt zuwinkte. »Schnell, schnell, beeil dich!«
    »Wo ist sie?«, keuchte nun auch Eleonora.
    »In ihrem Schlafzimmer«, sagte Anton und zog sie einfach mit sich.
    Mit geschlossenen Augen, unendlich bleich und zart lag Gräfin Dorothea auf ihrem Bett. Babette beugte sich über sie, tupfte ihr den kalten Schweiß von der Stirn und versuchte die trockenen Lippen mit einem feuchten Tüchlein zu benetzen. Mit matter Geste stieß Gräfin Dorothea sie beiseite. Dann öffnete sie die Augen. Sie blickten scharf und klar, schienen sogar noch durchdringender als sonst.
    »Eleonora, ich sterbe«, sagte sie. Auch ihre Stimme hatte nichts von ihrer Festigkeit verloren.
    »Das dürfen Sie nicht, das werden Sie nicht«, widersprach Eleonora verzweifelt.
    »Papperlapapp!« Noch in dieser Situation konnte die Gräfin energisch werden. »Setz dich zu mir und gib mir deine Hand!« Eleonora gehorchte. Die Hand war kalt und trocken, aber ihr Druck von erstaunlicher Festigkeit.
    »Hat man schon nach einem Arzt geschickt?«, fragte Eleonora und schaute Babette an.
    »Keinen Arzt, ich sterbe allein ohne Zutun von diesem Quacksalber, der mich doch nur zur Ader lassen würde«, widersprach Gräfin Dorothea.
    Eleonora schaute Babette an. Diese nickte ihr verstohlen zu. Man hatte also doch nach einem Arzt geschickt, der aber frühestens in drei Stunden auf Sophienhof eintreffen konnte.
    »Eleonora, hör mir zu.«
    Der Griff um ihre Hand

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